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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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Gehirns durch die Prionen. Wir können diesen Prozess verlangsamen, aber nicht stoppen.«
    »Und könnte es eine Heilung geben?« Aus dem Augenwinkel musterte Nora mich. Ich starrte auf den Boden. Die Antwort auf diese Frage kannte ich.
    »Nein«, sagte Beryl. »Prionen sind grundsätzlich unzerstörbar. Wir haben es mit Antibiotika versucht, mit antiretroviralen Mitteln, mit Säure  …«
    »Wir haben Fleisch gefroren, es verbrannt …«, fuhr Samedi fort.
    »Autoklavieren funktioniert manchmal, aber nicht gut genug, um wirklich verlässlich zu sein. Ähm … dann noch Industriereiniger jeglicher Sorte …«
    »Hausmannskost …«
    »Sogar Strahlung kann nichts ausrichten …«
    »Es wurden in Gräbern schon Prionen an menschlichen Knochen gefunden, die mehrere tausend Jahre alt sind.« Samedi breitete die Arme weit aus. »Man kann sie nicht töten, weil sie nicht lebendig sind! Ich für meinen Teil mag unsere Prion-Oberherren. Sie haben mich zu dem gemacht, was ich heute bin.«
    »Außerdem«, hörte ich mich sagen, »würde uns die ›Heilung‹ nur … endgültig umbringen.«
    Ich hob den Blick. Nora sah mich noch immer an. Ich konnte ihren Ausdruck zuerst nicht deuten, aber dann schloss sie langsam die Augen und hob die Hände zu den Schläfen. Ich bemerkte, dass sie ein wenig blass war. »Okay, genug Wissenschaftsunterricht für heute.«
    »Wie wär’s mit Frühstück? Ich habe meinen Freunden gesagt, dass wir uns vielleicht zu ihnen gesellen, wenn du dazu bereit bist.«
    Nora schwieg einen Moment, bevor sie nickte. »Okay.«
    Dick rauschte hinter mir aus dem Zimmer, vermutlich machte er sich direkt auf den Weg zur Kantine, um jedem, der zuhörte, Befehle zu erteilen. Ich ging zur Tür und hielt sie für Nora auf.
    »Danke, Dr.   Chase, Dr.   Samedi«, sagte sie.
    »Keine Ursache«, erwiderte Beryl mit mütterlichem Lächeln.
    »Wir sind noch die ganze Woche hier«, informierte Samedi sie.
    Nora schenkte mir keinen Blick, als sie an mir vorbeiging. Ich folgte ihr hinaus auf den Korridor und verfiel für ein paar Schritte in mein gewohntes Tempo, um vor sie zu gelangen.
    »Okay, geradeaus, dann über den Hof, draußen dann …«

Das Klopfen an der Tür war gewissenhaft und präzise, daher wusste ich sofort, wer es war.
    »Komm rein, Isambard.«
    Als mein Bruder eintrat, sah ich in den Spiegel, der über meinem kleinen Frisiertisch angebracht war. Er war ein schlanker junger Mann von vierzehn Jahren, mit glattem braunem Haar, haselnussfarbenen Augen und einem großen Muttermal auf der Wange. Er schloss die Tür und verbeugte sich in einer übertrieben korrekten Bewegung. Ich neigte kurz den Kopf, wenn auch nur, damit er sich nicht beschwerte, dass ich ihm nicht meine »Reverenz« erwies, dann wandte ich mich wieder meinem Spiegelbild zu. Normalerweise vergaß man solche Förmlichkeiten unter Geschwistern, aber Isambard bestand darauf. »Was gibt es?«
    Ich war dabei, mich für die lang erwartete Rede des Premierministers fertig zu machen, zu der man uns eingeladen hatte. Gestern Abend war ein Bote zu unserem Haus gekommen und hatte meinem Vater einen dicken weißen, mit perlgrauem Wachs versiegelten Umschlag überreicht. Niemand außer dem Premierminister benutzte Wachs dieser Farbe und so wussten wir sofort, dass diese Nachricht wichtig war.
    »Der Premierminister bedauert den Schmerz, den Sie als Bekannte Miss Dearlys erleiden müssen«, hatte der Bote mit einer Verbeugung gesagt. »Er möchte Sie wissen lassen, dass sein Vater stets wohlwollend über diese junge Dame gedacht hat. Er würde sich geehrt fühlen, Sie als seine Gäste zu begrüßen.«
    Als ich hörte, dass der Umschlag keine schlechten Nachrichten über Nora enthielt, wurde ich vor Erleichterung beinahe ohnmächtig. Isambard dagegen war so aufgeregt gewesen, dass ich schon fürchtete, er müsste durch eine Tüte atmen, um sich wieder zu beruhigen. Ich schätzte, dass er seinen Klassenkameraden den ganzen Morgen über von nichts anderem als dieser Einladung erzählt hatte. Er besuchte noch immer dieselbe staatliche Schule wie ich, bevor ich in St.   Cyprian aufgenommen worden war.
    Isambard hielt zwei Krawatten hoch, die eine schwarz mit grauen Nadelstreifen, die andere schwarz mit kleinen roten Punkten. »Ich habe keine rein schwarze Krawatte«, sagte er. »Welche ist passender?«
    Ich starrte die Krawatten an. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine Rolle spielt, Issy.«
    »Es ist aber wichtig !«
    »Dann die mit den

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