Dark Future: Herz aus Eis
könnte.
»Wo hält er sich auf?«, fragte Wizard, und Raina musste einen enttäuschten und verletzten Aufschrei unterdrücken. Keine Bindung, keine Emotionen. Ein verfluchter Computerchip statt eines Gehirns. Wie hatte sie je etwas anderes denken können?
»Hier und da.« Mühsam brachte sie die Worte über ihre blutleeren Lippen. Ihre Kiefer waren verkrampft.
Zum Teufel mit Wizard, dass er sie an Märchen und Träume hatte glauben lassen. Er war ein Tumor, und je schneller sie ihn aus ihrem Herzen schnitt, desto besser. Sie biss die Zähne zusammen. Sie hatte ihn benutzt, um ein Verlangen zu stillen. Das war alles. Er bedeutete ihr nichts. Gar nichts.
Vielleicht würde sie im nächsten Jahrtausend ja mal lernen, das zu glauben.
»Wie viele Leute hat er dabei?«, fragte Yuriko und wechselte einen Blick mit Wizard. Etwas in ihrem Ton sagte Raina, dass Yuriko tatsächlich nicht gewusst hatte, dass Bane angekommen war. Der kleine Ben hatte offensichtlich beschlossen, diese Information nur mit ihr zu teilen. Das Wissen hätte ihr Munition geliefert, wenn sie klug genug gewesen wäre, nicht so damit herauszuplatzen. Was zur Hölle war los mit ihr?
»Du hast das alles inszeniert.« Raina funkelte Wizard an und erstickte beinahe an dem Eingeständnis. »Jede Sekunde, seit wir uns zum ersten Mal begegnet sind. Du hast es geplant, und ich bin darauf hereingefallen.« Später war noch Zeit genug, um sich zu verkriechen und die Wunden zu lecken. Jetzt wollte sie Antworten. Jetzt würde das Wissen das Einzige sein, was sie am Leben hielt. »Woher wusstest du, dass Bane kommen würde, um mich zu holen?«
»Raina, bitte setz dich hin.« Yurikos Stimme war weich, kühl, beherrscht. »Wir werden es dir erklären.«
»Scheiße, ja. Ihr werdet es erklären.« Raina konnte spüren, wie sich Zorn und Verbitterung ihren Weg bahnen wollten, und sie drängte sie mit schonungsloser Beherrschung zurück. »Welches Recht habt ihr, mit meinem Leben zu spielen?«
»Wenn ihr uns kurz allein lassen könntet?« Yuriko warf den anderen, die am Tisch saßen, einen Blick zu, und Raina fiel auf, dass sie sie in der Intensität des Moments fast vergessen hatte. Einer nach dem anderen erhob sich und ging zur Tür. Und jeder musste an Raina vorbeigehen, um hinauszugelangen, und sie achtete darauf, jedem einen abschätzigen, eindringlichen Blick zuzuwerfen. Es würde vermutlich noch lange dauern, bis sie Rache nehmen konnte, aber wenn die Zeit kam, würde die Rache süß sein.
Trey zögerte, und seine Miene wirkte angespannt. »Raina …«
»Bitte geh.« Yuriko warf ihm ein knappes Lächeln zu. »Alles wird gut.«
Kurz darauf verließ auch er den Raum.
Allein mit Wizard und Yuriko, verschloss Raina ihre Gefühle tief in ihrem Innern. Brennender Zorn drohte sich zu entfesseln und sie zu verzehren, doch sie war entschlossen, diesen Zorn lange genug zu kontrollieren, um ein paar Antworten zu bekommen. Dann würde sie ihr Geld nehmen und hier verschwinden. Kurs nehmen auf blühendere Landschaften … oder wenn schon nicht blühender, dann doch zumindest weniger eisig.
»Was zur Hölle geht hier vor? Was wisst ihr über mich, und woher wusstet ihr, dass Bane mir hinterherkommen würde?«
»Bitte setz dich.« Yuriko deutete auf den Stuhl, den Raina geräumt hatte.
Wut brannte in Raina. Sie stieß den Stuhl mit dem Fuß zur Seite, setzte sich stattdessen auf die Tischkante und sah auf die beiden herab.
Yuriko nickte. »Eine meisterhafte Strategin.«
»Nein.« Der Klang von Rainas hohlem Lachen hallte von den kahlen Wänden wider. »Aber offensichtlich bin ich in der Gesellschaft von echten Meistern. Ihr habt den einzigen Weg entdeckt, um Bane dazu zu bringen, sein geschütztes Lager zu verlassen: mich. Ich will wissen, wie. Warum.«
»Wir schulden dir eine Erklärung. Und Wizard wird es dir erzählen.« Yuriko erhob sich, legte die Hand leicht auf Rainas Schulter und verließ dann ebenfalls den Raum.
Raina schluckte den Wunsch hinunter, sie zurückzurufen, denn so wütend sie auch auf Yuriko war, waren die Gefühle doch nichts im Vergleich zu den Qualen, dem Schmerz, dem Zorn, die in ihr brodelten und direkt auf Wizard gerichtet waren. Sie wollte nicht mit ihm allein sein, wollte nicht hören, was er zu sagen hatte.
»Du warst mein Zielobjekt.« Wizard stand auf und ging ans andere Ende des Raumes.
Das war alles, was er zu sagen hatte? Kein weiteres Wort?
»Ich war dein Zielobjekt.«
Verflucht.
Das schmerzte schlimmer als eine
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