Dark Heart: Zweiter Band
zusammen mit Hank in die Sakristei.
Der kleine Raum, in dem sich außer einem zerkratzten Schreibtisch und einigen Schränken nur noch ein abgewetztes Ledersofa befand, roch nach staubigem Papier und kaltem Zigarrenrauch. Ich widerstand dem Drang, das Fenster aufzuschieben und etwas frische Luft hereinzulassen, und zog einen Stuhl heran.
»Darf ich mich zu Ihnen setzen?«, fragte ich Margo, die erschöpft auf der Couch lag und den Unterarm übers Gesicht gelegt hatte. Sie reagierte nicht. Ihr Mann wippte nervös im Schreibtischstuhl vor und zurück, während Hank sich diskret in eine Ecke stellte.
»Wie geht es Ihnen, M s …«
»Nennen Sie mich wie alle anderen einfach Margo«, sagte die Frau.
»Haben Sie Schmerzen?«, fragte ich.
Sie schüttelte teilnahmslos den Kopf.
»Ich muss Ihnen leider einige Fragen stellen«, sagte ich vorsichtig.
»Sicher«, murmelte Margo. »Fangen Sie an.«
»Könnten Sie den Mann beschreiben, der Sie in ein Nachtgeschöpf verwandelt hat?«
»Groß, bärtig, ein ungewaschener Riese namens Wayne Chapman. Wir nennen ihn alle nur den Mad Trapper , weil er seit seiner Jugend in den Wäldern lebt und nur in Telegraph Creek auftaucht, wenn er Munition für seine Waffen kauft oder zum Arzt muss.«
»Sagt Ihnen der Name Charles Solomon etwas?«, fragte ich.
»Nein. Doch Chapman erzählte immer etwas von einem Masau, in dessen Auftrag er handle. Einem Gott der Finsternis, der auf Erden ein dunkles Reich errichten wolle. Und wir seien die ersten Geschöpfe, die ihm dienten.«
Masau? Der Gott, der den Fluch über Sonnenvogel ausgesprochen hatte und sie in Nachtrabe verwandelt hatte? Ich sah Hank an. Er schien dasselbe wie ich zu denken: dass Charles Solomon größenwahnsinnig geworden war.
»Der Mad Trapper war ein Monster«, sagte Margo. »Wir hatten schreckliche Angst vor ihm.«
»Was heißt ›wir‹?«, fragte ich.
»Na, alle, die er verwandelt hat. Wir waren sechs, alle aus Telegraph Creek.« Jetzt erst entblößte sie ihr Gesicht und setzte sich auf. Will ergriff ihre Hand, die sie ihm aber sofort wieder entzog. »Die Ersten wurden vor einer Woche verwandelt.«
»Wann genau?«, fragte jetzt Hank.
»Am Montag. Warum? Ist das wichtig?« Mit einer müden Bewegung strich sie sich das lange Haar aus dem Gesicht.
Das war ein Tag, nachdem Solomons Leiche verschwunden war. Alles passte.
»Was hat dieser Masau von Ihnen verlangt?«, wollte ich wissen.
Margo runzelte die Stirn, als könnte sie sich nur schwer erinnern. »Wir sollten eine Hütte suchen.«
»In welcher Gegend?«, fragte Hank elektrisiert.
»Wir begannen in einem Radius von fünfzig Kilometern rund um Telegraph Creek«, antwortete Margo gereizt. »Als wir sie auch nach zwei Tagen nicht gefunden hatten, hat der Mad Trapper noch weitere Menschen in Vampire verwandelt und den Suchradius vergrößert.«
Da unterbrach Will gereizt das Gespräch. »Ich glaube, das reicht fürs Erste. Sie sehen doch, wie erschöpft meine Frau ist.«
»Eine Frage habe ich noch«, sagte ich hastig, denn ich musste wissen, wo sich die anderen Nachtgeschöpfe verborgen hielten. »Bitte. Wo waren Sie tagsüber? Wo haben Sie geruht?«
»Im alten Bergwerk der Vale Inco, zwanzig Kilometer nördlich von hier. Entfernungen spielten für uns keine Rolle, müssen Sie wissen.«
»Ja, ich weiß«, murmelte ich. »Will, haben Sie eine Karte hier?«
Margo legte sich wieder hin, während ihr Mann den Schreibtisch durchforstete. »Unser Pfarrer war ein begeisterter Angler«, sagte er. »Die besten Fischgründe hat er in einer Karte markiert.« Er wurde fündig und breitete eine abgegriffene Landkarte auf dem leeren Schreibtisch aus.
»Wir sind hier. Und die verlassene Mine ist dort.« Er deutete mit dem Finger auf einen Berg nördlich von Telegraph Creek. »Es gab mal eine asphaltierte Straße dorthin, aber die wird schon seit mehr als zwanzig Jahren nicht mehr benutzt. Wahrscheinlich ist sie mittlerweile vollkommen zugewachsen.«
»Kämen wir mit dem Humvee durch?«
Will machte ein unentschlossenes Gesicht. »Das müssten Sie versuchen. Wieso? Was wollen Sie dort?«
»Ein Freund von mir ist dort vor einigen Tagen verschüttet worden.«
Will sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Vor einigen Tagen? Und Sie haben nicht sofort nach ihm suchen lassen? Er könnte schon längst tot sein!«
»Dieser Freund ist ein Nachtgeschöpf«, sagte ich ungerührt. »Und zwar eins von den Guten. Er kann nicht verhungern oder verdursten.« Aber vor
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