Dark Kiss
hier ist.“ Ich hatte nach der Schule bei ihm zu Hause angerufen, obwohl ich mir schon gedacht hatte, dass er nicht dort war. Seine Mutter bestätigte mir, dass er auf dem College sei. Wenn ich ihn nicht im Crave aufspürte, erwischte ich ihn wahrscheinlich nie mehr. Außerdem wollte ich es vermeiden, mit ihm allein zu sein. Ein Treffen in der Öffentlichkeit mit vielen Leuten war mir deutlich lieber.
„Okay, wo ist er?“, fragte Carly. „Lass uns loslegen.“
Sie glaubte natürlich, ich wollte mich nur rächen, und beabsichtigte, mir als meine beste Freundin großzügig Schützenhilfe zu leisten.
Nicht einmal Carly hatte ich verraten, was hier tatsächlich vor sich ging. Falls ich mit jemandem offen darüber geredet hätte, dann mit Carly. Sie hätte mir noch am ehesten geglaubt, dass sich in der Stadt Engel und Dämonen herumtrieben.
Trotzdem schwieg ich. Carly hatte mich immer in Schutz genommen, wenn mich jemand blöd anmachte. Und ich wollte sie auf keinen Fall in ernsthafte Gefahr bringen. Blöde Bemerkungen von Klassenkameraden taten weh, doch goldene Dolche konnten töten.
Oh Gott, wenn ich nur nicht mehr an Bishop denken müsste, was ich leider permanent tat. Ich bekam ihn überhaupt nicht mehr aus meinem Kopf. Wenn er in der Schule nicht aufgetaucht wäre, hätte Kraven mich mit Sicherheit getötet. Ein ziemlich beklemmender Gedanke, um es mal harmlos auszudrücken. Ich verdankte Bishop also mein Leben, ganz gleich, was in der dunklen Gasse geschehen war.
„Ich muss allein mit Stephen reden“, erklärte ich. „Warte bitte hier auf mich.“
Carly musterte mich schräg von der Seite. „Ah, verstehe. Ich bin heute Abend also nur dein Chauffeur, ja? Darf ich ihm etwa nicht auch noch die Meinung sagen?“
„Glaub mir, so habe ich das nicht gemeint. Trotzdem will ich nicht abstreiten, dass dein Auto ziemlich praktisch ist.“
Ich grinste über ihre gespielte Entrüstung. „Das ist einfach was, das ich alleine klären muss. Wird dann nicht ganz so peinlich.“
Sie dachte darüber nach. „Und was ist, wenn er ziemlich überzeugend ist? Oh Sam, lass mich noch einmal deine köstlichen Lippen kosten … in dem Stil? Bleibst du dann auch brav standhaft?“
„Keine Sorge, das wird nicht passieren.“ Auch falls Stephen vollkommen unschuldig war, seine Reaktion nach dem Kuss sprach für sich selbst. Er hatte mich „Kleine“ genannt. Nein,ich hatte im Moment wirklich andere Sorgen, als mich in einen egozentrischen Collegeboy zu verlieben, egal wie süß ich ihn einmal gefunden hatte. Meine Verliebtheit war jedenfalls wie weggeblasen, was nach den jüngsten Ereignissen ja wohl auch kein Wunder war.
Außerdem bewies Bishops überwältigende Anziehungskraft auf mich, wie wenig die Sache mit Stephen mir tatsächlich bedeutet hatte.
„Du warst echt schwer verknallt in ihn. Bist du jetzt in einen anderen verliebt oder was?“, wollte Carly wissen.
„Was meinst du damit?“
Sie räusperte sich. „Jordan hat gesehen, wie du heute Morgen im Treppenhaus mit Colin gesprochen hast. Sie meinte, ihr hättet ziemlich nah beieinandergestanden.“
Ich zuckte zusammen. Diese verdammte Jordan. Meine persönliche Nemesis und ein totales Lästermaul. „Da war nichts.“
Carly zog die Augenbrauen hoch. Ich merkte ihr die Erleichterung an. „Wirklich?“Wenn ich ihr jetzt erzählte, dass er mich um ein Date gebeten hatte und ich ihn hatte küssen wollen, würde ich dafür bestimmt nicht den Pokal für die beste Freundin des Jahres bekommen.
„Colin ist für mich keine Option“, versicherte ich ihr schnell. „Ich interessiere mich nicht auf diese Art für ihn. Mach dir deshalb bitte keine Sorgen.“
„Ich bin fertig mit ihm. Aber …“ Sie rieb sich die Schläfen. „Mein Kopf explodiert, sobald ich nur daran denke.“
„Dann lass es lieber.“
„Obwohl ich nicht mehr mit ihm zusammen sein will, stört es mich, dass er eine andere hat. Das ist natürlich ein bisschen psycho, doch du verstehst mich trotzdem, oder?“
„Tu ich.“
Sie lachte, dann begann sie zu schluchzen. „Das ist alles total verrückt, ist mir ja auch klar. Er ist nur der erste Typ gewesen,der mich wirklich mochte.“
Ich hatte vollstes Mitgefühl mit ihr. Von nun an musste ich in Colins Nähe wirklich besser aufpassen. Ich wollte ihm – oder Carly – keinen falschen Eindruck vermitteln. „Tut mir leid, dass dich das alles so mitnimmt. Schau dir doch mal die anderen Jungs etwas genauer an. Paul ist verrückt nach dir.
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