Dark Lord. Immer auf die Kleinen! (German Edition)
großen Schreibtischen eingenommen, an denen Sekretäre, Ordnungshüter, Geistliche, Amtsgehilfen und Schreiber allem Anschein nach Verwaltungs-, Gesetzes- und Gerichtsangelegenheiten bearbeiteten. Vor den Tischen hatten sich lange Menschenschlangen gebildet, die alle darauf warteten, angehört zu werden.
»Wir können uns wohl schlecht dort anstellen und um eine Besuchserlaubnis bitten«, meinte Chris.
»Nein, auf keinen Fall«, antwortete Dirk, während er sich fasziniert umsah. »Hier bin ich noch nie gewesen. Außer in meinen Träumen, wenn ich mit einem Bataillon Orks angerückt bin und den verdammten Turm eingerissen habe, Stein für Stein. Wer hätte je geglaubt, dass ich eines Tages hier hereinspazieren würde, einfach so, frei wie ein Vogel!«
Ein Stück weiter begann der fette Lehrer seinen Schülern einen Vortrag zu halten über die mannshohen Gemälde, die rundherum die Wände zierten. Männer und Frauen, alle in weißen Gewändern, blickten aus luftiger Höhe auf die Besucher herab. Auf dem Kopf trugen sie silberne, mit blauen Steinen besetzte Diademe und in der Hand die unterschiedlichsten Arten von Zauberstäben.
»Hier seht ihr alle Magierinnen und Weißen Zauberer, die je gelebt haben, vom Ersten Zauberer bis zu unserem heutigen Großen Zauberer, Hasdruban dem Reinen, dem größten und besten aller Zeiten, möge er tausend Jahre leben!«
Dirk hatte die Arme vor der Brust verschränkt und lauschte mit einem leicht gezwungenen Lächeln auf dem Gesicht. Auch Christopher hörte interessiert zu.
»Der Erste Zauberer wurde vor vielen Tausend Jahren ernannt, als Antwort auf die immer mächtiger werdenden Vampirfürsten vom Sonnenlosen Winkel. Kurz nach der Zerstörung dieses üblen Ortes erschien der Dark Lord auf der Bildfläche – eine weit größere Gefahr! Er schickte seine Orklegionen aus, um uns alle in Angst und Schrecken zu versetzen. Nachdem die Siedlung Old Alt Tristess von diesem grausamen Wüstling niedergebrannt worden war, wurden die Vereinigten Gut-Staaten gegründet, als Heiliges Bollwerk gegen das Böse. Und seitdem schauen wir nur noch nach vorn und nicht mehr zurück!«
»Viele Tausend Jahre?«, raunte Christopher Dirk zu. »Wie viele Dark Lords hat es eigentlich gegeben?«
»Nur einen«, antwortete Dirk abwesend.
»Aber das würde bedeuten… du bist… Bist du wirklich schon so alt?«
»Na klar. Aber ich kann mich nicht mehr an alles erinnern. Einige Zeit verbrachte ich in verzaubertem Schlaf, an das Weltenherz gekettet, tief unten in den dunklen leeren Räumen im Mittelpunkt der Erde«, erklärte er zerstreut, seine ganze Aufmerksamkeit auf den Fetten Lehrer gerichtet, wie er ihn heimlich getauft hatte.
Christopher starrte ihn verwundert an.
»Und der Vorgänger des jetzigen Weißen Zauberers ließ sein Leben im Kampf gegen den Dark Lord«, fuhr der Fette Lehrer fort.
»Das stimmt nicht«, sagte Dirk auf einmal von hinten. »Er wurde vergiftet und ich hatte damit nichts zu tun… ich meine, der Dark Lord hatte damit nichts zu tun!«
»Wie kannst du es wagen! Was du da redest ist Ketzerei«, schimpfte der Lehrer. »Jeder weiß doch, dass er im Grenzland durch die heimtückische Magie des Dark Lords erschlagen wurde!«
Dirk funkelte ihn böse an. »Nein, das ist nicht …«, begann er, doch Christopher zupfte ihn am Ärmel und nickte zum Eingang. Ein Edler Ritter blickte zu ihnen herüber, wahrscheinlich hatte er das Wort Ketzerei aufgeschnappt.
»Sei still«, zischte Chris. »Vergiss nicht, warum wir hier sind!«
»Bei den Neun Höllen, du hast recht«, flüsterte Dirk zurück. Laut sagte er: »Ja, Sir, natürlich! Ich dachte, es wäre Gift gewesen. Mein Fehler, verzeihen Sie. Ich muss die Geschichte mit der von dem dreizehnten Zauberer, Gatulac dem Unreinen, verwechselt haben. Der war es, der sich selbst vergiftet hat, vor Scham, nicht wahr?«
»Ja, das ist richtig! Dort hängt sein Porträt. Gatulac der Unreine – er versuchte, mit dem Dunklen zu verhandeln. Stellt euch das vor! Er hat uns alle verraten und sich am Ende selbst das Leben genommen, als er das Ausmaß seines Verbrechens erkannte«, erklärte der Lehrer begeistert. »Denkt immer daran, Kinder: Mit dem Dark Lord kann es niemals Frieden geben, niemals! Er muss vernichtet werden mitsamt seinen Werken und seinem verkommenen Volk – den Orks, den Wichteln, den Nachtmahren, allen! Sie müssen alle ausgerottet werden, ein für alle Mal! Dieser hässliche Schandfleck muss ausgelöscht werden!«
Seine Stimme
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