Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)
Toilettenkistchen benutzen, aber das ist eine glatte Lüge.
»Bitte nicht … du weißt schon«, sagte ich zu Lyle, der ruckartig den Kopf in alle Richtungen drehte und in seinen selbstvergessenen Forschermodus schaltete. »Du weißt schon, was ich meine. Lass es, bitte …«
»Ja, ja.«
Lyle brüllte ein Hallo in die Gegend, aber der hirnzersetzende Jazz hörte nicht auf. Ich konnte nirgends einen Angestellten entdecken – übrigens auch keinen Kunden, aber es war ja auch mitten an einem verregneten Dienstagmorgen. Die Kombination aus dem gnadenlos grellen Neonlicht und der dröhnenden Musik verursachte mir ein bekifftes Gefühl. Dann nahm ich eine Bewegung wahr, ganz hinten war jemand, und ich ging gebückt durch einen der Gänge auf die Gestalt zu. Ein Mann, dunkel, muskulös, mit dichten schwarzen, zu einem Pferdeschwanz zurückgebundenen Haaren. Als er uns sah, fuhr er auf.
»Oh, Himmel noch mal!«, rief er, starrte erst zu uns und dann zur Tür, als hätte er vergessen, dass sein Geschäft offen war und jederzeit von Kundschaft heimgesucht werden konnte. »Ich hab euch gar nicht reinkommen hören.«
»Wahrscheinlich wegen der Musik«, brüllte Lyle und deutete zur Decke hinauf.
»Zu laut für Sie? Stimmt wahrscheinlich. Moment mal!« Er verschwand in Richtung eines Büros im hinteren Teil des Gebäudes, und kurz darauf verstummte die Musik abrupt.
»Besser? Also, was kann ich für Sie tun?« Er lehnte sich an einen Sack Saatgut und warf uns einen Blick zu, der klarmachte, dass wir lieber einen guten Grund dafür vorbringen sollten, warum wir ihn zum Abstellen der Musik gezwungen hatten.
»Ich suche Trey Teepano«, sagte ich. »Ihm gehört doch der Laden, richtig?«
»Ja, der gehört mir. Ich bin Trey. Was kann ich für Sie tun?« Er verströmte jede Menge nervöser Energie, hüpfte auf den Fußballen, klemmte die Lippe zwischen die Zähne. Ansonsten sah er sehr gut aus; sein Gesicht wechselte ständig zwischen jung und alt, je nachdem, aus welchem Winkel man es betrachtete.
»Tja.« Tja, weiter kam ich nicht. Sein Name schwirrte in meinem Kopf herum wie eine Zauberformel, aber was sollte ich jetzt tun? Ihn fragen, ob er früher Buchmacher gewesen war? Ob er Diondra kannte? Sollte ich ihn vielleicht des Mordes beschuldigen?
»Hmm, es geht um meinen Bruder.«
»Ben.«
»Ja«, sagte ich überrascht.
Trey Teepano lächelte ein kaltes Krokodillächeln. »Ja, hat ’ne Sekunde gedauert, aber ich hab Sie erkannt. Die roten Haare vermutlich, das gleiche Gesicht. Sie sind also diejenige, die überlebt hat, richtig? Debby?«
»Libby.«
»Genau. Und wer sind Sie?«
»Ich bin bloß ihr Freund«, erklärte Lyle. Ich spürte, wie viel Mühe es ihn kostete, sich zurückzuhalten und nicht in eine Wiederholung des Interviews mit Krissi Cates zu verfallen.
Trey begann, sich an seinen Regalen zu schaffen zu machen, rückte Flaschen mit Deer-Off zurecht, tat so, als wäre er beschäftigt – wie jemand, der vorgibt zu lesen, das Buch aber verkehrt herum in der Hand hält.
»Kannten Sie auch meinen Vater?«
»Runner? Klar. Jeder kannte Runner.«
»Runner hat Ihren Namen erwähnt, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe.«
Er schleuderte seinen Pferdeschwanz nach hinten. »Und – ist er inzwischen tot?«
»Nein, er … er wohnt jetzt in Oklahoma. Anscheinend glaubt er, dass Sie irgendwie … irgendwie in die Ereignisse jener Nacht verwickelt waren und vielleicht ein bisschen Licht in die Sache bringen könnten. Was da eigentlich genau passiert ist.«
»Aha. Der Alte ist irre, war er schon immer.«
»Er meinte, damals wären Sie, na ja, Geldeintreiber oder so was gewesen.«
»Japp.«
»Und dass Sie sich mit Satanismus beschäftigt haben.«
»Japp.«
Er beantwortete meine Fragen in dem nonchalanten Ton eines bekehrten Süchtigen, in einer gut abgehangenen Stimmung inneren Friedens.
»Es ist also wahr?«, mischte Lyle sich ein und sah mich sofort schuldbewusst an.
»Ja, Runner hat mir Geld geschuldet. Eine Menge Geld. Eigentlich schuldet er es mir immer noch. Aber das heißt nicht, dass ich weiß, was in der Nacht damals in Ihrem Haus passiert ist. Damit bin ich seit zehn Jahren durch.«
»Eher seit fünfundzwanzig.«
Trey mimte Erstaunen.
»Wow, stimmt ja«, sagte er, obwohl er nicht überzeugt zu sein schien und noch eine Weile mit zweifelndem Gesicht die Jahre aufaddierte.
»Kannten Sie Ben?«, beharrte ich.
»Flüchtig.«
»Ihr Name taucht ziemlich häufig auf.«
»Ich hab eben einen
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