Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dark Moon

Dark Moon

Titel: Dark Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Knightley
Vom Netzwerk:
erreicht hat.
    Meine Eltern standen stumm an der Küchentheke. Dad rieb sich immer wieder die Augen und auch Mom schien sich nicht wohlzufühlen. Sie fuhr sich nervös durchs Haar und trat von einem Fuß auf den andern.
    Nach endlosen Minuten des Wartens klappte Solomon sein Buch zu und fragte: »Hat dieses Haus eigentlich einen Keller?«
    »Sicher«, sagte mein Vater. Seine Stimme klang heiser, er räusperte sich. Wie selbstverständlich wies er Solomon den Weg und wir folgten ihm die Treppen hinab. Dads Verhalten kam mir komisch vor: Noch auf dem Weg hierher hätte er diesen Typ am liebsten zum Teufel gejagt. Nun führte er ihn im Haus herum. Und auch Mom, die aus ihrer Ablehnung keinen Hehl gemacht hatte, schwieg auf einmal, als ginge sie das, was sich hier abspielte, nicht das Geringste an.
    »Was suchen Sie eigentlich hier unten?«, fragte ich Solomon, doch er ignorierte mich. Ich packte ihn am Arm, aber er riss sich einfach los.
    »Mom? Dad?« Ich stellte mich ihnen den Weg. Mein Unbehagen gegenüber dem Fremden ließ sich nicht länger verbergen. Ich war mir sicher: Solomon führte nichts Gutes im Schilde. »Schmeißt diesen Kerl raus! Er hat da unten nichts zu suchen.«
    Erst bei diesen Worten blieb Solomon stehen. Langsam wandte er sich um und betrachtete mich, als sähe er mich zum ersten Mal. »Wer bist du?«, fragte er. Sein Blick durchbohrte mich.
    Erst jetzt fiel mir auf, wie groß er war. Ich war nicht gerade ein Zwerg, doch Charles Solomon überragte mich um einen ganzen Kopf. Auf einmal war mir, als glühte in seinen grünen Augen ein kaltes Feuer. Schlagartig wusste ich, dass nur er der Grund für die seltsame Benommenheit meiner Eltern sein konnte. Was hatte er mit ihnen gemacht? Unter normalen Umständen hätten sie nie zugelassen, dass ein Fremder so mit mir redete.
    »Wer bist du?«, wiederholte er seine Frage in schneidendem Ton.
    Das Herz schlug mir bis zum Hals, aber ich hielt seinem Blick stand. Wütend stieß er mich beiseite und begann nun nacheinander alle Türen zu öffnen, fand aber offenbar nicht, wonach er suchte. Schließlich blieb er vor dem Weinkeller stehen. Meine Mutter hatte ihn nach unserem letzten Besuch wieder abgeschlossen, ich hatte es selbst gesehen.
    Solomon drückte die Klinke nach unten und die Tür schwang sofort nach innen auf. Ich gab einen überraschten Laut von mir, den er mit einem selbstgefälligen Grinsen quittierte, das aber augenblicklich erstarb, als er das Licht einschaltete. Was immer er suchte, es war nicht da. Wütend wirbelte er herum. »Wo ist er?«, zischte er mich an.
    Meine Mutter zuckte zusammen, sagte aber kein Wort. Wie Statisten standen meine Eltern neben mir.
    Ich betrat das Gewölbe. Der Rosenduft, der mir beim letzten Besuch den Atem geraubt hatte, war nun kaum mehr als eine schwache Ahnung. Es dauerte einen Moment, bis ich merkte, was außer den Kisten und dem Gewehr, die wir der Polizei übergeben hatten, fehlte: die zerschrammte Dachbox. Ohne Solomon zu beachten, rannte ich die Treppe hinauf und vors Haus.
    Emilias Pick-up, der während der letzten Tage im Carport gestanden hatte, war weg. Solomon schob mich rüde beiseite und untersuchte den aufgewühlten Kies. Witternd reckte er die Nase in die Luft. Er ballte die Fäuste, sein Gesicht war wutverzerrt. Dann machte er plötzlich auf dem Absatz kehrt, lief zu seinem Wagen und fuhr ohne ein Wort davon.
    Ich ging sofort wieder zurück ins Haus. Meine Eltern standen noch immer wie festgefroren vor der Tür des Weinkellers; sie schienen in tiefer Trance versunken.
    »Mom? Dad?« Ich rüttelte beide nacheinander an den Schultern.
    Mein Vater blickte sich träge blinzelnd um. Auch meine Mutter kam langsam wieder zu sich.
    »Lasst uns heimgehen«, sagte ich.
    Dad rieb sich die Stirn. Er nickte, rührte sich aber nicht vom Fleck. Ich nahm ihn bei der Hand wie ein widerspenstiges Kind und führte ihn hinauf ins Mittelgeschoss. Durch das große, nun reparierte Panoramafenster fiel das rote Licht der untergehenden Sonne auf Emilias Porträt. Alles an dieser Frau war Fälschung, war Betrug gewesen. Selbst ihr Name war eine Lüge! Und ich hatte ihr vertraut, hatte sie bewundert! Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen, ich schämte mich vor mir selbst. Doch dann sah ich Emilias Bild, wie es auf mich herabblickte, und für einen Augenblick war mir, als lächelte sie mich an: nicht triumphierend, sondern voller Sorge.
    Die Fahrt nach Hause dauerte nicht lange, aber ich musste aufpassen, dass meine Eltern

Weitere Kostenlose Bücher