Dark Heart: Zweiter Band
sein Bet t – wie ein wildes Tier, das gegen seinen Willen ein Kunststück aufführen muss. Ich trat zu ihm und ließ mein Blut vorsichtig in seinen Mund tropfen. Die Reaktion war heftig, wie zu erwarten. Unter Krämpfen warf er sich hin und her, krallte seine Hände in das Laken und stöhnte laut auf. Seine Haut nahm allmählich wieder eine natürliche, lebendige Farbe an.
Lilith begann Kabel und Schläuche erneut anzubringen, sodass Dad wieder mit den Apparaten verbunden war. Ich fragte mich, wo sie das gelernt hatte. Jeder Handgriff saß, als wäre er schon tausendmal geübt worden. Zum Schluss schaltete sie den Überwachungsmonitor ein, der mit einem monotonen Piepen zum Leben erwachte.
Meine Mutter ergriff Dads Hand. »Sie ist warm.«
»Natürlich ist sie das«, sagte Lilith. »Sein Puls ist auch normal. Ihr Mann ist kerngesund.« Sie warf einen Blick aus dem Fenster, als könnte sie am Stand des Vollmondes die Nachtstunde ablesen. »Es ist an der Zeit, dass ich mich verabschiede. Ich war noch nicht auf der Jagd.«
Jetzt erst stand meine Mutter auf und reichte Lilith die Hand. »Danke. Für alles.«
»Ich bin Ihnen etwas schuldig«, sagte ich und weinte vor Erleichterung.
»Oh ja, das bist du«, sagte Lilith gut gelaunt. »Irgendwann wirst du bestimmt die Gelegenheit haben, mir einen Gefallen zu tun. Wir sehen uns morgen Abend?«
»Ich werde pünktlich sein.«
Sie nickte, als hätte sie keine andere Antwort erwartet. Dann war sie auch schon fort. Mom und ich schauten uns an. Niemand sprach ein Wort, denn wir alle wussten: Diese Nacht war die schwerste Prüfung, die unsere Familie je zu bestehen hatte.
Am späten Morgen…
A m späten Morgen erwachte Dad wie aus einem tiefen erholsamen Schlaf. Für die Ärzte war er eine medizinische Sensation. Sie glaubten an eine Wunderheilung, wie sie zuvor auch bei mir beobachtet worden war, nachdem Jack mich von meiner Wunde geheilt hatte, die mir die wiederauferstandene Keren Demahigan zugefügt hatte. Da Lilith die Ärzte und Pfleger auf der Station hypnotisiert hatte, sodass sie sich an nichts mehr erinnerten, begegneten sie meinem Vater mit Staunen, ja auch mit ein wenig Furcht. Sie untersuchten sein Herz, das wieder einwandfrei schlug. Alle Narben waren verschwunden, selbst die von der Jahre zurückliegenden Blinddarmoperation. Alle Zahnfüllungen waren herausgefallen und seine Zähne waren unversehrt wie die eines Kindes.
Ich ahnte, dass ein zweiter Fall von mysteriöser Wunderheilung in meiner Familie unangenehme Fragen aufwerfen würde. Vielleicht konnte Grandma verhindern, dass der Vorfall an die Öffentlichkeit drang. Ich wusste, dass sie meine Krankenakte durch einen ihrer Gewährsleute hatte frisieren lassen, und wahrscheinlich würde sie dasselbe bei Dads Akte machen. Aber auch Dad selbst, dessen Erinnerung an gestern gelöscht worden war, machte sich natürlich Gedanken.
Als wir unter uns waren, fragte er nach dem Grund für seine Blitzgenesung. Obwohl ihm unser Bericht haarsträubend vorkommen musste, hörte er geduldig zu. Und selbst als ihm meine Mutter gestand, dass ich nicht seine leibliche Tochter sei, sagte er kein einziges Wort. Schließlich räusperte er sich und griff mit zitternder Hand nach dem Wasserglas auf dem Beistelltisch. Er trank einen kleinen Schluck, dann noch einen und stellte es wieder zurück.
»Es tut mir leid, dass Mark nicht bei uns sein kann«, sagte ich, um die drückende Stille zu vertreiben. »Als wir ihm damals von den Nachtgeschöpfen erzählt haben, hatte er uns erst auch nicht glauben können.«
»Wie hat es ihn verändert?« Lloyds erste Worte nach all dem Schweigen waren kaum mehr als ein Flüstern.
Als ich mit der Antwort zögerte, sprang mir Grandma bei. Ich hatte darauf bestanden, dass sie bei diesem Gespräch dabei war. »Mark hat einiges durchgemacht. Ich kenne viele Menschen, die daran zerbrochen wären. Aber ich glaube, er ist der Mensch geblieben, den wir kennen. Wir können natürlich nicht in seinen Kopf schauen. Es hat ihn sicher nicht unberührt gelassen, dass die Welt, die er zu kennen glaubte, eine dunkle Seite hat.«
Dad schüttelte den Kopf. »Nein, ich will auf etwas anderes hinaus. Ich will wissen, was das fremde Blut aus ihm gemacht hat.«
»Meinst du das Blut der Nachtgeschöpfe oder meines?«, fragte ich vorsichtig.
»Beides.« Dad schloss für einen Moment die Augen, als sei im schlagartig klar geworden, was die Geschehnisse der letzten Nacht für ihn bedeuteten. »Versteht mich bitte
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