Dark Kiss
ich dich in Stücke.“
Das war lächerlich. Ich setzte einen mutigen Gesichtsausdruck auf, trat hinter der Ecke hervor und ging den Gang entlang auf sie zu. Die anderen drei sahen mich überrascht an. Bishop hob langsam den Kopf und schaute mir in die Augen. Bei seinem Anblick schlug mir das Herz höher. Ich hatte biszu diesem Moment nicht gewusst, wie sehr ich ihn vermisst hatte. Am liebsten wäre ich einfach zu ihm gerannt, aber ich hielt mich zurück. Wenn es um den Engel ging, spielten meine Gefühle verrückt. Ich begriff nicht, was ich für ihn empfand. Heute hatte ich schon zu viel begreifen müssen. Was ich für ihn fühlte, war echt, und dieses Wiedersehen bewies es mir.
„Hallo, was sagt man dazu?“, sagte Kraven. „Dir müssen ja die Ohren klingen, Süße?“
„Ein bisschen“, gestand ich. Die Begrüßung zwischen uns war beinahe schon als freundlich zu bezeichnen, gemessen an dem Blick, den ich von Roth zugeworfen bekam. Schließlich war ich eins der Dinger, die er heute aus purer Langeweile jagen und zur Strecke bringen wollte. Wenn er erzählte, dass er gestern drei getötet hatte, wie viele weitere gab es dann noch? Wie groß war das Problem mit den Grays in der Stadt geworden? Es war keine Massenpanik ausgebrochen, und es standen auch nicht an jeder Straßenecke Polizisten. Also hatten sie es wohl unter Kontrolle. Das hoffte ich jedenfalls. Wenn ich mir jedoch ins Gedächtnis rief, wie Bishop das Ritual durchführte, war es für alle ein sehr gewaltsames Ende. Obwohl mich Carlys Verhalten zu Tode erschreckte, war ich nicht der Meinung, dass sie es verdiente, dafür einen Dolch ins Herz gerammt zu bekommen. Paul hatte den Laden lebend verlassen, auch wenn ihm jetzt ein Teil seiner Seele fehlte. Ich hoffte nur, dass sie ihm keinen dauerhaften Schaden zugefügt hatte.
„Was guckst du so?“, fauchte ich Roth an.
Ein eisiges Lächeln umspielte seine Lippen. „Abendessen.“ Ich schauderte. „Träum weiter, Freak!“
„Jede Nacht.“
„Du wirst dich von mir fernhalten.“
Er zuckte die Achseln. „Vielleicht tue ich das, vielleicht auch nicht. Habe gehört, was du so anstellen kannst – unsere Gedanken lesen. Versuch das nicht bei mir.“
Ich schaute ihn eindringlich an und sah ihm länger, als es mir angenehm war, in die Augen. „Zu spät. Schon passiert.“ Ich musste sie nicht berühren, sondern ich brauchte nur Blickkontakt und einen offenen Geist. Heute schien er sich gut geschützt zu haben – ob es ihm nun bewusst war oder nicht.
„Er zog die Brauen zusammen. „Was denke ich denn gerade?“
Ich fühlte mich mit jedem Moment stärker. Die Kräfte von Himmel und Hölle – Natalie zufolge hatte ich Zugang zu ihnen. Das hier war nur ein Vorgeschmack.
„Du hoffst, dass niemand bemerkt, was für einen Schiss du hast. Und dass das alles eine Nummer zu groß ist. Du fragst dich, wie ein bedeutungsloser Arsch wie du für so eine Mission ausgewählt werden konnte.“ Ich zwang mich, ihn anzulächeln. „Ich umschreibe es natürlich nur, aber bin ich nahe dran?“
Er zuckte zurück, als hätte ich ihn tatsächlich geschlagen. Nett. Der Selbsthass dieses Typen ließ Kraven wie Mr Ausgeglichen wirken.
Doch ich war noch nicht ganz fertig. „Ich denke, du willst nicht, dass jeder hier erfährt, was für ein Feigling du in Wirklichkeit bist, oder?“
Seine Augen wurden zu Schlitzen. „Pass auf, Miststück.“ „Oh, das habe ich vor.“
Er stürmte aus dem Raum. Ja, ich hatte definitiv ins Schwarze getroffen, ich war mir aber nicht sicher, ob das so gut war. Er würde eine ziemliche Wut auf mich haben.
Zach berührte meinen Arm, und ich erschrak. Zwar hatte ich mir eine harte Schale zugelegt, doch innerlich zitterte ich schon wegen meiner bloßen Anwesenheit hier. „Ignoriere ihn, Samantha. Alles in Ordnung? Hast du dich von dieser Nacht erholt?“
Ich schaute hinauf in seine blassgrünen Augen und suchte darin nach Hinweisen auf Täuschung und Grausamkeit. Aberalles, was ich fand, war ein ernsthafter Engel, der wirklich wissen wollte, ob es mir gut ging.
„Es geht mir besser, danke! Wenn du mich nicht geheilt hättest … Aber darüber will ich gar nicht nachdenken.“
„Ich wünschte nur, ich könnte auch ihm helfen.“ Er nickte in Bishops Richtung.
Kraven sah mich nach meinem Wortgefecht mit dem anderen Dämon etwas verunsichert an. „Bist du jetzt hier, um deine Magie auf mein geliebtes Brüderchen anzuwenden, oder möchtest du uns vorher noch ein paar Kartentricks
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