Dark Love
Ihre Mutter hatte sich mit dem Lazarus infiziert.«
Keine Reaktion.
»Es war ein Unfall«, fügte ich schnell hinzu. »Wir wussten damals noch nicht so viel über die Krankheit wie jetzt. Er ahnte, dass sie durch Körperflüssigkeiten übertragen wurde, und traf Vorkehrungen, aber irgendwie … hat sie es doch bekommen. Er tat alles, was in seiner Macht stand, aber schließlich erlag sie der Krankheit. Und …«
Jetzt kam der wirklich üble Teil.
»Sag es mir«, Noras Stimme klang belegt. Weinte sie? Meine Eingeweide verkrampften sich bei der Vorstellung, dass sie wieder zu weinen begonnen hatte. Sich das anzuhören war schon beim ersten Mal schlimm genug gewesen.
»Er … behandelte sie. Mehrere Monate lang. Er wollte versuchen, irgendein Heilmittel zu entwickeln. Eine Weile lang sprach sie gut auf seine Behandlungsmethoden an und er glaubte, alles würde wieder gut werden und er könnte alles irgendwie wieder in Ordnung bringen. Aber manchmal ist es mit Lazarus nun mal so, manchmal schädigt er das Gehirn. Schließlich war sie nicht mehr Ihre Mutter, sie war nur noch ein Wirt. Wie die Kreaturen, die Sie verfolgt haben. Ein paar Synapsenverbindungen, gerade genug, um Befehle befolgen zu können, mehr nicht.«
Und dann weinte sie wirklich. Ihr wimmerndes Schluchzen zerriss mir das Herz. Fast wäre ich aufgestanden und hätte versucht, die Tür zu öffnen. Das Einzige, was ich tun wollte, mein tiefstes instinktives Verlangen in diesem Moment war, sie wieder in die Arme zu nehmen und zu trösten.
Ein dunkler, trotziger Teil meines Verstandes erinnerte mich daran, dass ich sie damit nur noch mehr verängstigt hätte, selbst wenn die Tür nicht verschlossen gewesen wäre.
»Miss Dearly … Nora?«, fragte ich und rutschte näher an die Tür heran.
»Bitte … sag … nichts«, hickste sie.
Ich nickte, obwohl sie das ja nicht sehen konnte. Mindestens zehn Minuten lang lauschte ich ihrem Schluchzen. Dieses Geräusch – und die Tatsache, dass ich nichts tun konnte – bewirkten, dass sich jeder Muskel meines Körpers verkrampfte und ich so fest wie möglich die Zähne zusammenbiss.
»Deshalb durfte ich nicht in ihren Sarg schauen … o Gott«, endlich stieß sie hörbar die Luft aus. »Er hat sie umgebracht.«
»Nein!« Ich hatte nicht brüllen wollen, und mit einiger Anstrengung senkte ich die Stimme wieder. »Er hat sie nicht umgebracht, Nora. Dein Vater ist kein Mörder. Ist dir klar, wie viele Jahre er sich aufgeopfert hat, um andere zu retten ?«
»Wie viele Jahre er sich aufgeopfert hat, um …? Er ist schuld an der Krankheit meiner Mutter! Meinst du … er hat es ihr nie gesagt? Er hat ihr nie gesagt, was mit ihm geschehen ist? Mir hat er es nie gesagt!«
»Es war ein Unfall!« Ich sprach noch leiser. »Er hätte niemals einem von euch wehgetan, wenn er es hätte verhindern können. Deshalb hat er nichts gesagt. Er hat euch so geliebt. Seit ich ihn kenne, spricht er nur von dir … er vermisst dich so sehr.«
Moment mal.
Verdammt, jetzt habe ich es ihr doch verraten.
»Was meinst du damit, er spricht nur von mir?«, hakte sie nach.
Mist, Mist, Mist.
»Nora …« Irgendwie musste ich das wieder geradebiegen.
»Was meinst du damit, seitdem du ihn kennst? Du bist ein Punk! Ihr wart nie in der gleichen Armee! Als wir uns auf der Straße getroffen haben, hast du gesagt, ihr wärt zusammen beim Militär gewesen, aber du bist ein Punk !«
Ihre Stimme bekam wieder diese hysterische Note. Ich musste etwas tun, bevor die gesamte Besatzung des Stützpunktes sie hörte und sich auf dem Gang vor meinem Zimmer versammelte. »Er ist einer von uns. Er gehört zu uns, Nora … Nora, hör mir zu. Hör mir zu und ich sage dir die Wahrheit …«
»Er gehört nicht zu euch!«, schrie sie. »Er ist tot! Wirklich tot ! Sie haben ihn begraben. Ich habe ihn begraben! Ich habe ihn, verdammt noch mal, in einem Loch in der Erde versinken sehen!«
Sie rang mit ein paar tiefen Atemzügen um Fassung. Ich gab ihr so viel Zeit, wie sie brauchte, und malte mir derweil aus, was wohl einst auf meinem Grabstein zu lesen sein würde. R.I.P., Capt. Abraham R. Griswold. Er war zu nichts zu gebrauchen und brachte Mädchen zum Weinen.
Als sie wieder sprach, hatte sie den Kampf verloren und schluchzte wieder. »Sie haben mich aus dem Zimmer geworfen, sobald er gestorben war. Ich durfte nicht bei ihnen bleiben …«
»Weil sie wussten, dass er wieder aufwachen würde«, erklärte ich.
»Sie haben seine verhüllte Leiche auf
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