Dark Love
erfährt, dass ich überhaupt mit Ihnen gesprochen habe. Aber ich wollte nicht, dass Sie sich fürchten.«
Er klang so zerknirscht, dass er mir beinahe leidtat. Ich setzte mich gerader hin. »Wenn ich eine Frage stelle, dann tue ich das im Allgemeinen, weil ich Informationen will. Also musst du dich deshalb nicht entschuldigen, sondern einfach weiterreden.«
»Okay, also dann.« Ich hörte, wie er sich zurechtrückte. »Die finsteren Gestalten sind hungrige Killermaschinen ohne jeden Verstand. Es scheint drei verschiedene Arten von ihnen zu geben. Da sind zum einen die einsamen Wölfe, die überall nach Beute suchen, wo immer sie welche finden können. Dann gibt es noch die Zombies, die sich zu Jagdzwecken zu einem lockeren Gruppenverband zusammengeschlossen haben. Und dann wären da noch die Untoten, die graue Uniformen tragen und einem unbekannten Anführer dienen, dessen Stützpunkt wir aus verschiedenen Gründen nicht ausfindig machen können.«
»Das ist jetzt aber wirklich gruselig«, gab ich aufrichtig zu, als ich mir die uniformierten Monster wieder ins Gedächtnis rief.
»Das ist es.«
Ich ließ ein weiteres Schloss aufschnappen. »Und warum sind sie hinter mir her?«
»Wir wissen es nicht.«
»Dann rate.«
»Na ja, ich schätze mal, der Grund dafür ist, dass Sie immun gegen den Lazarus sind.«
Ich schnaubte, doch mein Herz begann zu rasen. »Woher willst du das wissen?«
»Ihr Vater hat es herausgefunden. Sie haben nach seinem Biss gefragt. Nun … er war ein Träger der Seuche. Und irgendwann muss er auch Sie damit infiziert haben. Und hier sind Sie nun.«
Die Welt verdunkelte sich am Rande meines Sichtfeldes. Langsam hob ich den Kopf und starrte die Tür an. Volle zehn Minuten lang vergaß ich, wie man sprach.
»Wie bitte?«
Ich wusste, dass sie mich sehr genau verstanden hatte, deshalb schwieg ich.
Ein weiteres Schloss wurde klickend geöffnet. »Sprich weiter«, verlangte sie.
»Ich habe nicht auf ein Schloss gewartet, Sie müssen keines öffnen, wenn Sie nicht wollen.« Ich hielt sie absichtlich hin, nachdem mir klar war, dass ich meine Befugnisse weit übertrat, indem ich ihr alles erzählte. Die Notiz, in der ich ihr dieses alberne Spiel vorgeschlagen hatte, das wir jetzt spielten, hatte ich in einem unbedachten Moment geschrieben. Zu dem Zeitpunkt hatte meine Hauptsorge darin bestanden, ihr den Schock zu ersparen, mich vor ihrer Tür zu finden. Und ich hatte gehofft, sie schließlich davon überzeugen zu können, dass sie in das Quartier ihres Vaters umzog.
»Tu’s einfach!«
Ich unterdrückte den Seufzer, der in meiner Brust aufstieg. »Als er ihn biss, übertrug der erste Wirt die Krankheit auf Ihren Vater. Allerdings tötete sie ihn nicht. Dr. Dearly hat mir oft erzählt, dass er nach all seinen Beobachtungen angenommen hatte, der Verlauf wäre unausweichlich tödlich. Er zählte zwei und zwei zusammen, schrieb Abschiedsbriefe an Sie und Ihre Mutter und trug ständig eine geladene Pistole bei sich. Schließlich benutzte er sie, um die zu erschießen, die tatsächlich starben und wieder erwachten.« Ich hielt inne. Ich war mir wirklich ganz und gar nicht sicher, wie viel ich ihr erzählen sollte. Dr. Dearly war seit unserer ersten Begegnung zu einem guten Freund geworden und er hatte mich ins Vertrauen gezogen.
»Ich muss etwa … neun Jahre alt gewesen sein, als das passierte, oder? Vielleicht auch erst acht?«
»Könnte stimmen, ja. Ich weiß es nicht.«
»Er war damals oft nicht zu Hause. Er war im Einsatz.« Ihre Stimme klang auf einmal belegt und ich fragte mich, ob sie vor ihrem inneren Auge Erinnerungen betrachtete und darin nach etwas suchte, das ihr bisher entgangen war.
Ich schürzte nutzloserweise die Lippen und fuhr fort: »Zunächst war er euphorisch und malte sich aus, dass man aus seinem Blut vielleicht einen Impfstoff oder etwas Ähnliches gewinnen könnte. Aber dann stellte sich heraus, dass er die Krankheit keineswegs besiegt hatte. Sie war einfach … es ist nicht leicht zu erklären. Sagen wir einfach, dass sie sich in seinem Fleisch einnistete, ohne ihn zu töten.« Ich legte die Fingerkuppen aneinander und sah lieber auf meine Hände als auf die Tür. »Leider konnte er den Virus aber trotzdem übertragen. Also wurde Protokoll D ins Leben gerufen.«
»Protokoll D ?«
»›Protokoll D ‹«, zitierte ich. »›Jeder Lebende, der nicht daran interessiert ist, seine Körperfunktionen stillzulegen, sollte vermeiden, mit Körperflüssigkeiten von Dr.
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