Dark Heart: Zweiter Band
ich deinen Vater in ein Nachtgeschöpf verwandle und ihn auf diese Weise heile.«
Und schon wieder hatte ich das Gefühl, als wüsste Lilith McCleery über jeden meiner Gedanken Bescheid.
»Ja, das ist mein Plan.«
Die Vampirkönigin runzelte die Stirn, bevor sie lächelte. »Aber du willst nicht, dass dein Vater ein Vampir bleibt.«
»Natürlich nicht.«
»Nachdem er von meinem Blut getrunken hat, willst du ihm ein paar Tropfen von deinem geben, damit er sich wieder in einen Menschen zurückverwandelt.« Lilith nickte anerkennend. »Diese Rechnung könnte aufgehen. Aber wieso hast du gerade mich um Hilfe gebeten?«
»Weil ich Ihnen trotz aller Warnungen vertraue«, sagte ich.
Lilith legte ihre Fingerspitzen aufeinander und schaute mich belustigt an. »Tust du das wirklich?«
»Sonst wäre ich heute Nacht nicht hier.«
Lilith McCleery sah zu Hank herüber, als erwartete sie auch von ihm eine Antwort. Doch mein Beschützer schwieg.
Sie stand auf. »Ich vermute, die Zeit drängt.«
»Der Wagen steht vor der Tür«, sagte Hank.
Lilith McCleery lachte. »M r Gerard, seien Sie mir nicht böse, aber Lydia und ich sind nicht auf dieses umständliche Fortbewegungsmittel angewiesen. Wir beide werden anders reisen.« Sie reichte mir ihre kalte, feste Hand und ich erhob mich. »Würdest du dich bitte an mir festhalten?«
Ich stellte mich vor die Königin, die mich um mehr als Haupteslänge überragte. Eine Zimtwolke hüllte mich ein, würzig und betörend.
»Lege beide Arme um meinen Hals«, forderte sie mich auf.
Es war, als hielte ich mich an einer Marmorstatue fest, so kühl war ihr Körper. Dann hob sie mich hoch.
»Du darfst mich unter keinen Umständen loslassen.«
Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, da wurde die Welt um mich herum zu einem Wirbel aus Farben, Licht und Formen. Der Wind riss an meinen Haaren und ich musste die Augen schließen. Lilith McCleery sprach kein einziges Wort. Ich umklammerte sie fester, um nicht davongeschleudert zu werden. Ich spürte die eisige Macht, die in ihr pulsierte, unvergleichlich größer als Jacks Vampirkräfte. Kaum wagte ich mir auszumalen, was geschehen könnte, wenn diese Macht entfesselt würde.
So plötzlich, wie unsere Reise begonnen hatte, war sie auch schon wieder zu Ende. Als ich mit klopfendem Herzen die Augen öffnete, befanden wir uns vor dem hell erleuchteten Haupteingang des General Hospitals. Von der Mountain View Lodge bis hierher waren es zwanzig Kilometer, doch wir hatten die ganze Strecke in weniger als zwanzig Sekunden zurückgelegt.
»Wow«, flüsterte ich atemlos. »Das wa r … beeindruckend.«
Lilith McCleery machte eine einladende Geste und ließ mir den Vortritt.
Als wir an der Rezeption vorbeigingen, zeigte die große Uhr in der weitläufigen Eingangshalle nach halb elf. Wir nahmen den Fahrstuhl zur Intensivstation der Kardiologie.
Hank war natürlich noch nicht da, aber er hatte uns bei Grandma angekündigt. Sie hatte das Handy noch am Ohr, als wir den Wartebereich betraten.
»Es tut mir leid, dass wir uns unter diesen unerfreulichen Umständen wiedersehen, M s Kinequon«, sagte Lilith. »Wie geht es Lydias Vater?«
»Lloyd liegt im Sterben.« Nichts in Grandmas Stimme verriet innere Anteilnahme. »Vor einer halben Stunde ist er ins Koma gefallen. Meine Tochter ist bei ihm.«
Ich fühlte, wie mein Herz aussetzte. Verzweifelt betete ich, dass mein Plan gelang.
»Dann sollten wir keine Zeit verlieren«, sagte Lilith und lächelte mir aufmunternd zu.
Ich klingelte an der Schleuse zur Intensivstation. Diesmal öffnete nicht Dr. Monroe, sondern ein Dr. Fischer.
»Mein Name ist Lydia Garner, ich möchte zu meinem Vater.«
Doch bevor Dr. Fischer antworten konnte, hatte Lilith McCleery ihn mit dem Zeigefinger ihrer rechten Hand an der Stirn berührt. Dr. Fischer zuckte zurück und schaute mich an, als hätte er vergessen, was er mir sagen wollte. Statt einer Antwort schüttelte er den Kopf und ging davon.
Beinahe unmerklich berührte Lilith jeden auf der Station an der Hand, am Arm oder im Gesicht. Die Wirkung war jedes Mal so wie bei dem Arzt, der uns empfangen hatte: Sie blinzelten überrascht oder runzelten nachdenklich die Stirn. Es war, als würden sie Lilith gar nicht bemerken.
Als die Vampirkönigin an das Bett meines Vaters trat, stand meine Mutter langsam auf.
»Guten Abend, M s Garner. Es ist schon einige Zeit her, dass wir uns gesehen haben«, sagte Lilith mit einem einschmeichelnden Lächeln. Meine Mutter war
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