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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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ging sie zum Frisiertisch hinüber und nahm ein blaues Band hoch. »Wir haben lange darüber nachgedacht, ob wir dich wirklich auf diese Schule schicken sollen.«
    Ich war verwirrt. »Nach St.   Cyprian? Warum hättet ihr mich nicht hinschicken sollen?«
    »Weil genau das hier jetzt das Ergebnis ist. Du bist von zu niedrigem Stand, um weit aufzusteigen, und jetzt bist du zu gut ausgebildet, um hier glücklich zu sein.«
    »Mutter, ich bin glücklich hier. Ich liebe euch.«
    Sie schüttelte den Kopf, trat vor mich und legte mir das Band um den Hals. »Glaub mir, Pamela. Du weißt, dass dein Großvater Graben geschaufelt hat. Ich habe über meinem Stand geheiratet. Ich habe dieses Spiel schon einmal gespielt, wenn auch nicht in dem Ausmaß, in dem du es musst. Und du hast keine Wahl, du musst mitspielen. Wenn du nicht wenigstens versuchst , gesellschaftlich aufzusteigen, wird man dich in den Staub treten. Du kannst nur gewinnen oder viel verlieren. Du musst das verstehen. Das ist es, was ich versuche, dir begreiflich zu machen.«
    Während sie das Band zu einer Schleife formte, fiel mein Blick auf die Trophäen vom Bogenschießen und ich verstand auf einmal ganz genau, was sie meinte. Ich war zu einer Lady ausgebildet worden und musste diesem Bild jetzt gerecht werden. Sogar wenn ich mich bewusst entschied, in der Gosse zu enden, würden die Blicke der Reichen und Mächtigen doch immer auf mir ruhen.
    »Und was den Besuch von Mr.   Allister angeht … ich bin tatsächlich aufgeregt. Das wäre ich bei jedem jungen Mann, der darum bittet, uns besuchen zu dürfen, Pamela. Für dich beginnt jetzt dieser Abschnitt deines Lebens.« Sie sah zum Fenster. »Ich werde dich nicht belügen. Ich bete jeden Abend darum, dass du eine gute Partie machst. Aber ich möchte nicht, dass du deshalb glaubst, unbedingt heiraten zu müssen.«
    Ich biss mir von innen auf die Wange. »Isambard hat gesagt …«
    »Isambard muss noch lernen, wann er besser den Mund hält«, unterbrach meine Mutter entschieden. »Auch wenn es stimmt, was er sagt, sind seine Gründe nicht sehr weise. Und außerdem ist jetzt nicht die Zeit, an so etwas zu denken. All deine Gedanken sind natürlich bei Nora und bei den Menschen dort draußen in den Straßen, und das ist richtig so.«
    Ich senkte den Blick auf meine Hände. »Aber Mr.   Allister kommt trotzdem vorbei.«
    Mum küsste mich auf die Stirn. »Genau.« Sie trat einen Schritt zurück und betrachtete mich. »Ich habe eine Überraschung für dich. Ich wollte es dir eigentlich zu Weihnachten schenken, aber ich glaube, du brauchst es jetzt schon.«
    »Eine Überraschung?«
    Sie ging hinaus und zu ihrem Zimmer. Während sie weg war, dachte ich darüber nach, was sie gesagt hatte. Aus irgendeinem Grund empfand ich im Moment jedoch eher Wut als Schicksalsergebenheit. Trotz der Versicherungen meiner Mutter kam es mir vor, als ob meine Schwärmerei für Michael durch all die Verhaltensregeln verdorben worden wäre. Durfte ich denn nichts einfach nur für mich haben? Durfte ich nicht einmal eine harmlose kleine Schwärmerei genießen, ohne dass sie gleich zu einer ernsten Angelegenheit wurde?
    Gleichzeitig war mir beinahe schlecht, so sehr schämte ich mich dafür, dass ich es tatsächlich genießen wollte. In meiner Erinnerung mischte sich Noras Stimme mit der von Michael. Wie glücklich wir doch alle erschienen waren an diesem Tag im Garten der seltenen Vögel.
    In diesem Augenblick wollte ich, nur für einen einzigen Moment, einfach frei sein. Frei von jeder Last, von jeder Angst. Nur für einen Moment.
    Doch ich wusste, dass das vermutlich nie geschehen würde.
    Als Mum zurückkam, trug sie ein langes unförmiges Paket, das in dünnes Papier gewickelt und mit einer Schleife verziert war.
    »Was ist das?«
    »Mach es auf und schau es dir an.«
    Das tat ich, wobei ich das Band sehr vorsichtig löste, um es später meiner Sammlung hinzuzufügen. Dann riss ich das Papier auf und ein schneeweißer Sonnenschirm mit einem kleinen elektrischen Licht an der Spitze kam zum Vorschein.
    »Wenn Nora erst zurück ist«, erklärte sie mir, »dann werdet ihr das hübscheste Paar sein, das dort draußen herumläuft. Welcher Junge, egal ob arm oder reich, könnte da schon widerstehen?«
    Ich hoffte verzweifelt, dass es so kommen würde, während meine Finger über die Knöpfe am Griff glitten.

    Nach dem Frühstück kam Isambard wieder nach Hause. Ich machte ein großes Theater um ihn, fragte nach seinem Befinden und brachte

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