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Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Titel: Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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meine Brüste, und ich sauste durch die Luft wie eine schlaffe Flickenpuppe.
    »Hör auf, Runner, lass mich runter, hör auf.« Wir warfen zwei Taschenlampen um, die ungestüm davonrollten, und ihr Schein hüpfte in alle Richtungen. Wie die Taschenlampen, die mich in jener Nacht verfolgt hatten.
    »Sag Onkel«, kicherte Runner.
    »Lass mich runter.« Er drehte mich stärker. Meine Brüste drückten sich an meinen Hals, meine Achselhöhlen schmerzten von Runners harten Händen.
    »Sag Onkel!«
    »Onkel!«, brüllte ich, mit wütend zusammengekniffenen Augen.
    Tatsächlich ließ Runner mich los. Als würde ich von einer Schaukel geworfen, hing ich plötzlich schwerelos in der Luft und sauste nach vorn. Aber ich landete auf den Füßen, machte drei schnelle Schritte und stieß mit einem lauten metallischen Donner gegen die Wand des Beckens. Ich rieb mir die Schulter.
    »Mann, meine Kinder waren doch immer schon die größten Babys!«, keuchte Runner, die Hände auf die Knie gestützt. Dann lehnte er sich zurück und streckte den Nacken, bis es knackte. »Gib mir doch mal ein Bier, Schätzchen.«
    So war Runner schon immer – verrückt, unberechenbar, und immer sollte man so tun, als wäre das, was er einem gerade Demütigendes angetan hatte, nie passiert. Mit verschränkten Armen stand ich vor ihm und rührte mich nicht von der Stelle.
    »Verdammt, Debby, äh, Libby, bist du jetzt etwa ’ne Emanze oder was? Hilf doch deinem alten Vater mal.«
    »Weißt du, warum ich hier bin, Runner?«, fragte ich, ohne auf sein Gebrabbel einzugehen.
    »Nein.« Er holte sich selbst ein Bier und warf mir einen Blick zu, bei dem er die Augenbrauen so weit hochzog, dass man von seiner Stirn nur noch Falten sah. Eigentlich hatte ich angenommen, es würde ihn mehr schockieren, mich zu sehen, aber Runner hatte den Teil seines Gehirns, der zu Überraschungen fähig war, ja lange genug in Schnaps eingelegt. Sein Leben war so ausgelutscht und sinnlos, es konnte alles passieren, warum also sollte nicht nach fünf Jahren eine Tochter zu Besuch kommen?
    »Wie lange hast du dich nicht mehr blicken lassen, mein kleines Mädchen? Hast du den Flamingo-Aschenbecher gekriegt, den ich dir geschickt habe?« Den Aschenbecher hatte ich vor über zwanzig Jahren bekommen, als ich noch eine zehnjährige Nichtraucherin war.
    »Erinnerst du dich an den Brief, den ich dir geschrieben habe, Runner?«, fragte ich. »Wegen Ben? Weißt du, dass er nicht der … dass er nicht derjenige ist, der es getan hat?«
    »Ben? Warum sollte ich diesem Arschloch denn schreiben? Er ist kein guter Mensch. Weißt du, ich hab ihn nicht so erzogen, das war deine Mom. Er ist sonderbar geboren und sonderbar geblieben. Wenn er ein Tier gewesen wäre, wäre er der Kümmerling des Wurfs gewesen, und wir hätten ihn abserviert.«
    »Erinnerst du dich vielleicht an den Brief, den du
mir
geschrieben hast, vor ein paar Tagen erst? Darin stand, dass du bald sterben wirst und mir gern erzählen möchtest, was in dieser Nacht damals wirklich passiert ist.«
    »Manchmal frag ich mich, ob er wirklich von mir war, dieser Knabe, ob er überhaupt mein Sohn ist. Wahrscheinlich haben die Leute hinter meinem Rücken über mich gelacht. Weil er rein gar nichts von mir an sich hat. Er war hundert Prozent ein Mamasöhnchen. Ein Mamasöhnchen.«
    »In dem Brief – erinnerst du dich an den Brief, Runner, ist erst ein paar Tage her? –, da hast du gesagt, dass es nicht Ben war, der das damals getan hat. Wusstest du eigentlich, dass Peggy dein Alibi widerrufen hat? Deine alte Freundin Peggy?«
    Runner trank einen großen Schluck Bier und zuckte kurz zusammen. Dann hakte er einen Daumen in die Tasche seiner Jeans und lachte ärgerlich.
    »Ja, ich hab dir einen Brief geschrieben. Hab ich ganz vergessen. Ja, ich werd bald sterben, ich hab Scoli… wie heißt das, wenn die Leber nicht mehr mitmacht?«
    »Zirrhose?«
    »Genau, die hab ich. Und noch irgendwas mit der Lunge. Die sagen, in einem Jahr bin ich tot. Hab immer gewusst, dass ich eine Frau mit Krankenversicherung hätte heiraten sollen. Peggy, die hatte eine, wollte sich immer die Zähne reinigen und sich
Rezepte
verschreiben lassen.« Es klang, als hätte Peggy sich von Kaviar ernährt.
Rezepte
.
    »Sieh zu, dass du immer eine Krankenversicherung hast, Libby. Das ist sehr wichtig. Ohne die bist du der letzte Dreck.« Er starrte auf seinen Handrücken. Dann blinzelte er und fuhr fort: »Ich hab dir also einen Brief geschrieben. Ein paar Dinge müssen

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