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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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einer Bahre aus dem Haus getragen und verhindert, dass ich ihm folgte«, weinte sie. Ihre Stimme bebte.
    »Er war unter dem Tuch bei Bewusstsein.«
    »Er hat etwas über seinen Körper gesagt, kurz bevor er … o mein … nein … nein.«
    Ich machte mir allmählich Sorgen, sie könnte in einen Schockzustand fallen. Ich berührte die Tür. »Nora, lass mich rein. Ich schwöre, ich werde dir nicht wehtun. Nichts will ich weniger als das.«
    »Nein, nein, nein …«
    »Dann mach wenigstens die Tür auf, Nora. Lass mich dich sehen. Okay? Mach die Tür auf.«
    »Nein, nein, nein!«
    Ich sog die Luft ein und sammelte mich für den Einsatz meiner schaurigen Zombiestimme. Ich wollte es nicht, aber vielleicht konnte ich so ihre Aufmerksamkeit zurückgewinnen. »Nora, öffne die Tür !«
    Plötzliche Stille.
    »Nora, bist du in Ordnung?«
    Nichts.
    »Nora?«
    Ich redete weiter, aber mindestens zehn Minuten lang sagte sie kein Wort. Als sie endlich doch sprach, war ich bereits aufgestanden und hatte begonnen, auf und ab zu laufen, während ich mich fragte, ob ich vielleicht Evola oder Isley holen sollte – brauchte sie eher einen lebendigen Arzt oder einen toten Priester?
    »Und was ist mit mir?« Ihre Stimme klang gebrochen, ein unheimlicher Klang aus dem Nichts, hier in diesem stillen Gang.
    »Was?«
    »Und was ist mit mir ? Mit meiner … Immunität?«
    Ich zwang mich dazu, mich wieder hinzusetzen. »Was ist geschehen, als du zur Beerdigung deiner Mutter nach Hause gekommen bist?«
    »Was? Ich …« Das traf sie. »Meine Hand. Ich habe eine Porzellanpuppe zerbrochen und mir in die Hand geschnitten …«
    »Er hat einige Tests mit deinem Blut durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt hegte er schon die vage Hoffnung, dass er seine Fähigkeit, den Lazarus in sich zu tragen, an dich vererbt hatte – und wenn das der Fall gewesen wäre, hättest du unmöglich in deine Schule zurückkehren dürfen. Aber du übertrafst seine wildesten Erwartungen. In einem Test nach dem anderen widerstand dein Blut dem Lazarus. Ich meine, die Proteine des Erregers vermehrten sich nicht einmal.«
    »Also ist nach ihrer Beerdigung …«
    »… wieder alles in normalen Bahnen verlaufen.«
    Ich hörte, wie sie Luft holte. »Er ist in die Wildnis zurückgekehrt und ich habe ihn nur noch in den Ferien gesehen. Aber irgendwann muss ich der Krankheit doch einmal ausgesetzt gewesen sein.«
    »Jep. Glaub mir, in unserem Labor hier gibt es einen ganzen Haufen Fläschchen mit deinem Blut, das zu Versuchszwecken geklont wurde. Vermutlich könnten wir damit eine komplette Bluttransfusion durchführen. Du bist eindeutig immun.« Ich musste lächeln. »Was auch passiert, du wirst nie eine von uns werden. Du gehörst zu den wenigen Menschen, die mit Sicherheit wirklich sterben werden.«
    »Warum?«, brachte sie mühsam heraus.
    »Genetik. Pures, simples Glück.«
    Sie lachte tatsächlich ein bisschen, wenn auch bitter. »Ich schätze mal, damit bin ich genauso abartig wie du.«
    Ich fuhr auf. »Ich bin nicht abartig.«
    »Ach nein?«, schoss sie zurück.
    »Nein. Abartig ist etwas, das selten vorkommt. Hier gibt es eine ganze Kompanie, über hundert von uns. Und noch mehr durchstreifen die Wälder und noch mehr stehen da draußen unter dem Kommando von General Sonstwer. Also, sprich ruhig aus, was ich bin – eine Leiche, ein Toter, auch ein Mörder, wenn du so willst. Ich habe Menschen in der Schlacht getötet, ich streite es nicht ab. Aber nenn mich nicht, was ich nicht bin. Ich bin nicht abartig und ich bin kein Menschenfresser und …«
    »Ich bin kein Monster«, hätte ich noch hinzugefügt, wäre nicht in diesem Moment die Erkenntnis über mir hereingebrochen, dass ich da ein Mädchen anfuhr, dessen Welt gerade völlig auf den Kopf gestellt worden war.
    Komm runter, Bram. Wann lerne ich nur endlich, meine Klappe zu halten.
    Nach diesem Ausbruch blieb sie so lange still, dass ich ernsthaft Angst hatte, sie würde nie wieder mit mir sprechen. »Miss Dearly?«, fragte ich schließlich.
    »Nenn mich ruhig Nora.« Ihre Stimme klang wieder tränenerstickt.
    »Es tut mir leid, dass ich dich angebrüllt habe.« Am liebsten wäre ich davongekrochen und hätte mir etwas einfallen lassen, wie ich mir selbst in den Hintern treten könnte. Ein Knick im Bein wäre wahrscheinlich nicht allzu kompliziert. »Ich lasse dich jetzt in Ruhe nachdenken.«
    »Woher wusstest du, dass ich nachgedacht habe?« Sie klang argwöhnisch, als glaubte sie, ich könne Gedanken

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