Dark Inside (German Edition)
versuchte, die Schmerzen zu ignorieren. Ihm wurde übel.
»Damit eins klar ist«, sagte Daniel, während er anfing, zwei von Masons Fingern mit dem Klebeband zu umwickeln. »Ich habe dich aus einem ganz bestimmten Grund ausgesucht. Die Hetzer, oder wie auch immer du sie nennen willst, kommen. Sie werden mit allen Mitteln kämpfen. Es gibt nur eine Möglichkeit, mit ihnen fertigzuwerden.«
»Schon klar«, erwiderte Mason. »Du musst nicht um den heißen Brei herumreden.«
Daniel war mit dem Klebeverband fertig und warf die Rolle auf den Boden. »Das dürfte fürs Erste halten.« Er zog etwas aus der Tasche. Das Metall schimmerte im Mondlicht. Er hielt Mason das Messer hin.
»Ich bin kein Kil–« Falsch. Er war einer.
»Ich weiß, dass du es kannst. Deshalb habe ich dich auch ausgesucht. Du bist stärker als die anderen. Du hast die Dunkelheit gespürt.«
Mason nahm das Messer. Die Klinge war schwerer, als er erwartet hatte.
»Fühlt sich gut an, nicht wahr?«
»Nein.«
»Lügner!«
Mason stieg das Blut ins Gesicht. »Worauf willst du eigentlich hinaus? Du sagst eine ganze Menge, aber nichts davon ergibt Sinn. Ich bin nicht wie diese Ungeheuer. Ich mache mir nichts daraus, andere zu töten. Und es ist mir im Übrigen egal, was du denkst.« Er brauchte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass er nicht nur Daniel, sondern auch sich selbst davon zu überzeugen versuchte.
Daniel lächelte. »Du hast recht. Du bist keiner von ihnen. Aber du hast das Potenzial dazu. Ich sehe es in dir drin. Zurzeit bewegst du dich auf einem schmalen Grat. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dich etwas auf eine der beiden Seiten zieht. Du musst dich entscheiden, wer du sein willst. Du kannst hier für eine gute Sache kämpfen und anschließend zu deinen neuen Freunden gehen, um ein Leben zu beginnen, bei dem du sauber bleibst, oder du kannst den Stimmen nachgeben, die dir immer wieder vorwerfen, was du Schlechtes getan hast. Entscheide dich. Mein Vorschlag wäre, es einfach zu vergessen. Schluck es runter! Egal, was du getan hast, es ist bei Weitem nicht so schlimm, wie du denkst!«
Mason wich zurück und drückte sich an die Wand hinter ihm. »Wer bist du? Woher zum Teufel weißt du das alles?«
»Ich bin nur jemand, der eine Menge sieht, und du, mein Freund, bist für mich wie ein offenes Buch.« Daniel zog ein zweites Messer aus der Tasche. »Also was ist jetzt? Bist du ein Krieger oder nur eine Missgeburt? Folge deinem eigenen Weg!«
Die Worte hingen in der Luft.
»Ich bin dabei.«
ARIES
Die Wellen schlugen brüllend am Strand auf. Sie stand ein paar Schritte davon entfernt da und starrte auf das dunkle Wasser hinaus. Das Geräusch war laut, aber doch irgendwie besänftigend. Ihre Augenlider wurden schwer und ihr Herzschlag war so langsam wie schon die ganze Nacht nicht. Es war unmöglich, sich der beruhigenden Wirkung des Meeres zu entziehen.
Hinter ihr im Osten lugten die ersten Strahlen der Morgensonne durch die Bäume. Bald würde es hell sein. Dann mussten sie gehen. Tagsüber war es draußen nicht sicher. Das wussten sie alle.
Sie verwendeten ihre gesamte Energie darauf, wegzulaufen und sich zu verstecken. Im letzten Monat war so unfassbar viel passiert. Aries hatte schon fast vergessen, wie es früher war, bevor das hier alles angefangen hatte. Ganze Tage hatte sie mit Sara zusammen im Einkaufszentrum verschwendet, Hunderte von Stunden damit vergeudet, über irgendwelche albernen Dinge zu kichern. Es wäre so schön, wenn sie die Uhr einfach zurückdrehen könnte.
Zeit war kostbar. Es war nie genug davon da, um ein bisschen davon entbehren zu können.
Waren ihre Eltern noch irgendwo da draußen? Würde sie je die Chance bekommen, nach Hause zu gehen und nachzusehen?
Sie hatten es bis an den Strand geschafft, wo die anderen schon auf sie gewartet hatten. Joy, Nathan, Eve und sogar Colin – sie hatte sich so gefreut, sie alle lebend wiederzusehen. Und jetzt, wo Michael und Clementine sich ihnen angeschlossen hatten, waren sie noch stärker.
Jack lebte noch, doch er konnte nichts mehr sehen. Als der Hetzer ihn mit dem Baseballschläger getroffen hatte, war irgendetwas mit seinem Gehirn passiert. Seine Augen nahmen nur noch Schwarz wahr.
»Das ist nicht gut«, hatte er vorhin gesagt, als Aries ihm geholfen hatte, sich in den Sand zu legen.
»Das wird schon wieder.«
»Ich halte euch nur auf«, meinte er. »Das kompliziert alles.«
»Du komplizierst nie etwas«, antwortete sie. »Du bist der Einzige, der alles
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