Dark Heart: Zweiter Band
öffentlich verkündet, dass er Krebs habe und sich aus dem Geschäftsleben zurückziehen wollte.« Ich holte tief Luft. »Und außerdem hat er sich darangemacht, nacheinander alle Vampirfürsten zu beseitigen.«
»Es nimmt kein Ende, nicht wahr?«, sagte er.
Ich nahm seine Hand. »Nein. Ich fürchte, es geht immer so weiter.«
Der Regen ließ nach, das Trommeln auf dem Dach des Wartehäuschens verebbte. Wir waren allein. Kein vorbeifahrendes Auto störte uns. Es war, als holte die Welt tief Luft.
»Lydia, was wird aus uns?«, fragte Mark.
Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter. »Ich weiß es nicht«, sagte ich so leise, dass ich meine Worte selbst kaum verstand. »Ich weiß es wirklich nicht.«
Mark beugte sich vorsichtig zu mir hinab und küsste mich sanft.
Und ich schloss einfach die Augen, denn ich wollte das heraufziehende Unglück nicht sehen.
Mark wollte mich…
M ark wollte mich noch bis vor die Haustür begleiten, doch ich lehnte sein Angebot ab. Ich wollte nicht, dass er wegen mir noch einmal eine halbe Stunde auf den nächsten Bus nach Horseshoe Bay warten musste. Mom und Dad waren nicht da. Sie saßen wahrscheinlich noch bei den Sorvinos, tranken Sekt, knabberten Häppchen und langweilten sich zu Tode.
Ich warf meinen Schlüssel auf das Sideboard im Flur und zog meine Schuhe aus. Nachdem ich das Licht eingeschaltet hatte, tappte ich in die Küche, um noch ein Glas Milch zu trinken. Mom hatte mir einen Zettel hinterlassen, auf dem stand, dass mein Abendessen fertig war. Ich hätte die Lasagne nur noch im Ofen aufwärmen müssen, aber ich wollte gleich ins Bett. Ich löschte das Licht und ging hoch ins Bad, wo ich mich abschminkte und mir die Zähne putzte. Im kalten Schein der Badezimmerlampe betrachtete ich mein erschöpftes Gesicht im Spiegel.
»Was für ein Tag!«, murmelte ich und zog mein ausgewaschenes Schlaf-T-Shirt an.
Wie jede Nacht entriegelte ich in meinem Zimmer das Fenster und schob es einen Spalt hoch. Ich hatte die völlig verrückte Hoffnung, dass er eines Nachts wieder auftauchen und einfach in meinem Sessel sitzen würde. Ich stellte den Wecker auf halb sieben, knipste die Nachttischlampe aus und wickelte mich in meine Decke. In der Ferne hörte ich das gleichförmige Rauschen der Autobahn. Dann schlief ich ein.
Und erwachte sofort wiede r – an einem fremden Ort. Unter meinen Füßen raschelte Laub. Die Luft war kalt und roch nach Herbst. Der Mond stand hoch am Himmel und spiegelte sich in den großen Pfützen der Straße, die den Wald schnurgerade zerteilte. Ich trat aus dem Dickicht und lauschte angespannt. Nicht weit von mir schlich ein Fuchs durchs Unterholz, ich erkannte ihn am Geruch. Wenn ich ein Herz gehabt hätte, dann hätte es jetzt wild geschlagen. Ich lief los, erst langsam, dann immer schneller, bis der Wind an meinen Haaren zerrte. Ich war eins mit Jack und Jack war eins mit mir.
Da riss ihn etwas von den Beinen. Jack hatte die schattenhafte Gestalt nicht kommen sehen, sie schoss aus dem Wald und griff ihn an. Zwei Augen, rot vor Zorn und Hass. Spitze Zähne schlugen in seine Arme, die er zur Abwehr hochgerissen hatte, immer und immer wieder. Ich schrie.
Lydia! Verschwinde!
Der Angreifer schlug zu. Dann hob er Jack hoch und schleuderte ihn gegen einen Baum. Benommen blieb Jack liegen. Die hünenhafte Gestalt beugte sich erneut über ihn und riss ihn hoch. Für einen langen Moment hatte die Welt kein Oben und kein Unten mehr. Das Gefühl der Schwerelosigkeit endete abrupt, als Jack hart auf den Asphalt der Straße prallte, sich mehrmals überschlug und dann liegen blieb. Sofort war die dunkle Gestalt wieder bei ihm und kniete schwer auf seiner Brust. Der Schmerz, der Jacks linken Arm durchfuhr, mobilisierte seine letzten Kräfte. Er schüttelte den Angreifer ab und sprang auf die Beine. Gleichzeitig packte er seinen Widersacher mit der unversehrten Hand am Hals. Ich sah, was Jack sah: gefletschte Zähne und rote Augen dicht vor seinem Gesicht. Es war, als kämpfte Jack mit einem tollwütigen Hund. Dann griff Jack mit der freien Hand nach dem Messer, das er immer am Gürtel trug, und stieß zu. Der Schrei der Höllenkreatur war schrill und rau. Ihre Augen leuchteten noch einmal auf, dann sprang sie davon. Ich konnte seine Verletzung fühlen: Der linke, gebrochene Arm prickelte, als wäre er in Säure getaucht worden. Ich spürte, wie der Knochen fast augenblicklich wieder zusammenwuchs.
Jack! Oh mein Gott, ist alles in Ordnung mit dir?
Er betrachtete
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