Dark one 02 - Kein Vampir für eine Nacht-neu-ok-06.12.11
an, der sich
zusammen mit seiner Frau um Christian kümmerte, wenn er in London war.
„Nichts. Ist mein Taxi da?“
Er nickte und schnippte ein Staubkorn fort, das es gewagt hatte, sich
auf dem Handlauf des Treppengeländers niederzulassen.
Ich hatte das Gefühl, dass Christians Bedienstete mich nicht gerade
schätzten, aber da er mir erzählt hatte, dass sie auch ihm, einem exzentrischen
Romancier mit fragwürdigem Lebenswandel, nicht sonderlich zugetan waren,
scherte ich mich nicht darum, was sie von meinem plötzlichen sonnenbebrillten
Erscheinen hielten. Ihre Meinung kümmerte mich genauso wenig wie Roxys
Behauptung, Christian hätte jede Menge Diener im Haus, die sozusagen als
lebendige Nahrungsquellen herhalten mussten.
Wie Christian mir nämlich erklärt hatte, pflegte er stets außer Haus
zu speisen.
Auf der Taxifahrt dachte ich darüber nach, wie ich Guarda entlocken
konnte, was ich wissen wollte, ohne dass sie mir auf die Schliche kam. Als
Erstes galt es natürlich herauszufinden, wo Sebastian gefangen gehalten wurde,
aber wie ich sie unauffällig danach fragen konnte, wusste ich nicht. Ich
beschloss, den Umweg über den Geist zu nehmen, den Guarda versteckt hielt.
Es war doch sehr wahrscheinlich, dass der Geist an demselben Ort
festgehalten wurde wie der Dunkle.
Es gab drei Methoden, wie man einen Geist an einem Platz halten
konnte, der nicht sein abgestammter Aufenthaltsort war: Man band den Geist an
einen Hüter und legte den Hüter an dem gewünschten Ort ab, oder ein Beschwörer,
der selbst gefangen gehalten wurde, rief den Namen des Geists, wodurch dann
auch der Geist in der Falle saß, oder... An die dritte Möglichkeit wollte ich
eigentlich gar nicht denken, denn sie hatte damit zu tun, dass man den Geist dazu
verfluchte, für immer an dem entsprechenden Ort zu bleiben. Ein Beschwörer
konnte einen verfluchten Geist zwar wieder befreien, aber dazu musste man den
Dämon beschwören, der hinter diesem Fluch steckte, und auf diesem Gebiet hatte
ich nur wenig Kenntnisse und noch weniger Erfahrungen.
Ich hoffte, Guarda hielt ihren Geist mit Hilfe eines Hüters gefangen,
und versuchte alle Gedanken an Christian und die fünf Geister, die ich
mittlerweile herbeigeniest hatte, aus meinem Kopf zu verbannen.
Zehn Minuten später wurde ich in ein schlichtes, spartanisch
eingerichtetes Büro geführt, das in neutralen Graubraun- und Hellbeigetönen
gehalten war. Als ich durch die Tür ging, verspürte ich ein leichtes Kribbeln,
das auf einen Schutzbann hindeutete, aber da Guarda mich hereingebeten hatte,
konnte ich ungehindert passieren. Bemerkenswert war allerdings, dass sie
offenbar genug Macht hatte, um einen solchen Schutzbann über einen langen
Zeitraum hinweg aufrechterhalten zu können.
„Allegra, wie schön, Sie zu sehen!“ Sie erhob sich und kam hinter
ihrem großen Schreibtisch hervor. Ich ging mit ausgestreckter Hand auf sie zu.
„Oh, verzeihen Sie, dass ich Ihnen nicht die Hand schüttele. Ich bin in letzter
Zeit so empfindlich, und es ist mir nicht zuträglich, andere Menschen anzufassen,
wenn ich später noch Beschwörungen durchführen muss. Nehmen Sie es mir nicht
übel.“
„Nein, nein, keineswegs“, entgegnete ich. Es überraschte mich, dass
sie auch Beschwörerin war. Ich hatte sie eher in den Bereich der Psychometrie
eingeordnet und angenommen, sie könne durch das Betasten von Gegenständen
hellsehen. Eine Beschwörerin, die auch über psychometrische Fähigkeiten
verfügte, war sehr mächtig - vielleicht hatte ich deshalb von Anfang an ein
gewisses Unbehagen ihr gegenüber verspürt.
„Ich setze mich einfach hierher, ja?“
Ich nahm auf einem graubraun-blassgrün gestreiften Stuhl Platz, als
Guarda nickte, und versuchte locker zu bleiben, als sie sich auf die
Schreibtischkante setzte und mich prüfend ansah. „Sie sehen erholt aus.“
Ich dachte an die vergangene Nacht zurück, in der ich alles andere
getan hatte, als mich auszuruhen, verdrängte die Erinnerungen jedoch rasch
wieder. Meine Bewusstseinbarrieren waren zwar aktiviert, aber ich wollte
sichergehen, dass Guarda nicht doch noch irgendeinen Gedanken erhaschte. Seit
ich in ihr Büro gekommen war, hatte sie bereits zweimal versucht, mein
Bewusstsein zu erforschen.
„Danke, das bin ich auch. Mir geht es wieder gut, aber Christian hat
mir das Versprechen abgenommen, dass ich vorsichtshalber heute noch keine
Beschwörung durchführe.“
Sie stand auf, ging um ihren Schreibtisch und setzte sich wieder auf
ihren
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