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Dark Inside (German Edition)

Dark Inside (German Edition)

Titel: Dark Inside (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeyn Roberts
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weiterzumachen. Es war ihm nur nicht bewusst gewesen, wie sehr.
    Jetzt kam die Taubheit allmählich zurück.
    Am Stadtrand sah er eine Gruppe von Leuten, die um etwas kämpften, das er nicht erkennen konnte. Mason duckte sich hinter ein Auto und drückte Chickadee neben sich auf den Boden. Er hatte keine Ahnung, wer diese Leute waren, aber die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass er niemandem trauen durfte, vor allem nicht Leuten, die mitten am Nachmittag derart viel Lärm machten. Wenn sie ihn jetzt entdeckten, konnte er Chickadee nicht mehr beschützen. Sie warteten, bis die Gruppe weiterzog und sich in Richtung Fluss bewegte, bevor sie sich in ein Motel schlichen, das seinen Gästen kostenlosen Internetzugang bot. Mason trug sie in das Büro hinter der Rezeption, wo er sich einen Satz Schlüssel für ein Zimmer schnappte, das nach hinten lag.
    »Werden sie zurückkommen?«, fragte Chickadee.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Und wenn sie hier im Hotel wohnen? Was sollen wir dann tun?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Warum bist du so wütend auf mich?«
    »Ich bin nicht wütend auf dich.«
    »Du hörst dich aber so an.«
    Er ignorierte sie. Was hätte er denn sagen sollen? Er hatte keine Antworten.
    Als sie im Zimmer waren, half er ihr dabei, sich auf das Bett zu legen. Dann verriegelte er die Tür und schloss die Jalousien. Chickadee begann zu husten. Er machte ihren Rucksack auf und holte eine Flasche Wasser heraus.
    »Sei bitte nicht böse auf mich«, sagte sie.
    »Das bin ich doch gar nicht.« Er hob den Arm und strich ihr ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ihre Haut fühlte sich warm unter seinen Fingern an, doch sie schien kein Fieber zu haben. Ihre Augen waren hell und klar und sie starrte ihn an, als wäre er der letzte Mensch auf Erden.
    »Ich glaube, ich muss mich ein bisschen ausruhen«, murmelte sie.
    Mason zog das Bettzeug von dem zweiten Bett, deckte sie damit zu und schüttelte die Kissen übertrieben heftig auf, um sie zum Lachen zu bringen. Dann setzte er sich in einen Stuhl am Fenster und wartete. Chickadee gegenüber konnte er es nicht zugeben, doch er hatte panische Angst. Er wusste, dass sie krank war – er wusste es schon seit Tagen. Sie sagte immer wieder, dass es ihr gut gehe, und er versuchte zu glauben, dass sie nur müde war. Doch sie wussten beide, dass es nicht nur das war. Das Problem war, dass er keine Ahnung hatte, was er tun sollte. Wenn sie wusste, was mit ihr los war, sagte sie es ihm jedenfalls nicht. Er lauschte auf ihre Atemzüge. Sie waren langsam und regelmäßig – Chickadee war eingeschlafen. Gut. Hoffentlich ging es ihr danach besser.
    Die Dunkelheit brach herein und er saß immer noch am Fenster und wartete. Hin und wieder sah er nach draußen, um sich zu vergewissern, dass sie noch allein waren. Es war alles ruhig. Abgesehen von den Leuten, die sie vorhin gesehen hatten, schien die Stadt verwaist zu sein. Ein gutes Zeichen.
    Vancouver war schon ganz nah. Wenn Chickadee nicht vom Moped gefallen wäre, hätten sie nur noch ein paar Stunden fahren müssen. Vancouver war eine große Stadt – dort musste es eine Menge Leute geben, die überlebt hatten. Und wenn er es schaffte, sie dort hinzubringen, würde er vielleicht auch einen Arzt finden.
    Er musste an die letzte Nacht in seinem Haus denken, vor einigen Wochen, als er alles zerstört hatte, was ihm unter die Finger gekommen war. Jetzt wollte er es wieder tun. Die Bilder von der Wand holen, Löcher in Gegenstände schlagen, den Fernseher zertrümmern und alles kaputt machen, was er finden konnte. Die Wut in ihm kochte langsam hoch und er hatte keine Möglichkeit, die Spannung abzubauen. Wann war er nur so wütend geworden? Früher war er nie so gewesen. Vor langer Zeit einmal hätte er sich noch als netten Kerl bezeichnet. Er hatte Fußball gespielt und viel mit seinen Freunden unternommen. Er war nie der Typ gewesen, der Schlägereien anzettelte oder durch die Stadt zog und mutwillig etwas beschädigte. Trotzdem hatte er vor ein paar Wochen einen Mann in einem Park getötet.
    Wo kam diese Wut her? Schlimmer noch, warum genoss er sie tief in seinem Innern?
    »Mason?«
    Er sprang auf und stand innerhalb von Sekunden an Chickadees Bett. »Ich bin hier«, sagte er, während er sich neben sie setzte. Er nahm ihre Hand, die sie ihm entgegenhielt. In ihren weit aufgerissenen Augen stand Angst.
    »Ich habe Diabetes.«
    »Was?«
    »Es tut mir leid. Ich hätte es dir schon früher sagen sollen, aber ich wollte dich nicht vergraulen.«

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