Dark Future: Herz aus Eis
die Familien der Siedler haben, wenn sie wie Polarhasen fliehen?« Diesen Vergleich hatte Yuriko zuvor ebenfalls benutzt. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah Trey sie an, als wollte er sie herausfordern, und Raina fragte sich unwillkürlich, was zwischen den beiden war. Letzte Nacht hätte sie schwören können, dass sie sehr eng befreundet waren. Doch heute war sie sich nicht mehr so sicher.
»Unsere Kinder werden in einer Welt, die von Männern wie Duncan Bane regiert wird, niemals in Sicherheit sein«, sagte Yuriko.
Als sie Banes Namen hörte, verspannte Raina sich. »Ich dachte, wir hätten gegen Plünderer gekämpft. Gegen Eispiraten. Was hat Bane damit zu tun?«
Yuriko stieß ein leises Geräusch aus, und Raina sah sie mit leicht zusammengekniffenen Augen an. Ihre inneren Alarmglocken schrillten. Irgendetwas stimmte nicht.
Eine ganze Weile sagte niemand ein Wort.
»Ich unterstütze den ursprünglichen Plan.« Alle Augen richteten sich auf den Sprecher. Gerhardt war kein Mann vieler Worte, und wenn er sprach, galt alle Aufmerksamkeit ihm. »Den Plan, Bane aus seinem Versteck zu locken. Seinen Einfluss im Nördlichen Ödland zu brechen. Einen Platz für uns und unsere Familien zu erkämpfen.« Er hielt inne, die Lippen fest aufeinandergepresst. »Bane zu töten, wenn es nötig ist«, schloss er.
Ihn zu töten. Bane zu töten. Schon eine halbe Ewigkeit träumte Raina genau davon. Das Problem war, dass er stets dafür sorgte, dass niemand an ihn herankam. Er wurde ungefähr so gut bewacht wie das Produktionswerk für Interdollar in Neo-Tokio.
Trey sah Wizard an. »Du hast wie besprochen Kontakt zu ihm aufgenommen?«
»Korrekt.«
Rainas Magen zog sich zusammen. Korrekt? Sie hatten Kontakt zu Bane? Was zur Hölle … Das war neu für sie.
»Dann bleiben wir beim ursprünglichen Plan«, sagte Trey und legte eine Hand auf Juans Schulter. »Wir beseitigen die Bedrohung, die Bane darstellt, und machen das Ödland zu unserem Territorium. Es gibt keinen anderen Weg. Für jeden Truck der Piraten, den wir zerstören, warten zwanzig neue darauf, sich in Bewegung zu setzen. Wir können nicht länger damit weitermachen, einem Monster die Arme abzuschlagen, dem immer neue und gefährlichere Arme nachwachsen. Wir müssen den Kopf des Ungeheuers abschlagen. Wir müssen Duncan Bane aus seinem gut geschützten Turm locken. Ohne ihn werden die Plünderer ihren Mittelpunkt, ihre Führung verlieren. Sie werden untereinander Krieg führen, wie sie es vor Jahren schon getan haben.«
Juan wandte den Kopf und sah ihn an. »Und
Janson?
«
»
Janson Transport
existiert nur wegen Bane. Ohne ihn wird das Unternehmen untergehen. Andere, kleinere, seriöse Firmen werden die Möglichkeit bekommen, die Lücke zu schließen.«
»Die Umstände haben sich seit Beginn unserer Planung verändert.« Yuriko richtete ihre Worte an die gesamte Runde, obwohl sie Raina ansah. »Wir müssen eventuell unsere Strategie, Bane hervorzulocken, noch einmal überdenken.«
»Strategie? Um Bane hervorzulocken?«, platzte Raina hervor, und ihr Instinkt sagte ihr, dass sie gleich etwas zu hören bekam, das ihr gar nicht gefallen würde. »Und wie, schlagt ihr vor, soll das funktionieren? Wie wollt ihr einen Mann hervorlocken, der sich hinter der Fassade von Anständigkeit versteckt, der vorgibt, ein Ehrenmann zu sein? Was zur Hölle wollt ihr als Köder benutzen?«
Es gab nichts, das bedeutend genug gewesen wäre, damit Duncan Bane die Sicherheit seines uneinnehmbaren Turms verlassen hätte, nichts, das er genug begehrte, außer …
Sie atmete scharf ein, als sie den Kopf umwandte und Wizard ansah. Er trommelte mit den Fingern auf den Tisch – eine seltene Geste, die zeigte, dass ihm unbehaglich zumute war. Und sie wusste, warum es ihm so ging.
Wusste,
was er getan hatte. Fassungslosigkeit durchströmte sie, gefolgt von einer kalten Wut, die so intensiv war, dass ihr übel wurde.
Das Einzige, was Duncan Bane so sehr wollte, dass er dafür die Sicherheit seiner Festung verlassen würde, war
sie.
Und das hieß, dass sie genau wusste, was die Rebellen als Köder benutzen wollten.
Verfluchte Scheiße.
Sie hatten es nicht nur
vorgehabt;
sie hatten es getan. Bane war hier. Auf der Suche nach ihr. Sie war der Lockvogel. Sie war der verdammte Polarhase.
»Ich verstehe, dass Wizard jetzt ein besonderes Interesse am Ausgang der Aktion hat, aber Raina muss keinen unnötigen Gefahren ausgesetzt werden. Sie kann beschützt werden«, sagte Gerhardt
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