Dark Heart: Zweiter Band
rutschte seitwärts liegend weiter, geradewegs auf die Gruppe von Nachtgeschöpfen zu. Blitzschnell wichen sie aus. Als das Motorrad zum Stillstand kam, hatten sie den Fahrer auch schon umringt. Flucht war unmöglich.
Mit einem gellenden Schrei sprang ich die Treppe hinab und auf die Vampire zu. Mein Verstand war ausgeschaltet. Der Tod schreckte mich nicht. Hank ließ geistesgegenwärtig den Schraubendreher fallen und sprang hinter mir her, blieb aber abrupt stehen, als ein sechstes Nachtgeschöpf auftauchte und ihm den Weg versperrte. Hank zog seine mit Silbermunition geladene Waffe und richtete sie auf die Vampirin.
»Nicht töten!«, rief Sam mit lauter, sich überschlagender Stimme. »Das ist Cathy, Bretts Frau!«
Dieses Wesen hier schien jedoch kaum noch menschlich. Wie auch die anderen Nachtgeschöpfe musste sich Cathy im Wald ein Erdloch für den Tag gegraben haben, denn in ihren Haaren und in ihrer Kleidung hing noch Erde. Hände und Arme waren geschwärzt bis zu den Ellbogen, die Kleider zerrissen. Der modrige Gestank, der von den Nachtgeschöpfen ringsum ausging, erinnerte in nichts an Jacks süßen Rosenduft.
»He!«, schrie ich. »Verschwindet hier!« Ich riss die Arme in die Luft, als könnte ich sie wie wilde Tiere verscheuchen, eine vollkommen lächerliche Idee.
Zu meinem großen Erstaunen griffen mich die Nachtgeschöpfe nicht an. Irgendetwas verunsicherte sie, denn sie begannen aufgeregt untereinander zu flüstern.
»Komm mit uns!«, rief einer. Seine Stimme war angenehm und melodiös. »Komm mit uns, und ich verspreche, dass wir die anderen verschonen!«
Ich nahm all meinen Mut zusammen und ging langsam auf den Anführer zu, bis uns nur noch ein Atemzug trennte.
»Sag deinem Herrn: Wenn er etwas von mir will, dann muss er schon selber aus seinem Loch gekrochen kommen«, zischte ich.
Der Vampir grinste und entblößte dabei zwei spitze Fangzähne, die weiß in dem schmutzigen Gesicht leuchteten. Mit einer geradezu herablassenden Handbewegung forderte er seine Untergebenen auf, sich auf den Motorradfahrer zu stürzen.
Hank entsicherte seine Waffe und richtete sie auf die Gruppe, die sich vor mir aufgebaut hatte. »Ich werde dafür sorgen, dass ihr alle den endgültigen Tod findet, wenn ihr nicht sofort verschwindet!«
Offenbar hatte Cathy einen Moment der Unachtsamkeit gewittert, denn sie stürzte sich augenblicklich auf Hank. Sie grub ihre Zähne in seinen Hals.
Und begann gierig zu trinken.
»Hank!« Ich schrie wie von Sinnen.
Aber Cathy hatte gar nicht vor, ihn zu töten. Mit der linken Hand riss sie ihm den Mund auf, dann biss sie in ihren rechten Unterarm. Hank wehrte sich verzweifelt, doch er hatte gegen die übermenschlichen Kräfte der Vampirin nicht den Hauch einer Chance. Mit einem fratzenhaften Grinsen hob Cathy nun den Arm, um ihr Blut in Hanks Mund tropfen zu lassen. Da flammte plötzlich grelles Licht auf.
Laut schreiend wandte sie den Kopf ab. Rote Brandblasen bildeten sich auf ihrer grauen Haut. Auch den anderen Nachtgeschöpfen erging es nicht besser. Sie duckten sich fauchend, taumelten zurück und flüchteten ins Dunkel der Nacht. Aber es war zu spät. Hank hatte von dem Blut getrunken.
Sofort war ich bei ihm und sah, dass die Transformation in vollem Gange war. »Ein Messer! Schnell!«, schrie ich verzweifelt.
Will reichte mir ein Messer, das groß genug war, um einen Bären mit einem Stoß niederzustrecken. Die Klinge war scharf wie die eines Rasiermessers. Ich fügte mir einen Schnitt an der Innenseite des Unterarms zu und presste die frische Wunde auf Hanks Mund. Schließlich ließen die Zuckungen nach, die Blässe der Haut schwand. Seine Halswunde begann sich bereits wieder zu schließen. Er zitterte am ganzen Leib und versuchte etwas zu sagen, aber er war zu schwach. Dann verdrehte er die Augen und sein Kopf fiel zur Seite.
»Hank!«, schrie ich.
Sam legte einen Finger in seine Halsbeuge. »Der Puls ist schwach, aber ich kann ihn spüren«, sagte sie erleichtert. »Wahrscheinlich hat er einen Schock und ist deswegen ohnmächtig geworden.« Sie winkte zwei Männer heran und gemeinsam trugen sie Hank in die Kirche.
Ich sprang auf und lief zu dem Motorradfahrer. Brett und Will hatten die schwere Maschine angehoben, sodass der verunglückte Fahrer aufstehen konnte. Schwankend wie ein abgekämpfter Boxer stand er vor mir und setzte den schmutzigen Helm ab.
»Mark?« Meine Stimme war nur ein Wispern.
Er wollte etwas sagen, aber da hatte ich ihm schon eine
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