Dark Inside (German Edition)
das schon. Wir finden Ihre Frau und Ihr Kind.«
MASON
Mason konnte nicht schlafen. Mitten in der Nacht ging er durch das Haus, die fast leere Whiskeyflasche in der Hand. Er war betrunken, aber der Höhenflug war schon wieder abgeebbt. Die Happy Hour war vorbei.
An den Wänden hingen Bilder, Chroniken seines Lebens:
Disneyland, als er sieben war. Er hatte geweint, weil er noch zu klein für die Achterbahn im Space Mountain gewesen war.
Mason als Fünfjähriger, in einem weißen Hemd mit Krawatte bei der Hochzeit seines Cousins. Er hatte die Ringe getragen. Jemand hatte ein Glas Rotwein auf seinem Hemd verschüttet, kurz bevor es losgegangen war. Er hatte geweint.
Mason als Baby mit knallroter Nase, lachend in der Badewanne. Eines der wenigen Fotos, auf denen er nicht geweint hatte.
Ein Bild von ihm und seinen Freunden an ihrem ersten Tag in der Highschool. Tom hatte den Arm um ihn gelegt. Sie waren nach dem Unterricht zu ihm nach Hause gegangen und seine Mutter hatte Sandwiches für alle gemacht. Ein Haufen glücklicher, hungriger Teenager.
Mit siebzehn vor seinem Auto. Okay, es war nicht neu, aber er hatte sich trotzdem riesig gefreut. Ein Jahr lang hatte er Teilzeit in einem Einkaufszentrum gearbeitet und das Geld gespart und erst in letzter Minute hatte seine Mutter noch ein paar Tausender dazugegeben, damit er ein sicheres Auto kaufen konnte und nicht mit einer rostigen Karre aus den Achtzigern herumgurken musste.
Mason mit vier. Damals hatte sein Vater noch gelebt. Auf dem Foto hielt ihn seine Mutter auf dem Arm. Sie trugen beide Sonnenbrillen und er hatte die Baseballmütze seines Vaters auf, die ihm mehrere Nummern zu groß war. Seine Mutter sah so glücklich aus; ihre offenen Haare wurden vom Wind durcheinandergeweht. Das Foto hatte sein Vater gemacht und später waren sie noch Händchen haltend am Strand spazieren gegangen. Es war gerade Ebbe gewesen. Sein Vater hatte ein paar der schweren Steine umgedreht, damit Mason sehen konnte, wie die jungen Krabben davontrippelten. Hinterher hatten sie noch frittierte Garnelen gegessen. Seine Mutter hatte gelacht, weil Mason gedacht hatte, die Tomatensoße für die Garnelen sei Ketchup, und sie über seine Pommes frites gekippt hatte.
Das Foto glitt ihm aus der Hand. Er sah zu, wie es in Zeitlupe auf den Boden fiel und das Glas über dem Gesicht seiner Mutter einen Sprung bekam. Er ging auf die Knie, hob den zerbrochenen Rahmen auf und schüttelte mit zitternden Fingern die Glasscherben herunter. Dann nahm er das Foto aus dem Rahmen und drehte es um, damit er den Text auf der Rückseite lesen konnte.
STANLEY PARK, SECOND BEACH IN VANCOUVER, BC – MASON UND MOM IN DER SONNE
Er konnte das Foto nicht länger ansehen. Sein Blick wanderte durch das Zimmer und suchte etwas, worauf er sich konzentrieren konnte. Schließlich fand er sein Spiegelbild auf dem dunklen Glas des Flachbildschirms.
Im Fernsehen wurde nichts mehr gesendet.
Irgendwann gegen Mitternacht war der Sendebetrieb eingestellt worden. Es wurde nicht angekündigt und es gab auch kein Notprogramm. Keine Meldung, dass es ein Test sei, nur ein Test. Es wurde einfach abgeschaltet und plötzlich war der Bildschirm schwarz geworden.
Auch das Internet funktionierte nicht mehr.
Mason machte sich nicht die Mühe nachzusehen, ob er mit seinem Mobiltelefon ein Netz bekam.
Bevor alles abgeschaltet worden war, hatte es eine Menge Fragen im Fernsehen gegeben. Nachrichtensprecher hatten den Leuten geraten, Ruhe zu bewahren, während sie sichtlich beunruhigt auf irgendetwas hinter der Kamera gestarrt hatten. Bleiben Sie zu Hause. Schließen Sie die Tür ab. Wenn Sie nicht allein bleiben wollen oder glauben, in Gefahr zu sein, rufen Sie bei der Polizei an, die Ihnen eine Liste mit Sicherheitszonen geben wird.
Bewahren Sie Ruhe.
Hubschrauber mit Reportern an Bord kreisten am Himmel und die Kameras filmten Unruhen in den größeren Städten wie New York und Chicago. Überall auf der Welt benahmen sich die Menschen unberechenbar, selbst in den Regionen, in denen keine Erdbeben gemeldet worden waren. Geraten Sie nicht in Panik. Los Angeles gab es nicht mehr. Sämtliche elektronische Kommunikation war zum Erliegen gekommen. Niemand wusste, welches Ausmaß die Schäden hatten. Aus Seattle und Portland kamen nur wenige Berichte durch. Die beiden Städte waren völlig zerstört. Es hatte unzählige Tote gegeben.
Geraten Sie nicht in Panik.
Mit den Bürgern der Vereinigten Staaten und der übrigen Länder geschah
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