Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dark Inside (German Edition)

Dark Inside (German Edition)

Titel: Dark Inside (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeyn Roberts
Vom Netzwerk:
Sitzen. Ihr Kopf fiel nach vorn und nach einer Weile verrieten ihre regelmäßigen Atemzüge und das auf die Brust gesunkene Kinn, dass sie schlief.
    Mason bekam Angst. Er wusste, dass etwas passieren würde, und hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Jedes Mal, wenn er sie darauf ansprach, behauptete sie beharrlich, es ginge ihr gut, und wechselte dann das Thema.
    In Kamloops fragte er sie, ob sie anhalten sollten. Sie sagte Nein. In Merritt fragte er sie noch einmal. Sie sagte Nein.
    »Ich will es bis Vancouver schaffen«, sagte sie. »Ich will das Meer sehen. Es ist schon eine Ewigkeit her, seit ich es zuletzt gesehen habe. Ich wette, es ist wunderschön. Ich will in die Wellen laufen und den Sand zwischen meinen Zehen spüren. Das ist das beste Gefühl der Welt, findest du nicht auch?«
    »Ich weiß es nicht mehr«, erwiderte Mason. »Ich war noch ganz klein damals.«
    »Wirklich? Dann haben wir noch einen Grund, uns zu beeilen. Es wird so sein, als würdest du das Meer zum ersten Mal sehen. Und ich will bei dir sein, wenn das passiert. Du wirst vor Glück sterben.«
    Sie schafften es bis Hope.
    Sie saßen beide auf dem Moped. Mason lenkte und Chickadee hatte ihre Arme um seine Taille geschlungen. Plötzlich wurden ihre Arme schlaff. Sie rutschte und fiel auf die Straße.
    »Chee!«
    Er bremste scharf. Kurz vorher hatte es geregnet und die Hinterräder rutschten unter ihm weg, sodass er eine halbe Drehung machte und ins Schleudern geriet. Das Moped schlitterte unter ihm weg und brachte ihn zu Fall.
    Gott sei Dank war er nicht sehr schnell gefahren. Sein Bein geriet unter das Moped, doch außer einer zerrissenen Jeans passierte nicht viel. Sobald er zum Stehen gekommen war, sprang er auf und rannte zu der Stelle, an der Chickadee auf die Straße gefallen war. Sie lag auf dem Rücken und ihre braunen Augen starrten in den Himmel über ihr.
    »Das war ganz schön dumm von mir«, flüsterte sie.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte er. »Kannst du dich bewegen?«
    »Ja. Hilfst du mir beim Aufstehen?« Sie streckte die Hand aus und ließ sich von ihm hochziehen. Vorsichtig brachte er sie in eine sitzende Position und half ihr, den Helm abzunehmen. Chickadee war kreidebleich – offenbar war sie genauso schockiert wie er. »Ich weiß nicht, was passiert ist. Mir ist von einer Sekunde zur nächsten schwindlig geworden.«
    »Wir müssen dich …« Er brach ab und die Worte »zu einem Arzt bringen« blieben ihm im Hals stecken. Die Vorstellung war einfach absurd und er ärgerte sich, dass er überhaupt daran gedacht hatte.
    »Das geht jetzt nicht mehr«, sagte sie, als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Ich wünschte, es gäbe noch Ärzte. Oder Künstler. Sogar Lehrer. Sie sind alle weg. Aber du bist noch da. Ich bin froh, dass es dich gibt, Mason.«
    Er hob sie hoch. Seit sie sich kennengelernt hatten, hatte sie stark abgenommen, und jetzt war sie so leicht wie eine Feder. Ohne etwas zu sagen, ging er in Richtung der Stadt, durch die sie gerade gekommen waren. Wenn er sie schon nicht zum Arzt bringen konnte, wollte er wenigstens ein Motel finden, in dem sie sich eine Weile ausruhen konnten. Er wusste nicht, ob ihr das helfen würde, aber schaden würde es mit Sicherheit nicht.
    Chickadee schlang die Arme um seinen Hals, als sie den Hügel hinunter und unter der Straßenüberführung hindurchgingen. Ihr Körper presste sich an ihn, sie fühlte sich heiß und kalt zugleich an. Sie ließ den Kopf an seine Brust sinken. Er sah auf sie hinab, atmete den Duft ihres Haars ein und küsste sie auf den Scheitel.
    »Ich muss furchtbar riechen«, sagte sie. »Ich kann mich gar nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal geduscht habe.«
    »Nein«, sagte er. »Tust du nicht.«
    Sie lachte. »Lügner.«
    »Auch nicht schlimmer als ich«, gestand er.
    »Oh, dann muss ich wirklich stinken«, meinte sie.
    Als die ganze Sache angefangen hatte, nachdem seine Mutter und seine Freunde gestorben waren, hatte er sich geschworen, dass er nie wieder jemanden gernhaben würde. Wochenlang hatte er ein Gefühl der Taubheit in sich gespürt, eine Art Leere, die sich immer mehr in seinem Gehirn ausgebreitet hatte. Doch er hatte das dumpfe Gefühl verdrängt und sich stattdessen darauf konzentriert, zornig zu sein, seine Wut noch zu nähren. Nur so hatte er stark sein können. Aber Chickadee hatte es irgendwie geschafft, an den Mauern vorbeizukommen, die er errichtet hatte, und die Leere zu vertreiben. Sie hatte ihm dabei geholfen

Weitere Kostenlose Bücher