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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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zischte er, während er an dem Einstellrad herumdrehte. Mit dem Headset gab er sich gar nicht erst ab. »Wolfe, Sie sollten mir zuhören, wenn Sie wissen, was gut für Sie ist. Ich muss erfahren, was vor sich geht. Wolfe? Gehen Sie schon ran, Sie Pestbeule! Hören Sie mir zu!«
    Henry kam auf die Füße und half mir auf. Averne bemerkte es nicht. »Ich k-kümmere mich um ihn.« In seinen Augen lag ein Lodern, das ich noch nicht kannte. Ich sah zu, wie er mit seiner noch vorhandenen Hand meinen gefalteten Umhang auseinanderschlug und vorsichtig eines der Fläschchen herausnahm. Dann schlich er von hinten auf Averne zu.
    »Wolfe!« Jetzt griff Averne doch nach dem Headset und setzte es auf, nachdem er die Einstellungen vollendet hatte. »Wolfe, melden Sie sich! Machen Sie gefälligst Ihren Job! Ich muss wissen, wie weit wir sind!«
    Da packte Henry Avernes Schal und riss ihn herunter.
    Ein kränklich aussehender Mann mit pilzbefallener Haut und einem schäbigen Backen- und Schnauzbart kam darunter zum Vorschein. Er mochte einmal von stattlicher Statur gewesen sein, doch jetzt hing sein Fleisch schlaff an den Knochen, seine Zähne waren gelb und die Haut um die Nase war rot und infiziert. Er öffnete den Mund, um eine weitere Schimpftirade auf uns niederprasseln zu lassen, da holte Henry aus und verpasste ihm einen gehörigen Faustschlag. Averne fiel von seinem Stuhl in das Salz und krallte in dem Versuch, sich wieder aufzurichten, die Hände hinein.
    »Monster!«, tobte er. Blut tropfte aus seinem Mundwinkel. »Dämonen der Hölle! «
    Bevor er sich aufrappeln konnte, setzte sich Henry auf seine Brust und stopfte ihm das Glasfläschchen in den geöffneten Mund. »Wenn das Glas zerbricht, sind Sie t-tot. Genauso tot wie ich.« Henry hielt die Spitze des Glasfläschchens weiter gepackt und drückte es erbarmungslos nach unten. Avernes Augen weiteten sich und er rührte sich nicht. Das war zwar eine eher unkonventionelle Version des klassischen Rings durch die Nase, doch es funktionierte.
    Ich verlor keine Zeit, humpelte hinüber und setzte mich an das Kontrollpult. Ich setzte das Headset auf und bog mir das Mikrofon vor den Mund.
    »Hier spricht Dr.   Victor Dearly. Ich sende von einem Ort mit unbekannten Koordinaten. Können Sie mich hören?« Ich hielt einen Moment inne, um meine Stimme sicher unter Kontrolle zu haben, dann sprach ich weiter. »Captain Wolfe, Sie erbärmlicher Fleischsack, sind Sie da?«
    Ich musste mich dazu zwingen, meine zitternden Finger vom Sendeknopf zu nehmen, weil ich ihn beinahe durch die Tischplatte gedrückt hätte.
    Averne wand sich, doch Henry hatte ihn festgenagelt. Er drückte ihm das Fläschchen tiefer in den Mund, als unbedingt nötig war, bis Averne hustete und nach Luft rang, dann lockerte er den Griff.
    Es kam keine Antwort über Funk, also versuchte ich es noch mal. »Hier spricht Dr.   Victor Dearly. Ich sende von einem Ort mit unbekannten Koordinaten. Können Sie mich hören, over? Wolfe?«
    Nach einigen weiteren verrauschten Sekunden gab ich es auf. Ich rückte meine Brille gerade, beugte mich weiter über das Radio und stellte eine unserer üblichen Frequenzen ein.
    »Hier spricht Dr.   Victor Dearly. Ich sende von einem Ort mit unbekannten Koordinaten. Können Sie mich hören, over?«
    Bitte antwortet, irgendjemand.
    »Dearly, Ihre Stimme klingt so süß in meinem Ohr, wie Luft für einen Ertrinkenden schmecken muss.«
    Ich lachte schallend auf und stieß die Arme in die Höhe, bevor ich den Sendeknopf wieder drückte. »Baldwin, Sie alter Teufel, das Gleiche könnte ich jetzt auch sagen!«
    »Ich war beinahe schon bereit, Sie abzuschreiben! Ein Glück, dass ich am Funk war … Salvez, kommen Sie rüber!«
    Plötzlich verstand ich, was der Ausdruck »schwindlig vor Glück« wirklich bedeutete. »Horatio!«
    »Victor! Du bist in Ordnung!« Salvez klang, als würden ihm jeden Moment die Knie nachgeben.
    »So einigermaßen, ja. Könnt ihr dieses Signal zurückverfolgen? Ich bin hier irgendwo in Bolivien.«
    »Bin schon dabei. Sobald die Computer das kleine Kunststück erledigt haben, sind wir so weit«, antwortete Samedi von etwas weiter hinten.
    Ich sammelte mich, bevor ich weiterfragte. »Ist Wolfe auch da?«
    »Nein, warum?«
    Es dauerte einen Moment, bis ich meine Antwort formuliert hatte. »Ich habe noch keine endgültigen Beweise, aber nach allem, was ich erfahren habe … hat Wolfe uns verraten. Er hat mich hierhergeschickt. Er kollaboriert mit den Punks.«
    »Was?«,

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