Dark Love
Mein ganzer Körper fühlte sich an, als stände er in Flammen, und ich konnte seinen Griff kaum spüren.
Gerade als ich über die Schwelle stolperte, hörte ich meinen Bruder schreien. Ich wollte mich umdrehen und mich zurückkämpfen, doch Michael schob mich weiter.
»Issy!«, kreischte ich.
»Bleiben Sie hier und finden Sie etwas, mit dem man die Tür verbarrikadieren kann!« Mit diesen Worten zog er den Hammer aus seinem Gürtel, wandte sich um und rannte zurück zur Marmortreppe.
Nein.
Ich wollte ihm nachlaufen.
Doch dann schlug Vespertine krachend die Tür vor mir zu und hätte mich fast eingeklemmt. »Er hat recht! Wenn wir nichts finden, um sie auszusperren, ist keiner von uns lange sicher!«
Ich konnte mich nicht rühren. Was war passiert? Ich konnte die Stimmen von Michael und meinem Bruder hören, gedämpft, so weit entfernt …
» Na los, Roe!«
Ich antwortete nicht. Ich hatte keine Ahnung, was passiert war. Waren die Jungen in Ordnung? Was, wenn nicht?
Frustriert verpasste Vespertine dem Türschloss einen Schlag. »Zur Hölle mit ihm, er hat es zerstört!«
Aus irgendeinem Grund riss mich das in die Realität zurück.
Ich sah mich um. Das Foyer des Museums war weitläufig, die Sandsteinwände verziert mit Reliefs der bedeutendsten Ereignisse der neuviktorianischen Geschichte. Über der Tür hing eine Abbildung der Gründerfamilien, wie sie in Jeans und T -Shirts den Rio Grande überquerten. Die Längsseite gegenüber dem Eingang zeigte die Genesisflut, eingerahmt von acht weiteren Bildern: die Gründung des Byron-Instituts, das Reed-Massaker, Szenen des alltäglichen Lebens. Dazwischen wurden verschiedene Gegenstände ausgestellt: Vasen, Ritterrüstungen und große Marmorstatuen, die man aus den Städten im Ödland gerettet hatte. Sie stellten die wertvollsten Schätze des Museums dar. In der Mitte der Halle sprudelte ein Brunnen.
»Die da«, brachte ich hervor und deutete auf die Marmorstatuen. Vespertine wandte sich um, sodass sie die Tür jetzt im Rücken hatte. »Wir müssen versuchen, sie hierher zu schieben.«
»Das schaffen wir niemals«, widersprach sie.
»Irgendwelche besseren Vorschläge?«
Bevor Vespertine etwas entgegnen konnte, wurde sie von der auffliegenden Tür nach vorne geschleudert. Ihr Schrei hallte von den Wänden wider.
»Es ist Michael!«, rief ich, während ich sah, wie er und Issy durch die Tür hineinstolperten. Die gierigen Arme der Untoten folgten ihnen. Michael drehte sich um und versuchte, die Tür wieder zuzudrücken. Vespertine eilte ihm zu Hilfe, doch es gelang ihnen nicht. Die Toten verstopften den verbliebenen Spalt.
»Nicht nachlassen!«, knurrte Michael. »Erschießen Sie sie, Miss Roe!«
Ich hatte nur noch vier Pfeile übrig und es würde nichts nützen, wenn ich die Arme traf. Meine Gedanken rasten und ich rannte zu einer Ritterrüstung hinüber, die eine verhältnismäßig kleine, doppelschneidige Streitaxt hielt. Ich zog die Axt aus der Metallhand ihres Eigentümers. »Aus dem Weg, alle!«
Michaels Augen weiteten sich, als er erkannte, was ich vorhatte. Er wiederholte meinen Ruf. »Alle hierher, hinter die Tür! Drückt dagegen!« Isambard kam den anderen langsam zu Hilfe.
Und dann rannte ich auf die Tür zu und holte aus.
Das Geräusch, das die Axt verursachte, als sie die Glieder der Zombies traf, war feucht, brutal und Übelkeit erregend. Es war nicht der Laut, den man beim Metzger hörte, wenn er das Fleisch sauber vom Knochen trennte. Es war grob und erbarmungslos. Die Zombies brüllten auf vor Zorn. Ich schloss die Augen und presste die Lippen aufeinander, um meinen Mund zu verschließen. Ich holte nicht einmal Luft, während ich weiter auf sie einschlug. Ich hörte nicht auf, bis ich das Klicken der einrastenden Tür vernahm und spürte, wie die Axt in Holz drang.
»Den Tisch da! Na los, kommt schon!«, kommandierte Michael.
Langsam öffnete ich die Augen und sah nach unten. Meine Kleider waren mit schwarzem Blut getränkt und auf dem Boden vor mir lag ein Haufen schleimigen zerhackten Fleisches.
Mein Gott.
Ich ließ die Axt fallen und rannte zum Brunnen. Ich bespritzte mich mit Wasser und schrubbte mir die Haut ab. Alles um mich herum verblasste. Ich hörte und sah nichts mehr. Es war, als wäre die Welt in einem kochenden Teekessel gefangen. Kessel verstummen, kurz bevor das schrille Pfeifen einsetzt. Hatte Lord Ayles sich nicht genau so infiziert? Als er mit Dearlys Blut in Berührung gekommen war? Hatte er nicht genau das
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