Dark Future: Herz aus Eis
und ihr Blick suchte Wizard. Sie verschlang ihre Finger mit den seinen.
Er runzelte die Stirn und betrachtete ihre Hände. Dann sah er sie an und lächelte. »Händchen halten. Ein Balzritual.«
»Hundertachtundneunzig …«, verkündete Trey, der sich vorgebeugt hatte, um das Thermometer ablesen zu können. Die gemurmelten Unterhaltungen verstummten, und einen Augenblick später sagte er: »Hundertneunundneunzig …«
Ein aufgeregtes Raunen ging durch die Gruppe.
»Zweihundert! Los! Los!«
Unter lautem Johlen stürzten alle aus der Sauna, stolperten übereinander und lachten, als sie nach ihren Stiefeln suchten. Raina kletterte von der oberen Bank, als Trey und Yuriko gerade zur Tür liefen und fast nackt in die eisige Nacht hinausrannten.
Trey brüllte auf, als die Kälte ihn traf, und Yuriko lachte und drehte mit ausgestreckten Armen eine Pirouette.
Raina wandte sich zu Wizard um, der direkt hinter ihr stand. »Äh, ich glaube nicht.« Mit einer Handbewegung scheuchte sie ihn weg. »Die Sauna war nett, doch ich werde nicht da rausgehen.«
»Der Club heißt Zwei-Fünfzig-Club. Ziel ist es, den Körper den vollen zweihundertfünfzig Grad Temperaturunterschied auszusetzen.« Wizard bückte sich, schlang seine Hand um ihren Knöchel und schob ihren Fuß in den Stiefel.
»Nein, echt«, fuhr Raina fort und versuchte, sich zurückzuziehen. »Ich mag die Kälte nicht. Ich gebe mich mit dem Zweihundert-Club zufrieden und überlasse die letzten fünfzig Grad den anderen.«
Sie stieß die Luft aus, als Wizard sich unvermittelt bückte, sie auf die Schulter nahm – natürlich ohne ihre heilende Wunde zu berühren – und sie hochhob, so dass ihre Arme die Rückseite seiner Beine berührten und ihre Beine vor seiner Brust baumelten. Er steckte ihr den zweiten Stiefel an den nackten Fuß und stellte sie dann hin.
»Hast du Angst?«
Raina sah ihn mit leicht zusammengekniffenen Augen an. »Vor ein bisschen kalter Luft? Wohl kaum.«
»Dann vertrau mir. Ich werde neben dir herlaufen.«
Ihm vertrauen.
Sie atmete scharf ein.
»Fertig?«, fragte er und hob eine seiner dunklen Augenbrauen.
Sie schüttelte den Kopf und lachte. »Nein. Aber ich schätze, ich werde trotzdem mitmachen.« Sie drehte sich um und rannte in die Kälte hinaus.
»Das kann nicht gesund sein«, schrie sie keuchend. Sie sprintete hinter den anderen her, und frostige Luft legte sich auf ihre nackte Haut. »Es ist eine enorme Belastung für das Herz, wenn man von einem sehr, sehr warmen Ort in diese Kälte kommt. Ich könnte einen Herzanfall bekommen.«
Wizard joggte neben ihr her. »Die Wahrscheinlichkeit, dass du einen Herzmuskelinfarkt erleidest …«
»Hör auf«, unterbrach sie ihn und warf ihm einen vernichtenden Blick zu, während sie noch schneller wurde. »Es ist zu verdammt k… k… kalt, um zu reden!«
Natürlich ließ sich Wizard davon nicht beeindrucken, und ihm schien auch nicht kalt zu sein. Er sah aus, als könnte er den ganzen Abend lang in Unterwäsche hier draußen spazieren gehen.
Ihr war mehr als kalt, als sie um den Wachturm herumrannte, und mehr als eisig, als sie die letzten paar Meter zu dem Gebäude zurücklegte, in dem sich die Sauna befand. Es war ein Wunder, dass ihre Gliedmaßen nicht einfach zerbrachen und abfielen.
»S… S… Sauna.« Sie stürzte ins Haus, schleuderte ihre Stiefel von den Füßen und taumelte in Richtung des Raumes, der ihr wohltuende Wärme versprach.
Als sie die Tür aufstieß, blieb sie abrupt stehen. Vor sich erblickte sie eine Gruppe von Menschen, die verdammt glücklich aussahen, sie wiederzusehen. Yuriko. Sawyer. Trey. Ben. Juan. All die Freunde, die sie im Siedlerrat des Nördlichen Ödlands gefunden hatte – übrigens ein ausgefallener Name für die Rebellen. Und vermutlich machte sie das, tief in ihrem Innern, auch zu einer Rebellin. Das hier waren die Menschen, die ihr am Herzen lagen. Menschen, denen sie am Herzen lag.
Sie lächelte, konnte nichts dagegen tun, beschwingt durch die Erkenntnis, dass sie zum ersten Mal in ihrem Erwachsenenleben nicht vollkommen allein war. Diese Rebellen waren ihre Freunde geworden.
Die Freude darüber, dazuzugehören, durchströmte sie, als sie über ihre Späße lachte. Hier hatte sie einen Platz gefunden. Sie war eine von ihnen.
»Hey, Raina, wie geht es deiner Verletzung?«, rief Sawyer.
»Ich spüre sie kaum noch.« Sie warf einen Blick an ihrer Seite hinunter und stellte überrascht fest, dass die Wunde statt feuerrot nur noch leicht
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