DARK MISSION - Fegefeuer
andere saßen im Kreis um den Teich, den Jessie vor sich sah.
Um die Insel, auf der sie kniete.
Ihr Blick wanderte weiter und fiel auf einen einzelnen Steinpfeiler, in dessen rußgeschwärzte Oberfläche Symbole eingraviert waren. Jessie kniff die Augen zusammen, versuchte die Symbole zu entziffern, wollte wissen, was zum Teufel sie bedeuteten. Aber sie … bewegten sich. Wie ein in der Dunkelheit lebendig werdendes, zähflüssig-schleimiges Etwas, das sich jedem Entzifferungsversuch widersetzte.
Übelkeit stieg in Jessie hoch, so heftig, dass sich ihr der Magen umdrehte.
Das war schwarze Magie. Böse Magie.
Noch einmal ließ Jessie den Blick über die Menge wandern und erhob sich. Auf der Insel, einem baufälligen Rund aus Beton, gab es nichts außer ihr und dem Pfahl aus Stein.
Jessie stellten sich die Nackenhaare auf. Verflucht, ihre ganze Hautschien sich von ihren Knochen schälen und davonkriechen zu wollen. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie wirbelte herum und sah sie überall, Hexen und Hexer, die den Teich umstanden.
Und Jessie anstarrten.
Sie ballte die Fäuste. »Na, dann kommt schon, holt mich!« In der seltsamen, atemlosen Stille klang ihre Stimme wie ein Peitschenhieb. Einige der Magiebegabten regten sich, einige tauschten Blicke.
Andere wandten den Blick ab.
Jessie drehte sich um und übequerte mit einigen wenigen wütenden Schritten die Insel. Mit einer energischen Kopfbewegung warf sie sich das Haar aus dem Gesicht und legte die Handflächen auf den Pfahl.
Augenblicklich wurde der Stein unter ihren Händen heiß, so heiß, dass Jessie aufschrie und die Hände zurückriss. Ihre Ellenbogen knackten unter der plötzlichen Belastung. Der Pfahl aus Stein begann von innen heraus zu glühen, die roten Handabdrücke auf dem Stein verschwanden, als hätte er sie aufgesogen.
»Verfluchte Scheiße!«, murmelte Jessie. Ganz, ganz üble Magie.
Als eine Bewegung durch die Menge ging, warf Jessie einen raschen Blick über die Schulter. Geflüsterte Worte gingen von Mund zu Mund, ein Raunen wie auffrischender Wind, der sich in dürrem Laub fängt. Jessie stemmte die schmerzenden Hände in die Hüften und wappnete sich, als sich die Menge an einer Stelle teilte.
Ein hochgewachsener, breitschultriger Mann näherte sich dem Teich. Sein Haar, das langsam ergraute, war ordentlich gekämmt; trotz seines Alters war der Körper gut gebaut, strotzte vor Kraft. Der Gang des Mannes sprach von Selbstvertrauen. Der Grauhaarige beachtete die Hexen und Hexer nicht, deren Reihen sich hinter ihm schlossen. Auch die Hände, die sich nach ihm ausstreckten, seine Arme, seine Schultern berührten, beachtete er nicht.
Er beachtete auch den großen blonden Hexer nicht, der neben ihm schritt.
Wie eine brechende Woge schlug tiefe Trauer über Jessie zusammen, gemischt mit Wut, die ihr durch Mark und Bein ging. Sie schlossdie Augen. »Caleb.« Sofort als sie Wasser aufspritzen hörte, öffnete sie die Augen wieder.
Sie durfte jetzt nicht die Fassung verlieren.
Die Hände an den Hüften riss Jessie sich zusammen und blickte den beiden Männern entgegen. In ihren Blick legte sie so viel Wut und Abscheu, wie sie aufzubringen vermochte.
Droben unter den Kuppeln der Oberstadt, in Sonnenlicht gebadet, hatte der Leiter der Mission von New Seattle absolute Autorität ausgestrahlt. Hier, so tief unterhalb der sonnendurchfluteten Glaspaläste, umgab sich Silas’ Vorgesetzter namens Peterson mit den Magiebegabten, die zu jagen seine Aufgabe war, und bewegte sich wie ein Gott inmitten derer, die ihn anbeteten.
Jessie wirbelte herum, suchte den Boden nach etwas ab – herrje, irgendetwas! –, das sie als Waffe benutzen könnte. Der Sockel gleich neben ihr war aus massivem Stein, viel zu schwer, um ihn zu heben. Der Pfahl hinter ihr, der magische Fokus, war tief in den Beton eingelassen. Mit geballten Fäusten wandte Jessie sich um und holte tief und zitternd Luft.
Peterson trat ins Wasser. Allerdings berührten seine Füße es nur, sie sanken nicht ein. Peterson ging übers Wasser. Seine ordentlich geputzten Schuhe, seine gebügelten Hosen blieben sauber und trocken. Obwohl Jessie wusste, dass Magie das Eintauchen seiner Füße ins Wasser verhinderte, bekam sie eine Gänsehaut.
An Petersons Seite, das Gesicht ausdruckslos, durchpflügte Caleb das trübe Wasser des Teichs, den Matsch und Schlick, die trübe Brühe darüber. Nicht einmal annähernd so selbstgefällig und selbstbewusst im Auftreten wie der Missionar, der ein
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