Dark Inside (German Edition)
Rettungswagen hielten vor dem Krankenhaus, pausenlos stürmten Sanitäter mit ihren Tragen durch die Tür. Im Warteraum, der sowieso schon aus allen Nähten platzte, brach das Chaos aus. Wo kamen nur die vielen Leute her? Inzwischen standen sogar einige auf dem Gang. Niemand schien zu wissen, was los war.
Über den Köpfen einer asiatischen Familie war ein Fernseher an die Wand montiert. Die Großmutter der Familie lag auf einer Krankentrage, die man an die Wand neben dem Stationstresen geschoben hatte. Die Pfleger wussten nicht, was sie mit ihr anfangen sollten. Auf den Gängen begannen sich die Tragen mit Verletzten zu stauen. Das Krankenhaus schien keinen Platz mehr zu haben.
Der Fernseher war auf einen Lokalsender eingestellt, in dem gerade eine Talkshow lief. Jemand gab ein Interview, in dem es um einen neuen Film ging. Der Ton war leise gestellt und nur ganz wenige der Wartenden beachteten den Fernseher überhaupt. Mason sah eine Weile zu, dankbar für die Ablenkung, obwohl er kein Wort verstehen konnte. Er saß immer noch auf dem Boden neben dem Getränkeautomaten. Als er einen Blick auf seine Uhr warf, stellte er fest, dass es schon fast zwei war. Er war seit vier Stunden hier und hatte keine Ahnung, was los war. Wurde seine Mutter immer noch operiert? Er überlegte, ob er eine der Krankenschwestern fragen sollte, doch als er die Schlange aus mindestens zwanzig Leuten sah, die lautstark versuchten, sich Gehör zu verschaffen, verwarf er den Gedanken sofort wieder. Niemand bekam Informationen, warum also sollte man bei ihm eine Ausnahme machen?
»Mason Dowell?«
Der Arzt war vor ihm stehen geblieben und Mason hatte es nicht einmal bemerkt. Er hielt immer noch das Klemmbrett von vorhin in der Hand und verzog keine Miene. Nachdem er ein paarmal geblinzelt hatte, blieb sein müder Blick an den Formularen vor ihm hängen.
»Geht es ihr gut?« Die Worte sprudelten aus ihm heraus. Er hasste den Klang seiner Stimme. Schrill. Atemlos. Verängstigt.
»Fürs Erste.« Der Arzt wollte ihn nicht ansehen. »Wir haben die inneren Blutungen stoppen können, aber sie ist noch nicht bei Bewusstsein. Jetzt können wir nur noch warten. Ich glaube, es ist das Beste, wenn du jetzt gehst und dich ein wenig ausruhst. Ich versuche, jemanden zu finden, der dich nach Hause bringt.«
»Kann ich zu ihr?«
»Das hätte jetzt keinen Sinn. Sie würde es gar nicht merken. Wir sind gerade sehr beschäftigt. Geh nach Hause und iss etwas. Telefonier mit deinen Freunden. Komm heute Abend wieder, dann kannst du zu ihr.«
Jemand schrie auf.
Beide drehten sich um, um zu sehen, was los war. Im Warteraum war es schlagartig still geworden. Alle starrten auf den Fernseher. Jemand stürzte zu dem Gerät und stellte den Ton lauter.
Mason brauchte ein paar Sekunden, bis er begriff, was er sah. Statt der Talkshow lief jetzt eine Nachrichtensendung, in der live vor Ort berichtet wurde. Löschfahrzeuge und Streifenwagen blockierten die Sicht auf ein völlig zerstörtes Gebäude. Die Feuerwehrleute versuchten, die Flammen zu löschen, die aus den Trümmern schlugen. Grelle Warnlichter zuckten und überall rannten Leute herum, die wegen der Rauch- und Staubwolken jedoch nicht zu erkennen waren.
»Ich wiederhole«, sagte die Stimme der Nachrichtenreporterin aus dem Off. »In der Highschool von Saskatoon hat sich eine schreckliche Tragödie ereignet. Channel Nine liegen noch keine Details vor, aber wir vermuten, dass vier Männer und drei Frauen, die alle Sprengstoff mit sich führten, um 13.30 Uhr die Schule betraten. Die Bomben wurden in der Sporthalle, der Cafeteria und etwa fünf Klassenräumen gezündet. Es liegen noch keine Informationen darüber vor, wer den Anschlag begangen hat oder ob es eine Verbindung zu einer Terrororganisation gibt. Wie viele Opfer zu beklagen sind, ist noch unklar, man geht jedoch davon aus, dass die Zahl der Toten in die Hunderte geht. Einige der Leichen werden jetzt gerade herausgebracht.«
Die Kamera schwenkte auf das Gebäude, aus dem Rettungskräfte schwarze Leichensäcke trugen. Die Glastür war zerstört, der Eingang zur Hälfte eingestürzt. Vor wenigen Stunden war Mason durch diese Tür gegangen.
»Das ist meine Schule!«, rief er.
Niemand hörte ihm zu.
»So etwas habe ich noch nie gesehen«, sagte die Reporterin. Ihre Stimme zitterte und klang gepresst. Sie las nicht mehr von ihrem Skript ab; die Worte, die ihr über die Lippen kamen, waren ihre eigenen. »Die Schule ist völlig zerstört. Es ist nichts
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