Dark Inside (German Edition)
Fußabdrücke im Schnee, die in Windeseile mit den fallenden Flocken gefüllt wurden. Er konnte nicht sagen, ob es seine eigenen Abdrücke oder die eines anderen waren.
Die Blockhütte sah er erst, als er gegen die Treppe lief und mit dem Bein gegen das hölzerne Geländer stieß.
Auf allen vieren krabbelte er die Treppe hoch, riss die Außentür mit dem Fliegengitter auf und versuchte, die Haustür zu öffnen. Abgeschlossen. Ohne innezuhalten, sah er sich um und entdeckte den Holzstapel in der Ecke. Er griff nach dem größten Scheit und warf ihn gegen das kleine Fenster in der Tür. Dann fuhr er mit der Hand durch das Loch, entriegelte die Tür und betrat das Wohnzimmer.
Sie ist noch da draußen.
Es war ihm egal, ob jemand in dem Haus war oder nicht – darüber würde er sich später Gedanken machen. Er rannte schnurstracks in die Küche, zog die Schubladen auf und wühlte so lange zwischen den Utensilien herum, bis seine tauben Finger ein scharfes Gemüsemesser gefunden hatten. Seine Fingerknöchel bluteten; er musste sich an dem Glas geschnitten haben.
Er ging wieder zur Haustür, zögerte aber. Wenn er sich jetzt wieder in den Schneesturm wagte, fand er das Haus vielleicht nie wieder. Es war pures Glück gewesen, dass er überhaupt darauf gestoßen war.
Er brauchte Hilfe.
Als er wieder in der Küche war, durchsuchte er noch einmal die Schränke, wobei ihm bewusst war, dass jede Sekunde zählte. Je länger er wartete, desto weiter weg konnte Clementine sein. Hatten die Hetzer sie vielleicht schon gefunden? Er wollte nicht darüber nachdenken. Schließlich fand er ein Garnknäuel. Das würde funktionieren. Er packte es und zögerte nicht noch einmal. Er rannte in die Kälte hinaus.
Wenn er das jetzt hinbekam, konnte er seine Schuld vielleicht hinter sich lassen.
In den wenigen Minuten, die er in der Hütte vergeudet hatte, schien der Sturm noch schlimmer geworden zu sein. Er tastete sich an der Treppe entlang und befestigte am unteren Ende das Garnknäuel mit einem Knoten. Dann stürzte er sich in die weiße Wand vor ihm.
Im Gehen rollte er den Faden ab und mit jedem Schritt wurden seine Finger steifer. Zweimal ließ er das Knäuel in den Schnee fallen und das zweite Mal musste er auf die Knie gehen, um es in den immer höher werdenden Schneeverwehungen wiederzufinden.
Der Wind riss an seinen Haaren, die sich in Zweigen verfingen und ihm in den Mund gerieten. Seine Augen wurden feucht. Tränen rannen ihm über die Wangen und gefroren. Einmal glaubte er, einen Schatten gesehen zu haben, doch dann stellte er fest, dass es nur ein Baum war.
Ihm lief die Zeit davon. Wenn er Clementine nicht bald fand, würde er ins Haus zurückmüssen.
Er würde wieder weglaufen.
Lauf, du Feigling.
Plötzlich spürte er, wie eine Hand seine Jacke packte.
Michael schrie auf und wirbelte herum. Seine tauben Finger umklammerten das Messer, bereit, auf den Hetzer einzustechen.
»Michael.«
Er ließ das Messer und das Garnknäuel fallen und zog sie in einer unbeholfenen Umarmung an sich. Sie tat das Gleiche und klammerte sich an ihn, weinend und lachend zugleich.
»Komm mit«, rief er. »Ich habe eine Blockhütte gefunden.«
Er nahm das Garnknäuel, sagte zu ihr, dass sie sich an seinem Arm festhalten solle, und machte sich daran, zur Blockhütte zurückzutaumeln.
»Auf einmal warst du weg«, sagte sie.
»Du hast mich ja wiedergefunden.«
»Ich hatte solche Angst. Ich wollte nicht so sterben. Eine dieser Bestien hat mich angegriffen. Sie wollte mir die Augen auskratzen. Ich habe sie mit einem Stein am Kopf getroffen. Ich glaube, ich habe sie getötet.«
»Gut gemacht.«
»Sie war nicht die Erste.«
Sie fanden die Treppe und Michael führte sie in die Blockhütte. Als sie drin waren, verriegelte er die Tür, doch das würde nicht reichen.
Im Wohnzimmer – Gott sei Dank keine zwei Meter von der Haustür entfernt – stand ein antiker Geschirrschrank mit Weingläsern und teuer aussehendem Porzellan.
»Hilf mir«, sagte er zu ihr.
Sie stemmten sich beide gegen das schwere Möbelstück, wobei Geschirr und Gläser auf den Boden fielen und zerbrachen. Es dauerte mehrere Minuten, doch dann hatten sie es geschafft. Durch die Haustür würde so schnell niemand hereinkommen. Sie gingen zusammen in die Küche und sahen sich die Hintertür an. Sie war verriegelt.
»Wäre es nicht besser, hier auch etwas davorzustellen?«, fragte Clementine.
»Nein, wir brauchen die Tür vielleicht, wenn wir schnell fliehen
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