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Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Titel: Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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da passiert ist.«
    »Ich versuche, möglichst wenig daran zu denken«, erwiderte ich. Mein Standardsatz.
    Der Typ lachte. »Na ja, dann bist du hier aber am falschen Ort.«
    Er führte mich um die Ecke und einen Korridor mit ehemaligen Büros entlang. Unter meinen Füßen knirschten Glasscherben, und ich spähte im Vorübergehen in jedes Zimmer: leer, leer, ein Einkaufswagen, ein ordentliches Fäkalienhäufchen, die Überreste eines Lagerfeuers, ein Obdachloser, der fröhlich mit der Weinflasche winkte und »Hi!« rief, als er uns sah.
    »Das ist Jimmy«, erklärte mein Begleiter. »Er schien ganz okay zu sein, deshalb haben wir ihn bleiben lassen.«
    Wie nett, dachte ich und nickte Jimmy kurz zu. Dann kamen wir an eine schwere Brandmauer von einer Tür, öffneten sie, und sofort überfiel mich der Lärm. Aus dem Keller wetteiferten Orgelmusik, Heavy Metal und das dröhnende Stimmengewirr von Menschen, die versuchten, sich gegenseitig zu überschreien.
    »Nach dir«, sagte der Knabe. Ich rührte mich nicht von der Stelle, denn ich mag keine Leute im Rücken. »Na ja, ich kann auch … äh, bitte, hier entlang.«
    Ich spielte mit dem Gedanken, sofort umzukehren, aber die Fiesheit bäumte sich in mir auf, als ich mir vorstellte, wie dieser Kerl, dieser bescheuerte Renaissancefestival-Clown, seinen Freunden erzählte:
Sie ist total ausgetickt und einfach weggerannt!
Und wie sie dann alle lachten. Und wie er hinzufügte:
Sie ist echt anders, als ich sie mir vorgestellt habe
. Und mit der Hand andeutete, wie klein ich war.
Fickdichfickdichfickdich
, knurrte ich innerlich und folgte ihm.
    So marschierten wir ein Stockwerk nach unten zu einer Kellertür, die mit Zetteln gespickt war: Stand 22 : Lizzie Borden! Verkauf und Tausch von Sammlerstücken! Stand 28 : Karla Brown – Bissspuren-Diskussion. Stand 14 : Rollenspiel – Fragt Casey Anthony! Stand 15 : Toms teuflischer Trinkgenuss – Neu: Jonestown Punch und Sweet Fanny Adams!
    Dann entdeckte ich in einer Ecke einen körnigen blauen Flyer mit einem kopierten Foto von mir: Reden wir über einen schlechten Tag bei den Days! Das Kinnakee Kansas Farmhaus-Massaker – Fallanalyse und dazu ein superspezieller Gast!
    Erneut überlegte ich mir zu gehen, aber die Tür öffnete sich, und der feuchte, fensterlose Kellerraum sog mich ein. Schätzungsweise zweihundert Menschen drängten sich in dem Gemäuer und versuchten, sich zu verständigen, indem sie einander – die Köpfe zusammengesteckt, die Hände auf die Schultern ihres Gegenübers gelegt – in die Ohren brüllten. In der Schule hatte man uns einmal einen Film gezeigt, wie eine Heuschreckenplage über den Mittelwesten hereinbrach, und unwillkürlich fühlte ich mich daran erinnert: all die Glotzaugen, die mich anstarrten, die mahlenden Kiefer, abgespreizte Arme und Ellbogen. Der Raum war hergerichtet wie eine Tauschbörse, mit billigem Maschendrahtzaun in Parzellen eingeteilt. An jedem Stand ging es um einen anderen Mord, auf den ersten Blick entdeckte ich ungefähr vierzig. Nackte, von einem Generator gespeiste Glühbirnen hingen an Drähten überall im Raum verteilt und verbreiteten schummriges, schwankendes Licht, so dass gruslige Schatten auf den Gesichtern entstanden, eine Party von Totenmasken.
    Lyle stand auf der anderen Seite. Als er mich entdeckte, bahnte er sich einen Weg durch die Menge, drängte sich seitwärts, mit vorgeschobener Schulter, zwischen den Leuten durch, von denen er viele unterwegs überschwänglich begrüßte. Offensichtlich galt er hier als wichtige Persönlichkeit, mit der jeder ein paar Worte wechseln wollte. Einmal beugte er den Kopf, um sich von einem Typen etwas ins Ohr sagen zu lassen, und als er sich wieder aufrichtete, stieß er mit dem Kopf gegen eine Lampe. Alles lachte, und das Licht rotierte über den Gesichtern wie von einem Polizeiauto. Männergesichter, Jungsgesichter. Es waren nur ganz wenige Frauen anwesend – mehr als vier konnte ich nicht sehen, alle waren bebrillt und eher unansehnlich. Allerdings fand ich auch die Männer nicht sonderlich attraktiv, backenbärtige Akademikertypen, unauffällige Vorstadtpapatypen und ziemlich viele Mittzwanziger mit billigem Haarschnitt und Streberbrille. Eben Männer wie Lyle und der Knabe, der mich hergeführt hatte. Langweilig, aber mit einer Aura kopflastiger Arroganz. Nennen wir es AP Aftershave.
    Schließlich kam Lyle bei mir an. Die Männer hinter ihm grinsten und musterten mich, als wäre ich seine neue Freundin. Er

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