Dark Love
keine kurzen Röcke mehr getragen, seit ich ein kleines Mädchen war, aber ich bin auch nicht strikt dagegen. Du hast ja gesehen, was ich mit dem Kleid gestern gemacht habe. Wadenlang ist okay.«
Chas gab einen spöttischen Laut von sich und öffnete die Schranktüren. Der Schrank war so vollgestopft, dass ich fast erwartete, dass sie jeden Moment von einer Kleiderlawine begraben wurde. »Leb mal ein bisschen, Mädchen! Du steckst hier mitten im Nirgendwo! Das ist der Grund, warum ich jetzt rauche und mir die Haare so färbe und all das.« Sie zog einen Rock heraus und hielt ihn sich vor die Hüfte. »Ich meine, was soll schon passieren? Wird mich schon nicht umbringen.«
»So kann ich nicht vor die Tür gehen!«
Chas lehnte mit unter dem Kinn gefalteten Händen an meiner Schulter, während wir beide mein Spiegelbild betrachteten. Es hatte eine Weile gedauert, bis sie sich auf dieses Outfit festgelegt hatte, aber jetzt stand ihre Entscheidung fest.
Ich sah aus wie eine Schlampe.
»Du siehst hinreißend aus, du Riesendummchen.«
Ich trug einen schwingenden, knielangen schwarzen Rock mit einer kurzen Krinoline darunter, außerdem schwarze Strümpfe und kniehohe schwarze Stiefel. Die weiße Bluse hatte Ärmel, die mir nur bis zum Ellbogen reichten, und steckte im Rocksaum. Mein Haar hatte Chas mit einem weißen Band zurückgebunden, damit es aus dem Weg war.
»Man kann deine Beine doch nicht mal sehen! Und stell dir nur mal vor, wie das erst aussieht, wenn du ein enges Pistolenholster dazu trägst … oh, das stelle ich mir unheimlich süß vor.«
»Es ist so unanständig!«
»Tja, eigentlich wollte ich gerade klopfen, aber jetzt frage ich mich, ob ich’s besser lassen sollte«, ertönte Brams Stimme vom Korridor. Er war zurück.
Ich funkelte Chas an. »Wehe.«
Kichernd wich sie rückwärts in Richtung Tür aus. Ich sah sie weiter drohend an, dann fiel mein Blick auf die Waffe. Sie erriet meine Gedanken und hielt inne. Es war wie in einem dieser alten Western.
Dann hechteten wir gleichzeitig los. Sie sprang zur Tür und ich zu meinen Klingen. Sie war schneller und riss die Tür weit auf. Gerade als ich die Waffe hochriss, stand Bram da und starrte mich an.
Ich warf die Klingen wieder auf das Bett und schnitt eine Grimasse. Wenn er auch nur ein Wort sagte … »Und?« Ich breitete die Arme aus. »Immerhin war das deine Idee.«
Er betrachtete mich, als sähe er mich zum ersten Mal. Wieder fühlte ich, wie ich rot wurde. Tatsächlich konnte ich mich so schneller bewegen, und genau das hatte ich ja auch gewollt, aber das war jetzt Nebensache. Ich fühlte mich nackt.
Bram räusperte sich und sagte dann: »Was ist das nur mit euren Zimmern? Weißt du, Chas, wir haben da diese Inspektionen …« Er wandte den Blick betont von mir ab und musterte das Chaos um ihn herum.
Chas feixte. »Und, meldest du mich jetzt?«
»Nein.« Ohne einen weiteren Blick zurück streckte er mir seine Hand entgegen. »Komm schon, Nora. Ich will noch vor Mitternacht mit dem Training anfangen.«
Ich kam mir auf einmal sehr … verloren vor. Ich wusste nicht, ob es ihm nun gefiel oder nicht. Aber warum kümmerte es mich überhaupt, was er dachte?
Ich nahm die Klingen wieder in die Hand und ging zu ihm, allerdings ohne seine Hand zu ergreifen. Chas lächelte mich an. »Du siehst wirklich süß aus. Glaub’s mir. Mach einfach so weiter wie bisher und alles ist gut. Niemand hält dich für eine Schlampe.«
»Und womit soll ich weitermachen? Was mache ich denn?«
Chas schüttelte ihr feuchtes Haar aus. »Du verbringst deine Zeit mit einer Untoten. Du lässt zu, dass sie dich berührt und mit dir über alles Mögliche redet, ohne rumzukreischen oder so. Wie auch immer, wir sehen uns!«
Ich folgte Bram schweigend wieder in den Hof. »Sie hat recht, weißt du«, sagte er nach einer Weile.
»Mit was? Meinst du die Sache mit dem Berühren?«
»Ja.« Bram beobachtete mich aus dem Augenwinkel. »Was wir uns am meisten wünschen, ist, einfach behandelt zu werden wie jeder andere auch … und … na ja …« Er ging ein wenig schneller und ich musste joggen, um mitzuhalten. »Und mit den Kleidern hat sie auch recht, es sieht wirklich gut aus.«
Den letzten Teil sagte er so schnell, dass ich die Worte in meinem Kopf erst auseinandersortieren musste. Als ich sie endlich entschlüsselt hatte, blieb ich mitten auf dem Hof stehen und lachte. Es war einfach zu albern.
»Miss Dearly?«
Das war nicht Bram. Zuerst stand ich nur da wie vom
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