Dark Future: Herz aus Eis
auffiel.
Raina zog ihren Parka an, machte die Tür der Fahrerkabine auf und trotzte der Dunkelheit und der klirrenden Kälte. Während der Nacht hatte es geschneit. Das Schneemobil war mit einer Schicht kristallenen Puders bedeckt, und die Spuren der vergangenen Nacht waren unter dem frisch gefallenen Schnee verschwunden. Eilig verstaute sie die kraftvolle Maschine auf dem Gestell unter ihrem Truck und nahm sich dann einen Besen, um die Spuren zu verwischen, die sie dabei hinterlassen hatte. Es hatte keinen Sinn, unnötige Risiken einzugehen.
Sie machte einige Schritte zurück und betrachtete ihren Sattelzug. Erleichtert stellte sie fest, dass der Scooter bei einem flüchtigen Blick praktisch unsichtbar war. Sie wollte nicht, dass die
Janson
-Fahrer sie als die gute Samariterin wiedererkannten, die gestern Nacht bei dem Kampf Wizards Arsch gerettet hatte. Mit der Aussicht auf das Preisgeld von fünfzig Millionen Interdollar brauchte sie nur eines: die befristete Lizenz, um problemlos den ICW benutzen zu können. Was sie hingegen nicht brauchte, waren Komplikationen.
Sie hatte Pläne für das Geld gemacht. Ein paar waren eigennützig, andere nicht.
Als sie wieder in die Fahrerkabine kletterte, spürte sie ein leichtes Pulsieren unter ihren Füßen. Ihr Kopf schoss hoch, und sie spähte zum Horizont, wartete ab, während die Wahrnehmung sich allmählich änderte und das Pulsieren zuerst zu einem leisen Brummen wurde, bevor es schließlich zu einem Dröhnen anschwoll. Die Lichter von drei riesigen Trucks schoben sich in ihr Sichtfeld, beleuchteten Reifen, die so groß waren wie kleine Häuser und sich durch den Schnee fraßen, den sie hinter sich in enormen Fontänen wieder ausspuckten. Höchstens fünf Minuten blieben ihr, ehe sie sich um ihren ungebetenen Besuch würde kümmern müssen.
Dieser Wettlauf zur Station in Gladow überschritt so allmählich den schmalen Grat zwischen »einigermaßen unerfreulich« und »einfach nur noch furchtbar«.
Raina öffnete die Tür zu ihrem Wohnbereich und hielt unwillkürlich den Atem an, als sie völlig überraschend den leichtbekleideten Wizard vor sich stehen sah. Sein Hemd hatte er über die Rückenlehne des Stuhls geworfen, und die Muskeln seines nackten Oberkörpers bewegten sich sacht, als er sich das dichte Haar bürstete.
Tja, bedien dich ruhig, Kumpel.
Und warum zum Teufel musste er dazu sein Shirt ausziehen?
Sie erstarrte, sog seinen Anblick in sich auf, die goldene Haut und den sportlichen, hochgewachsenen Körper. Breite Schultern, eine schlanke Taille, lange Beine … Alles an ihm war wundervoll männlich. Ihr Blick fiel auf das Band, das seinen rechten Bizeps umschloss, ein kunstvolles Design, das anscheinend aus altertümlichen Buchstaben und Mustern bestand, die in seine Haut gestochen waren. Ein Tattoo.
Verflucht.
Sie hatte nie eines gesehen … Na ja, außer auf einem Holo-Bild.
Gott, was konnte noch schiefgehen? Sie bot einem
Kriminellen
Unterschlupf. Wenn man ihn mit diesem Tattoo in ihrem Truck erwischte, konnten sie sich beide auf eine lebenslange Strafe in den Steinbrüchen Afrikas einrichten, wo die durchschnittliche Überlebenserwartung drei Jahre betrug. Tatsache war, dass die meisten Strafgefangenen schon lange vor Ablauf dieser drei Jahre den Tod herbeisehnten.
Sie hob den Blick und starrte ihn an. »Du verstößt gegen die Verordnung zu durch Blut übertragenen Krankheitserregern von Zweitausendsiebenundachtzig.«
»Verhafte mich.« Er betrachtete sein Tattoo und wandte dann den Kopf, weil die Trucks, die draußen schnell näher kamen, seine Aufmerksamkeit fesselten. Mit einem Schritt war er bei ihr, so dass sie zwischen der Rückseite des Fahrersitzes und seinem schlanken, muskulösen halbnackten Körper gefangen war. »Sieht aus, als bekämen wir gleich Gesellschaft. Kommen sie deinetwegen oder meinetwegen?«
Sie hob eine Hand. »Hey, ich bin nicht diejenige, die Big Luc niedergeschlagen hat.«
Wizards Blick traf sie, hart und bestimmt. »Aber du hättest es tun können.«
Raina schluckte. Seltsamerweise freute sie sich über seine Beobachtung. Mit einem Mal war sie sich überaus bewusst, dass sein durchtrainierter Körper an sie gepresst war. Starke männliche Muskeln, angespannt und bereit. Sie fragte sich, was mit ihr los war, dass sie ihm nicht einfach ihr Knie in die Weichteile rammte und ihn damit aus ihrem persönlichen Bereich beförderte. Für gewöhnlich war ihr persönlicher Bereich ihr heilig.
Seine Hand schloss sich
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