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Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Titel: Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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es: ein Glimmen wie von einem Sonnenaufgang.
    Hinauf und hinunter ließ ich mich treiben und erreichte schließlich die letzte Anhöhe, wo ich den Ursprung des Lichts entdeckte. Wie sich herausstellte, war Runners Heim ein riesiger Mischbottich, der aussah wie ein großes Planschbecken. Licht strömte heraus, und eine Sekunde lang machte ich mir Sorgen, es könnte radioaktiv sein. Ob Heuschreckenarsen wohl leuchtete?
    Als ich auf das Becken zuging, hörte ich jedes Geräusch darin mehrfach verstärkt, als wäre Runner ein Käfer, der über eine Stahltrommel krabbelte. Mit oberlehrerhafter, tadelnder Stimme ermahnte er sich –
tja, wahrscheinlich hättest du früher daran denken sollen, Mister Neunmalklug
 –, und das Becken sandte den Laut in den Nachthimmel hinauf, der jetzt violett war wie ein Trauerkleid.
Ja, ich glaube, diesmal hast du es echt geschafft, Runnerman
, sagte er gerade. Das Becken war etwa drei Meter hoch, mit einer Leiter an der Seite, und ich begann hinaufzuklettern und rief dabei seinen Namen.
    »Runner, ich bin’s, Libby. Deine Tochter«, grölte ich, und von der rostigen Leiter fingen meine Hände sofort an zu jucken. Von drinnen kamen gurgelnde Kehllaute. Ich stieg noch ein paar Stufen höher und spähte in das Becken hinein. Vornübergebeugt würgte Runner etwas auf den Boden des Beckens, und plötzlich spuckte er einen purpurroten Glibber aus, wie ein Sportler in die Gegend rotzt. Dann legte er sich auf ein schmutziges Strandtuch, rückte die Baseballkappe seitlich und nickte zufrieden, als hätte er soeben eine großartige Leistung erbracht. Um ihn herum funkelten ein halbes Dutzend Taschenlampen wie Kerzen und erleuchteten sein zerfurchtes, braungebranntes Gesicht und einen Haufen Müll: Toaster ohne Griff, ein Blechtopf, ein Haufen Uhren und Goldketten, ein Minikühlschrank, der nirgends eingesteckt war. Runner lag auf dem Rücken wie ein Sonnenanbeter, ein Bein über das andere geschlagen, ein Bier an den Lippen, einen schlaffen Zwölferkarton neben sich. Ich rief wieder seinen Namen, und jetzt stellte er die Augen scharf und streckte mir die Nase entgegen wie ein fieser Hund. Ich hatte die gleiche Geste in meinem Programm.
    »Was willst du denn hier?«, raunzte er dazu, und seine Finger legten sich fester um die Bierdose. »Ich hab doch allen gesagt, dass ich heute Abend nicht zu sprechen bin.«
    »Runner, ich bin es, Libby. Libby, deine Tochter.«
    Er stützte sich auf einen Ellbogen und drehte die Baseballkappe ganz nach hinten. Dann wischte er sich mit der Hand über die getrockneten Spuckeflecken auf seinem Kinn. Einen Teil davon kriegte er sogar ab.
    »Libby?« Auf einmal fing er an zu grinsen. »Kleine, kleine Libbbbbby! Na, dann komm mal runter, Schätzchen! Komm und sag deinem alten Vater hallo.« Mühsam richtete er sich auf, stand in der Mitte des Beckens, so dass seine Stimme tief und melodisch von den Wänden widerhallte, und der Schein der Taschenlampen verlieh ihm einen irren Lagerfeuerglanz. Zögernd stand ich auf der Leiter, die sich über den Rand des Beckens bog, dann aber jäh aufhörte.
    »Komm rein, Libby, das ist die neue Wohnung deines alten Vaters!« Er streckte mir die Arme entgegen. Der Sprung war nicht gefährlich, aber auch nicht unbedingt ein Kinderspiel.
    »Komm schon! Guter Gott, wie weit bist du gefahren, um mich zu sehen, und jetzt stellst du dich dermaßen schissig an«, bellte Runner. Das reichte. Entschlossen schwang ich die Beine über den Beckenrand, blieb aber dort sitzen wie ein nervöser Schwimmer. Nach einem weiteren
Guter Gott!
von Runner begann ich mich ungeschickt hinunterzulassen. Runner hatte seine Sprösslinge immer gern als Heulsusen und Feiglinge abgestempelt. Eigentlich kannte ich ihn nur von diesem einen Sommer, aber das war ein höllischer Sommer gewesen. Sein Spott hatte bei mir immer gut funktioniert: Am Ende schaukelte ich dann kopfüber von einem Ast, sprang vom Heuboden, stürzte mich in den Fluss, obwohl ich nicht schwimmen konnte. Allerdings empfand ich danach nie einen Triumph, ich war nur wütend. So ließ ich mich jetzt also auch in dieses rostige Becken hinunter, und als meine Arme zu zittern und meine Beine zu zappeln begannen, packte Runner mich um die Taille, pflückte mich von der Wand und begann mich in engen, manischen Kreisen herumzuwirbeln. Meine kurzen Beine drehten sich, als wäre ich wieder sieben, aber als ich den Boden zu erreichen versuchte, packte Runner mich nur umso fester. Seine Arme glitten unter

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