Dark Kiss
Brust gestoßen bekam, oder man war verrückt und hatte keine Ahnung, was man zu tun hatte und wo man als Nächstes hingehen musste. Wenn das hier eine ausgeklügelte Mission sein sollte, an der Himmel und Hölle beteiligt waren, hätte ich etwas besser Geplantes und Kontrolliertes erwartet. Es gab zu viel, was schieflaufen konnte. Sogar Schulausflüge waren besser organisiert als das hier.
„Kannst du mir einen Gefallen tun?“ Ich nahm die Hand des Jungen. Er hatte geträumt, dass ich ihm helfen würde, und ichwürde mein Bestes geben, um genau das zu tun.
„Was?“, fragte er.
„Kannst du meinen … Freunden“ – mir fiel im Moment keine bessere Bezeichnung für Bishop und Kraven ein – „deinen Rücken zeigen? Sie müssen überprüfen, ob du ein bestimmtes Zeichen hast.“
Er schaute zu den beiden Jungs hinüber. „Meinen Rücken?“
„Es ist nicht so seltsam, wie es klingt“, antworte Kraven. „Also, weitgehend.“
„Ähm, okay.“ Der Junge stand von der Bank auf und hob sein Shirt hoch, sodass wir sein Mal sehen konnten. Er sah dem von Bishop sehr ähnlich – fedrig, mit einigen Linien und Schattierungen darin. Ziemlich groß, aber nicht so dunkel und gewaltig wie Kravens. Ein weiterer Engel.
„Enttäuschend“, murmelte Kraven. „Aber was soll’s.“
Bishop nickte, anscheinend zufrieden. „Danke, du kannst dich wieder hinsetzen.“
Erneut blickte der Junge mich an. „Du wirst mir helfen, versprichst du das?“
Ich nickte, und meine Kehle fühlte sich so zugeschnürt an, dass ich nicht schlucken konnte. Es machte mich krank, wenn ich daran dachte, was als Nächstes geschehen würde.
Bishop sah mich an und ließ seinen Blick auf mir ruhen. „Du kannst jetzt gehen. Wir kümmern uns darum.“
„Nein!“ Der Junge griff meine Hand und hielt mich davon ab, aufzustehen. „Bitte bleib.“
Wie bei Kraven konnte ich problemlos zwischen mir und dem Jungen eine Verbindung herstellen, sobald ich ihm in die Augen schaute. Obwohl er Angst hatte, versuchte er tapfer zu sein. Und er hatte die Wahrheit gesagt. Er hatte hier gewartet, weil er tief in seinem Inneren wusste, dass Hilfe unterwegs war und jemand nach ihm Ausschau hielt.
„Du bist mutig“, sagte ich zu ihm.
„Bin ich das?“
„Ja.“ Ich probierte zu lächeln, aber nicht allzu erfolgreich. „Alles wird gut. Ich verspreche es dir.“ Ich war zwar davon überzeugt, dass all das hier real war, dennoch bedeutete das nicht, dass ich es akzeptieren wollte. Mein Verstand versuchte alles zu leugnen, was mir erzählt worden war, und alles, was ich in der letzten Nacht bei Kraven beobachtet hatte … Und das Messer …
Genau das Messer, das Bishop nun aus dem Futteral zog, während der Junge seine Aufmerksamkeit auf mich richtete. Angst stieg in mir auf.
„Achtung“, warnte Kraven und begann laut zu pfeifen, als auf dem nahe gelegenen Pfad einige Leute an uns vorbeispazierten. Sie blickten nicht einmal in unsere Richtung.
„Sind wir abgeschirmt?“, fragte ich nervös. Kraven grinste. „Jetzt schon.“
„Bishop, warte …“, begann ich. Es musste einen anderen Weg geben, das zu tun.
Doch Bishop packte den Jungen an der Schulter und drückte ihn zurück gegen die Bank. Er blickte zu ihm hinauf und starrte dann auf den nun leuchtenden Dolch.
„Was bist du …“ Es waren seine letzten Worte, bevor die Waffe sein Ziel traf.
Jeder in zwei Blocks Entfernung hätte meinen Schrei gehört, wenn wir nicht „unsichtbar“ gewesen wären. So konnte niemand mich hören, und niemand konnte das hier sehen.
„Schau weg, Samantha“, fuhr mich Bishop an, aber ich konnte nicht.
Ich war außerstande, meinen Blick von dem Jungen abzuwenden, dem gerade vor meinen Augen ein Messer in die Brust gerammt worden war. Er umklammerte meine Hand so fest, dass er mir beinahe die Knochen brach, dann wurde sein Griff lockerer, und seine Hand glitt aus meiner. Seine Augen schlossensich, und er sackte in sich zusammen.
Dies war nicht real. Es war nur ein Ritual, das dem Jungen letztendlich helfen würde. Obwohl ich das wusste, zitterte ich wie verrückt. Ich erhob mich und taumelte von dem Körper fort. Es sah so echt aus. Es war eine Sache, zu wissen, dass etwas ein übernatürliches Ritual war und der Junge zurückkommen würde. Aber es war etwas anderes, ein paar Schritte von jemandem entfernt zu stehen, dem gerade ein Dolch in die Brust gestoßen worden war. Der Junge wirkte ziemlich tot. Vielleicht hatte sich Bishop geirrt und das hier war ein
Weitere Kostenlose Bücher