Dark Heart: Zweiter Band
unbekümmert.
»Ich wollte kein Spielverderber sein.« Das hatten mir die andern schon oft genug vorgeworfen: Lydia, die Vernünftige, die Erwachsene, die Langweilige.
Nachdem Matthew die Biergläser verteilt hatte, prostete er in die Runde. Ich trank einen kleinen Schluck und stellte das Glas neben mich auf einen Tisch. Matthew beobachtete mich aus den Augenwinkeln und ich schaute ihn fragend an.
»Ihr habt euch verändert«, sagte er mit lauter Stimme.
»Wen meinst du mit ihr ?«, wollte ich wissen.
»Du und Mark.« Er nahm einen tiefen Schluck und wischte sich den Mund ab.
»Wie kommst du darauf?«
Matthew zuckte mit den Schultern. »Ist nur so ein Gefühl. Ihr beide seid zwar noch nie die großen Stimmungskanonen gewesen, aber da ist noch was anderes.«
»Und was?« Ich war gespannt. Matthew hatte eine gute Menschenkenntnis.
»Kann ich dir nicht genau sagen.« Er leerte sein Glas und zeigte der Bedienung an, dass er gerne ein weiteres hätte. »Aber du wirkst irgendwie deprimiert. Genau wie Mark. Ist zwischen euch was vorgefallen?«
»Du meinst, ob wir die Megan-und-Kyle-Nummer aufführen?« Ich warf einen Blick zu den beiden hinüber, die schon wieder zu streiten schienen. »Nein, da kann ich dich beruhigen.«
Matthew nahm sein frisch gezapftes Bier in Empfang. »Das habe ich auch nicht gemeint. Bei euch ist es bestimmt was Ernsteres.«
Ich musste lachen. »Und den Verdacht hast du erst, seit wir uns nach den Ferien wiedergesehen haben?«
»Du hast meine Frage nicht beantwortet. Was ist mit Mark und dir los?« Er hatte auch sein zweites Glas in kürzester Zeit gekippt und wollte sich ein drittes bestellen, als ich ihm meines reichte.
»Zwischen uns beiden ist alles in Ordnung«, log ich.
»Lydia. Bitte. Es muss irgendwas Gravierendes passiert sein.« Er sah zu Mark hinüber, der sich angeregt mit Rachel unterhielt. »Hat er eine andere?«
»Matthew, du spinnst doch total! Mark ist treu wie Gold! Du müsstest doch als Erster wissen, wenn da noch jemand wäre.«
»Dann bist du’s eben. Du hast dich in einen anderen verliebt.«
Die Band hatte gerade ihr Stück beendet und jubelnder Beifall brach los. Glücklicherweise war es so dunkel, dass Matthew nicht sehen konnte, wie ich rot wurde.
»Weißt du, es wäre schade, wenn ihr euch trennen würdet!«, schrie Matthew gegen den Lärm an. »Ihr beide seid so ein tolles Paar!«
Dieser Satz traf mich wie ein Boxhieb mitten in den Magen. Grandma hatte fast dieselben Worte benutzt, als sie herausbekommen hatte, dass Emilia Frazetta eine neue Gefährtin für Jack Valentine suchte. Ich spürte, wie der dunkle Schatten in mir sich wieder regte. Eigentlich mochte ich Matthew. Er war ein netter Kerl, geradeheraus, ohne Launen. Doch in diesem Moment hätte ich ihm am liebsten eine Ohrfeige verpasst.
Der Gitarrist schlug gerade den ersten Akkord des nächsten Liedes an, als plötzlich das Pfeifen einer Rückkopplung zu hören war. Etwas schien ihn abzulenken. Er beugte sich nach unten ins Publikum und machte eine Handbewegung, als versuchte er jemanden fortzuscheuchen. Ich konnte nicht sehen, was da vor der Bühne geschah, aber etwas stimmte nich t – das spürte ich ganz genau.
»Wo sind Megan und Kyle?«, fragte ich Matthew.
Nun fiel mir auf, dass unser streitbares Pärchen sich wohl verdrückt hatte. Die Aufmerksamkeit der anderen Gäste richtete sich jetzt nicht mehr auf die Band, sondern auf ein Geschehen vor der Bühne, das vereinzelt Johlen und Beschimpfungen hervorrief. Ich drängelte mich zwischen den verschwitzten Leibern hindurch nach vorne. Dabei ahnte ich Schlimmes, denn ein durchdringender Jasminduft überlagerte den Geruch von Schweiß und Bier.
Kyle prügelte sich…
K yle prügelte sich mit einem groß gewachsenen blonden Mann. Er versuchte es zumindest. Die Gäste hatten einen Kreis um die Kämpfenden gebildet und feuerten sie an. Immer wieder schlug Kyle zu und immer wieder traf er wie ein Betrunkener ins Leere, denn sein elegant gekleideter Kontrahent wich den Attacken scheinbar mühelos aus.
Megan stand einige Schritte abseits, die Arme verschränkt. Sie verfolgte das Treiben beinahe teilnahmslos, aber ich ahnte, dass sie der Anlass für die Auseinandersetzung war.
»Kyle!«, rief ich. »Hör auf damit!« Doch er reagierte nicht. Im Gegenteil: Außer sich vor Wut schrie er seinen Frust heraus. Er griff nach einem halb vollen Bierglas und wollte es seinem Gegner an den Kopf werfen, als ich mich ihm in den Weg stellte.
»Kyle, lass
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