Dark Love
Donner gerührt und sagte mir, dass ich mir das nur einbildete.
»Ich glaube, er wird uns sehr bald verlassen, Miss Dearly.«
Der Klang dieser Stimme war für immer in mein Gedächtnis gebrannt. Langsam drehte ich mich um. Keine drei Meter von mir entfernt stand er. Horatio Salvez.
Ich ließ die Waffe fallen, rannte auf ihn zu und warf ihm die Arme um den Hals. Er drückte mich an sich. »Oh, Miss Dearly, Sie haben ja keine Ahnung, wie froh ich bin, Sie zu sehen. Ich war da in der Nacht, in der man Sie geholt hat.«
Ich fühlte Tränen in meinen Augen brennen. Ich löste mich ein wenig von ihm, sodass ich in sein hageres, freundliches Gesicht sehen konnte. »Sie waren da? Dann arbeiten Sie jetzt also auch hier? Oder arbeiten Sie noch immer für meinen Vater?«
»Beides. Wir sind jetzt alle hier.« Er zog mich wieder an sich und ich wehrte mich nicht. »Sie ahnen ja nicht, wie erleichtert ich bin, Sie in Sicherheit zu wissen.«
»Dann wussten Sie also von ihm«, flüsterte ich gegen seinen Kragen. »Sie wussten, dass er noch am Leben war.«
Er ließ die Arme sinken. »Ja. Es tut mir leid, dass wir es Ihnen nicht sagen konnten.« Sanft schob er mich ein wenig zurück. »Es tut mir sehr leid. Er wollte es so … aber, glauben Sie mir, ich habe mir so oft gewünscht, das wiedergutmachen zu können.«
In Horatios Miene lag ein so tiefes Bedauern, dass ich mich entschloss, das Thema fallen zu lassen. »Das können Sie«, sagte ich stattdessen. »Anscheinend hat man beschlossen, dass ich zu niemandem Kontakt aufnehmen oder erfahren darf, was sich außerhalb des Stützpunktes abspielt. Es kommt mir fast so vor, als sollte mir etwas verheimlicht werden.«
Horatios Blick wanderte von mir zu Bram und wieder zurück. »Äh … man hat mich ohnehin damit beauftragt, Sie zu Wolfe zu bringen. Dann können Sie ihn gleich selbst fragen.«
Endlich . »Bestens.«
Horatio nickte. »Ich bringe sie bald zurück, Captain Griswold.«
Bram hob die Sense auf. Aus irgendeinem Grund blickte er finster drein. »Geh danach in die Kantine. Wir treffen uns wieder, nachdem du gegessen hast, wie klingt das?«
»Okay.«
Ohne weitere Umstände führte Salvez mich über den Westhof und durch das Mitteltor. Im Osthof machten mehrere Zombies ihre Drillübungen und wir mussten uns nahe der Wand halten und den längeren Weg um den Hof herum einschlagen. Vom Anblick der Soldaten abgelenkt, erkannte ich nicht gleich, wo Wolfes Büro lag, obwohl es angesichts der Menschentraube davor offensichtlich war. Ich erkannte ein paar der Wissenschaftler und hörte Samedis sardonische Stimme, während ich ins Gebäude geschleust wurde.
»Wir bleiben südlich des Panamakanals, hat er gesagt. Das ist eine natürliche Brandschneise, hat er gesagt. Was soll schon schiefgehen, hat er gesagt.«
»Was ist hier los?«, fragte ich Horatio. Die Frau am Empfangstisch musterte uns, als wir vorbeigingen. Sie war ein Zombie. Ihrer unteren Gesichtshälfte fehlte die Haut, ihre Muskeln waren verdorrt und die Zähne fleckig.
»Ähm, die üblichen Rotationsgespräche«, antwortete er, sah mich dabei jedoch nicht an. »Unsere Einheit ist gerade erst eingetroffen. Wolfe hat mich gleich abgefangen.«
Ich horchte auf.
Wolfe wartete oben auf uns. Als ich eintrat, stand er auf und verbeugte sich. »Miss Dearly.«
Ich knickste. »Captain Wolfe.«
Während er sich wieder setzte, ruhte sein Blick auf meinem kurzen Rock. Ich presste die Knie zusammen und versuchte, mich nicht zu schämen. »Wie … nett, endlich mit Ihnen zu sprechen. Bitte, möchten Sie sich nicht setzen?«
Das tat ich, wobei ich den Rock über meine Knie drapierte. Horatio setzte sich neben mich.
»Dann haben Sie also Kleider gefunden, die Ihrem Geschmack entsprechen, ja?«
»Ich trage sie zum Training.« Sie Perversling , hätte ich gerne noch hinzugefügt.
»Training? Sollte ich nachfragen?«
»Captain Griswold unterrichtet mich in Selbstverteidigung.«
Wolfe zog die Brauen zusammen und trommelte mit seinen fleischigen Fingern auf die Tischplatte. »Ach, tut er das?«
»Nun ja«, erwiderte ich knapp. »Ich bin hier immerhin von lebenden Toten umgeben.«
Wolfe schien sich bei dieser Aussage ein wenig zu entspannen und ließ sogar ein kurzes, grollendes Lachen hören. »Da ist allerdings was dran. Es freut mich, dass Sie das nicht vergessen haben, Miss Dearly. Denken Sie auch weiterhin immer daran, dass man ihnen nicht trauen kann.« Er musterte mich wieder prüfend. »Dass man ihnen niemals trauen
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