Dark Secrets: Gesamtausgabe
Strich zusammen. Amanda folgte ihm und nahm ihm gegenüber Platz. Auf ihrem Teller war ein Stück Fleisch mit dunkler Soße und einer homöopathischen Portion Gemüse. Zweifellos Sterneküche.
„Es liegt nicht an dir“, bemerkte er leise.
„Ja, das sagtest du schon.“ Sie klang gereizter, als sie es wollte. Die Zurückweisung kränkte und verletzte sie. Hastig steckte sie sich ein Stück des butterzarten Fleisches in den Mund und begann zu kauen.
Indem er einen Schluck Wein nahm, rang er sichtlich mit sich. „Ich kann es dir nicht erzählen, Amanda. Es ist zu …“ Er brach ab.
„Dann lass es.“ Sie lächelte bitter. „Du schuldest mir nichts. Wir machen den Plan für das Bergwerk fertig und du sorgst dafür, dass die Anlage so umgebaut wird, wie ich es sage. Dann wird der Vorwurf wegen Geldwäsche fallengelassen, du lieferst mich in der Botschaft ab und jeder kann sein Leben weiterleben.“ Sie hielt seinem eindringlichen Blick stand, obwohl ihr nach Heulen zumute war. Es war einfach alles so verdammt verwirrend.
Nicolai sog die Luft tief in seine Lungen und legte das Besteck weg.
„Ich war verheiratet“, sagte er plötzlich leise und in einem so gequälten Ton, dass Amanda es meinte als körperlichen Schmerz spüren zu können.
„Du musst mir das nicht erzählen“, sagte sie hastig.
„Ich
möchte
es aber versuchen. Damit du verstehst.“
Amanda schwieg. Ihr war der Appetit vergangen.
„Sie hieß Daria.“
Die Art, wie er ihren Namen aussprach, trieb Amanda unvermittelt Tränen in die Augen. Nicolai sah sie fest an, griff nach ihrer Hand und drückte sie, als würde er aus der Berührung Kraft schöpfen, um weitererzählen zu können.
„Ich habe für sie bei der Geheimpolizei aufgehört und angefangen die Firma aufzubauen, weil sie es nicht ertragen konnte, dass ich in Gefahr war. Wir haben vor acht Jahren geheiratet. Ich habe meine Frau sehr geliebt, Amanda, mehr als alles andere, mehr, als ich mir je vorgestellt hatte, einen Menschen lieben zu können. Ich hatte nur zwei Jahre mit ihr. Sie starb in meinen Armen.“ Er schüttelte den Kopf, als würde er versuchen Dämonen zu vertreiben, Gedanken und schreckliche Bilder.
„Ich bin tot, Amanda“, sagte er mit plötzlicher Heftigkeit. „Hier drin!“ Er schlug sich mit der Faust gegen die Brust. „Ich habe gelernt ohne Daria zu leben, weil sie mich mit ihrem letzten Atemzug darum angefleht hat. Und es funktioniert, weil ich funktioniere. Jeden Tag. Ich hatte seit ihr viele Frauen, in der Hoffnung den Schmerz zu betäuben, aber niemals eine Frau, bei der Gefahr bestand, dass sie sich in mich verliebte. Bei allen Göttern schwöre ich, dass ich nie damit gerechnet hätte, dass das bei dir der Fall sein könnte.“
Amanda riss den Mund auf, um ihm zu widersprechen. Er hob die freie Hand und brachte sie zum Schweigen.
„Ich bin tot, Amanda“, wiederholte er leise. „Ich kann und ich will nie wieder lieben. Ich küsse dich nicht, weil ein Kuss für mich Liebe bedeutet. Und ich kann es nicht. Ich bin nur noch der Schatten einer dunklen Seele, ein schwarzes Loch, das alles absorbiert und selbst nichts geben kann.“ Er machte eine kurze Pause, in der Amanda ihn nur weiterhin fassungslos musterte. „Du bist mir so wichtig geworden in den letzten Tagen, dass es mir Angst macht. Ich begehre dich und bewundere dich, und ich weiß, dass ich dich in einer anderen Situation, in einem anderen Leben geliebt hätte.“ Er schüttelte den Kopf. „Aber ich spüre, dass ich es nicht mehr kann.“
Ein betretenes Schweigen senkte sich über die beiden. Amanda erinnerte sich an das Bild der jungen blonden Frau. Das musste Daria gewesen sein. Als ihre Gedanken abschweiften, begriff sie, wie restlos sie seine Worte erschütterten. Einerseits wegen der Traurigkeit seiner Geschichte, andererseits, weil es womöglich stimmte.
Hatte sie sich tatsächlich in ihn verliebt?
Als sie ihn wieder anblickte, war sein Blick abwartend, fast ein wenig furchtsam. Noch immer hielt er ihre Hand fest.
„Ich habe noch nie Jemanden geliebt“, sagte sie leise und hörte ihr eigenes Zittern mehr, als dass sie es spürte. „Ich danke dir für dein Vertrauen, Nicolai … und deine Ehrlichkeit. Ich fühle mich dir sehr verbunden.“
„Und ich fühle mich dir sehr verbunden.“ Er drückte ihre Hand fest, bevor er sie losließ. „Vielleicht sind wir, vielleicht bin
ich
zu weit gegangen … obwohl ich wusste, wie und wer ich bin. Ich konnte einfach nicht anders.“
Ein
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