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Dark Room

Dark Room

Titel: Dark Room Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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zusammenhielt.
    »Das ist nach ihrem Tod gemacht worden«, sagte Fiona und konnte den Blick nicht abwenden.
    »Das weißt du aus deiner geheimnisvollen Quelle?«
    »Wenigstens hat sie das nicht mehr mitbekommen. Die Polizei vermutet, dass sie vergiftet wurde.«
    Das nächste Bild: der Körper des Predigers auf der Ottomane, halb entblößt, zwischen seinen Schenkeln der Apparat mit schweren Platten und eisernem Griff. Überall um ihn herum Blut. Der Schädel eingeschlagen.
    »Was ist das für ein Gerät?«
    Fiona atmete tief durch. »Eine alte Buchpresse. Man legt Papier zwischen die dicken Platten und dreht an dem Schraubstock.«
    Eine Nahaufnahme. Unmissverständlich jetzt, was sich beide schon gedacht hatten. Trotzdem sog Püppi die Luft scharf durch die Zähne, als Fiona sagte: »Die haben seinen Schwanz darin zerquetscht.«
    »Die?«
    »Einer hält ihn, einer dreht.«
    Er nickte abwechselnd und schüttelte den Kopf. »Sieh dir mal den Hals an und die Kopfwunde. Ich tippe eher darauf: Ein einzelner Täter hat ihn auf der Couch überrascht und ihn bewusstlos geschlagen, dann hat er ihm das Gemächt zerpresst und ihn mit der Halsschlinge in Schach gehalten, bis es vorbei war. Das war auf jeden Fall etwas Persönliches. Für einen zufälligen Einbrecher viel zu sadistisch.«
    »Glaubst du, Evi musste zusehen?«
    Püppi nahm noch mal das erste Foto. »Sie ist nicht gefesselt. Wenn es also bei ihm nicht zwei waren, sondern einer, der sie bedroht, und einer, der sich um ihren Vater kümmert, und wenn sie das Ganze nicht lange vorher geplant hatten, dann war Evi entweder zuerst tot oder kam später dazu. Für zwei Täter würde sprechen, dass die beiden Mordmethoden so extrem unterschiedlich sind: Gift und Gewalt, das passt nicht zu einer Einzelperson.«
    Fiona steckte die Fotos zurück in die Tasche. »Es war einer. Ich hab ihn nicht gesehen, aber gehört. Ich hab ihn aufs Grundstück geführt.« Sie nahm noch einmal das Bild mit Evis Gesicht heraus und starrte es an. »Dieser Scheißkerl! Welcher Irre macht so was? Wie krank kann man denn sein?« Sie wischte sich über die Augen.
    Püppi reichte ihr ein Taschentuch. »Schnäuzen, Eule.«
    Sie trompetete in das Taschentuch und sprang auf. Noch bevor Püppi sie daran hindern konnte, nahm sie Anlauf und trat mit voller Wucht gegen den Bretterstapel. Die übergroßen Spielkarten fielen mit Getöse um, in einer war dort, wo ihn Fionas Stiefel getroffen hatte, ein tiefer Riss. Die drei Raucher schrien wütend, warfen ihre Zigaretten weg und kamen schimpfend auf sie zu. Püppi nahm ihre Hand und zog Fiona weg, sie rannten durch den Park, sahen sich immer wieder um, aber die Männer kamen ihnen nicht hinterher. Sie blieben stehen und lehnten sich gegen einen Baum. Püppi stand vor ihr, die Hände links und rechts von ihren Schultern, als wollte er sie daran hindern wegzulaufen.
    »Hast du dich irgendwann auch mal unter Kontrolle?« Er klang eher erstaunt, weniger verärgert. »Du kannst nicht immer auf Sachen losgehen, nur weil dir etwas nicht passt.«
    Fiona wurde plötzlich sehr bewusst, wie nah er ihr war. Das seifige Deo, sein Atem, der nach Schokolade und Veilchen roch. Sie sah zu ihm hoch, tastete mit ihren Augen seinen Brustkorb unter dem engen T-Shirt ab, verfolgte die Linien seiner Muskeln, die Bartstoppeln an seinem Kinn, seinen weichen Mund. Jetzt fühlte sie auch, wie seine Beine an ihre gepresst waren, und sie konnte ihn atmen fühlen. Ihr wurde so heiß, dass ihr ein kleiner Tropfen die Schläfe entlangrollte. Sie wollte sich gleichzeitig an ihn schmiegen und ihn wegstoßen, sie versuchte, sich links und rechts unter seinen Armen wegzuschlängeln, aber er ließ sie nicht entkommen.
    Sie schloss die Augen. Nach einer langen Pause sagte sie: »Müssen wir nicht bald los ins Labyrinth?«
    Er trat sofort einen Schritt zurück und gab sie frei. Seine Stimme klang rau und etwas belegt. »Es fängt erst an, wenn es ganz dunkel ist. Wir können zu meinem Auto gehen. Ich muss noch einiges holen. Wenn du mitfahren willst, dann warte.«
    Sie nickte, und genau wie ihm fiel ihr nichts mehr ein, das sie hätte sagen können. Sie trottete einen Schritt hinter ihm her, bis sie wieder in der Nähe des Sektenhauses waren und Püppi ihr die Beifahrertür seines Vans aufschloss. Diesmal schnallte sie sich selbst an. Sie war plötzlich so müde, als wäre sie den ganzen Tag gelaufen. Ihr Kopf legte sich gegen das Polster, die Augenlider wurden schwer. Sie hörte, wie Püppi, der

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