Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
Vom Netzwerk:
  Victor Dearly in Kontakt zu kommen. Diese Anweisung beinhaltet auch, aber nicht ausschließlich, die folgenden Verhaltensregeln: Leisten Sie keine Hilfestellung im Falle einer Verletzung von Dr.   Dearly. Benutzen Sie niemals sein Badezimmer und trinken Sie nicht aus seiner ›I Love New London‹-Kaffeetasse.‹«
    Darauf erwiderte Nora zunächst einmal gar nichts, dann meinte sie ein wenig steif: »Klingt ja äußerst professionell.«
    »Hier laufen hauptsächlich Klugscheißer mit einem Hang zum Galgenhumor rum. Damit meine ich auch die wirklich hohen Tiere.«
    »Das … war es also. Deshalb haben wir ihn so lange nicht wiedergesehen. Es hat so unendlich lange gedauert, bis er von diesem Einsatz zurückkam … erst nachdem er den Premierminister gerettet hatte.«
    »Ja, danach musste er zurückkehren. Für seine Konfettiparade und so. Es hätte sonst komisch ausgesehen.«
    »Aber ich verstehe das immer noch nicht. Ich kann mich nicht erinnern … irgendwelche Monster gesehen zu haben oder … oder krank geworden zu sein. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass er krank gewirkt hätte. Wie soll er mich denn infiziert haben? Und woher sollte er wissen, dass ich infiziert war, wenn ich doch immun bin? Das ergibt doch keinen Sinn.«
    Da ich ja anscheinend der Titelverteidiger im Kampf um den Preis für die meisten Überbleibsel war, sog ich scharf die Luft ein und hielt dann den Atem an. Ich konzentrierte mich auf das Gefühl in meinen Lungen, als diese sich dehnten und mit Luft füllten, die ich nicht brauchte. Ich zögerte die Antwort heraus, fünf Sekunden, zehn. Ich wollte es ihr nicht sagen. Warum hatte ich überhaupt mit diesem blöden Spielchen angefangen? Ich hätte mich einfach im Gang schlafen legen sollen, ohne ihr vorher noch irgendwelche warnenden Worte zu schreiben. Ich hätte sie morgens die Tür öffnen und bei meinem Anblick laut schreien lassen sollen. Genau diesen Schrei hatte ich zwar verhindern wollen, aber jetzt erschien er mir als das kleinere Übel. Um das Maß vollzumachen, hätte ich ja auch noch ein bisschen nach ihren Knöcheln grabschen können.
    Oder noch besser, ich hätte einfach tun sollen, was Wolfe mir befohlen hatte.
    Die Stille hinter der Tür verriet mir, dass auch sie sich nicht sicher war, ob sie den Rest der Geschichte wirklich hören wollte.
    »Erinnern Sie sich vielleicht daran, ob er irgendwie … nervös wirkte?«
    Aus ihrem ungebrochenen Schweigen schloss ich, dass ich den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Erst nachdem eine Minute vergangen war, sprach sie wieder. »Ich weiß noch … wie wir am Tag nach seiner Rückkehr in den Park gegangen sind. Er hat sich die ganze Zeit so schreckhaft umgesehen, als ob er jeden Moment fürchtete, von irgendetwas angefallen zu werden. Meine Mutter hatte so etwas schon angedeutet, vorher, meine ich, sie sagte: ›Dein Vater war so lange nicht mehr zu Hause, er hat die ganze Zeit in der Wildnis verbracht, vielleicht muss er sich erst wieder an alles gewöhnen.‹ Ich dachte einfach, das wäre der Grund.«
    »Ja, so ähnlich. Miss Dearly, erinnern Sie sich noch daran …« Jetzt kommt’s . »Erinnern Sie sich noch daran, wie Ihre Mutter gestorben ist?«
    »Ja. Ich war neun … verstehe, das erklärt eine Menge.«
    Verwundert setzte ich mich auf und fragte mich, ob sie schon von alleine die richtigen Schlüsse gezogen hatte. Sie klang plötzlich so aufgeregt.
    »Als ich neun war, wurde ich nach St.   Cyprian geschickt. Ich wollte nicht gehen, aber er sagte, meine Mutter hätte gewollt, dass ich lerne, mein Temperament zu zügeln und mich wie eine Lady zu benehmen, ob mir das nun passte oder nicht, weil unsere Familie immer als höherstehend angesehen wurde. Es sah ihm so gar nicht ähnlich. Denn bis dahin, und auch später noch, hat er mir immer geraten, mir selbst treu zu bleiben. Aber er … in diesem Punkt war er so unerbittlich und noch am selben Tag war ich schon unterwegs zur Schule. Einfach … aus der Tür gefegt. Ich konnte mir das nie erklären. Es war so seltsam. Vielleicht das Sonderbarste, was mir in meinem Leben bisher passiert ist, jedenfalls bis jetzt. Erst mehrere Tage später erzählte er mir, dass meine Mutter an einem Fieber erkrankt sei.«
    »Er hat es getan, um Sie in Sicherheit zu bringen«, fiel ich ihr ins Wort. »Sie müssen mir glauben, er wollte Sie nur in Sicherheit bringen. Weil …«
    Was jetzt kam, war nicht leicht. Nora drängte mich mit einem geflüsterten »Was?«.
    »Es war kein Fieber.

Weitere Kostenlose Bücher