Dark Heart: Zweiter Band
gut sein! Hör auf!«, fuhr ich ihn an.
Sein Gesicht war wutverzerrt. Als er realisierte, wer ich war, ließ er schwer atmend den Arm sinken. Entsetzt betrachtete er das Glas, das er noch immer umklammerte.
»Entschuldige«, stammelte er. Kyle sah sich um, als wäre er gerade aus einem Traum erwacht, und blickte zu Megan herüber, die nur mitleidig den Kopf schüttelte. Der Kreis der Gaffer löste sich auf. Die Band begann wieder zu spielen. Kyle zog sich wie ein geprügelter Hund zurück.
Der Mann, schlank und ganz in Schwarz gekleidet, grinste breit, als hätte er den Spaß seines Lebens gehabt. Der Duft nach Jasmin war jetzt beinahe erstickend.
»Ich weiß, was du bist«, zischte ich den Vampir an. »Und ich möchte eine Erklärung für das, was gerade hier los war!«
Er lächelte. »Keine Sorge, Lydia Garner. Mein Name ist Daron Arkassian. Die Königin schickt mich«, flüsterte er mit einer Stimme wie Raureif. »Um dich zu beschützen.«
Ich warf einen Blick über die Schulter. Kyle saß inzwischen über ein Bierglas gebeugt am Tresen. Mark hatte sich zu uns gedreht, eine Hand ruhte auf der Schulter seines Freundes, doch in dem schummrigen Licht konnte ich seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen.
»Danke, aber auf diese Art von Schutz kann ich verzichten«, sagte ich wütend.
»Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher«, sagte Daron und musterte mich, als würde ich exakt in sein Beuteschema passen. »Charles Solomon lebt.«
»Aber wie ist das möglich?«
Der Vampir zog ein Smartphone aus dem Jackett, tippte mehrmals aufs Display und reichte mir dann das Telefon. Den Ton konnte ich nicht hören, im Club war es viel zu laut. Aber der Mann, der auf dem Video einer Wirtschaftspressekonferenz zu sehen war, konnte niemand anders sein als Solomon. Der Anblick war entsetzlich: Sein Körper wirkte ausgezehrt, die dunklen Augen schimmerten wie im Fieber. Trotzdem lächelte er triumphierend in die Kameras.
»Das war heute Mittag«, sagte Daron und zeigte überflüssigerweise auf Datum und Uhrzeit der Aufnahme, die rechts oben im Bild eingeblendet waren. »Hier hat er sich offiziell aus allen Geschäften zurückgezogen, um sich wegen eines Krebsleidens behandeln zu lassen.«
Plötzlich fühlte sich mein Körper taub an. »Oh Gott«, flüsterte ich.
»Das ist aber noch nicht alles«, sagte Daron und lud Bilder vom Flugzeugabsturz in Schanghai. Der brennende Pearl Tower hob sich gegen den blutroten Morgenhimmel ab. Helikopter umkreisten den Turm, eine Konstruktion aus riesigen Kugeln und Pfeilern, während ein Reporter, eine Hand am Ohr, um den Lärm der Umgebung abzuschirmen, in die Kamera sprach. Eine eingeblendete Landkarte zeigte die geplante Flugroute der verunglückten Maschine. »Mit an Bord waren auch die Fürstin von A-Chiu und der Vorsitzende der chinesischen Zentralbank, der ihr Gefährte war.«
»A-Chiu?«, fragte ich verwirrt.
Daron machte eine ausholende Geste. »China. Asien. Wir gehen von einem Anschlag aus, hinter dem Solomon steckt.« Er nahm mir das Smartphone aus der Hand und wählte einen weiteren Film an. »Abidjan, Elfenbeinküste, heute Abend. Bei einem Terroranschlag wurde der Wagen von Adewele Ngema, dem Vizepräsidenten der Afrikanischen Union, in die Luft gesprengt. Mit im Auto saß Bayajidda, Fürst von Afar und eines der ältesten Nachtgeschöpfe überhaupt.« Daron steckte sein Telefon weg.
Vampire waren so gut wie unsterblich. Nichts konnte sie töten, außer dem Licht der Sonne und einem Stich ins Herz, vorzugsweise mit einer Waffe aus Silber. Auch eine Silberkugel war tödlich. Doch angesichts der Zerstörungskraft solcher Explosionen waren selbst die regenerationsfähigsten Vampire machtlos.
»Also war der Mordanschlag auf Lilith McCleery nur der Anfang«, sagte ich mit zitternder Stimme.
»Ja. Lilith befürchtet, dass Solomon alle Vampirfürsten beseitigen will. Niemand ist mehr sicher«, sagte Daron.
Da wurde ich plötzlich von hinten gepackt und herumgedreht. Ich blickte in das Gesicht eines Mannes mit Halstattoo, der mir bedeutete, ihm zu folgen. Es war einer der Türsteher. Daron war auf einmal in der Menge verschwunden. Aber ich wusste, er würde mich im Auge behalten.
»Deinen Ausweis«, sagte der Mann ruhig, als wir an der Theke waren.
Wie aus dem Nichts tauchte Mark neben mir auf. »Alles in Ordnung, Lydia?«
»Halt du dich da raus«, knurrte der Türsteher, ohne ihn dabei anzuschauen.
Ich hob die Hand, um Mark zu zeigen, dass ich alles im Griff
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