Dark Inside (German Edition)
Ich habe Probleme und könnte ganz gut einen Leibwächter gebrauchen. Deine coole kleine Schwester ist nämlich nicht so stark, wie sie dachte. Genau genommen ist sie ein Waschlappen. Alle sagen ihr, dass sie weglaufen soll, und sie zieht das natürlich durch. Hätte ich mich doch dieses Jahr für den Geländelauf angemeldet! Ich wäre wahrscheinlich gleich bis zu den Olympischen Spielen durchgeprescht. Gibt es eigentlich eine Goldmedaille für Feigheit?
Wenn Telepathie doch nur funktionieren würde.
Wie ging dieses schwachsinnige Mantra, das Imogene ständig vor sich herbetete? Ich bin eine starke, schöne Frau. Alles, was ich berühre, verwandelt sich in Gold.
Und natürlich noch: Mein Busen wird größer, mein Busen wird größer, mein Busen wird größer.
Draußen vor der Scheune knackte etwas und sofort begann ihr Herz zu rasen. Jemand stand vor dem Scheunentor. Sie hatten sie gefunden.
Nein, sie hatten sie nicht gefunden. Hör auf, so übertrieben zu reagieren! Sie musste sich zusammenreißen, andernfalls würde sie in dem Moment, in dem sie hereinkamen, aufspringen und winken. Hallo! Hier bin ich! Hier drüben!
Ganz ruhig. Von zwanzig rückwärts zählen, um die Atmung zu beruhigen. Den dicken Kloß in der Kehle hinunterschlucken und konzentrieren. Sie schaffte das schon. Ihr Versteck in der Ecke war gut. Sie hatte sich mit Heu und einer alten Pferdedecke getarnt. Auf den ersten Blick sah sie vermutlich aus wie eine undefinierbare Masse. War das in Horrorfilmen nicht immer so, dass die Heldin in die Dachsparren kletterte? Am Boden zu bleiben, verschaffte ihr einen Vorteil, denn wenn der Killer nach oben ging, um den Heuboden zu durchsuchen, konnte sie unbemerkt hinausschlüpfen. Dann würde sie ins Haus rennen, die Schlüssel holen und bereits auf der Straße sein, bevor der Killer überhaupt merkte, dass sie weg war. In Des Moines würde sie zur Polizei gehen und die würde dann die Armee oder das FBI schicken, und Sam, Henry, James und die anderen nicht mehr ganz so gottesfürchtigen Psychopathen von Glenmore würden verhaftet werden.
Und zu Weihnachten würde sie ein Pony und einen Porsche bekommen.
Die anderen hatten Waffen. Clementine war zwar schnell, aber einer Kugel konnte sie mit Sicherheit nicht davonrennen.
Das Geräusch kam wieder. Sie war so mit ihren Fantasien beschäftigt gewesen, dass sie es fast nicht gehört hätte. Aber es war da, ein schwaches, kratzendes Geräusch. Schritte vor der Scheune. Ein leises Husten. Sie schlug die Hände vor den Mund.
Ein lautes Geräusch, als jemand das Scheunentor packte und es aufschob. Noch mehr Schritte. Sie konnte nicht erkennen, ob es eine oder mehrere Personen waren, aber sie war nicht so dumm, den Kopf zu heben und nachzusehen. Es musste nur einer sein. Wenn es zwei gewesen wären, hätten sie sich miteinander unterhalten. Aber wer war es?
Von ihrem Versteck unter der Decke konnte sie nur knapp zwei Meter Fußboden vor sich sehen. Warum hatte sie nicht daran gedacht, sich so hinzulegen, dass sie den Eingang besser im Blick hatte? Sie wartete mit angehaltenem Atem auf das, was geschehen würde.
Der Eindringling bewegte sich auf die Mitte der Scheune zu. Er ließ sich Zeit, ging langsam, mit kleinen, gemächlichen Schritten. Offensichtlich hatte er es nicht eilig, sie zu töten. Er wusste, dass sie hier war. Vielleicht konnte er ihre Angst riechen?
Er begann zu pfeifen. Oh my darling, oh my darling, oh my darling, Clementine. Sie hasste dieses Lied. Heath hatte es ihr immer vorgesungen, wenn er sie ärgern wollte.
Sie hätte sich eine Waffe beschaffen sollen. Irgendeine. Es gab so vieles, was sie hätte tun können. Stattdessen hatte sie es doch tatsächlich geschafft, sich auf dem Silbertablett zu präsentieren. Wenn jemand dem Klischee einer geistig unterbelichteten blonden Cheerleaderin entsprach, dann wohl sie.
Vor ein paar Wochen hatte ihr jemand per E-Mail einen als Witz gedachten Fragebogen geschickt, in dem es darum ging, einen Angriff von Zombies zu überleben. Sie hatte eine ziemlich hohe Punktzahl erreicht. Natürlich hatte sie angegeben, dass sie sofort zum örtlichen Waffengeschäft fahren und sich bis an die Zähne bewaffnen würde, bevor sie sich in einer abgelegenen Waldhütte im Norden verkriechen wollte. Okay, so etwas konnte man nicht unbedingt als Vergleich dafür heranziehen, wie sie sich in einer echten Notsituation verhalten würde, aber sie musste immer wieder an diesen Fragebogen denken. Zum Totlachen. Sie schaffte
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