Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
Stimme ließ sie aufschrecken. Er kam die Treppe vom Personaltrakt herunter. »Ich wollte Ihnen gerade Ihre Medizin bringen.«
»Welche Medizin?«
»Das Schmerzmittel, das Dr.Robertson Ihnen verschrieben hat.«
»Was ist es?«, fragte Marla und wich von Nicks Zimmertür zurück.
»Paracetamol.«
»Tylenol?«
»Ja.«
»Sonst noch etwas?«
»Nun, es enthält Kodein«, antwortete er.
»Was habe ich vorher eingenommen?«, wollte Marla wissen und ging auf den Pfleger zu. »Was hat Dr.Robertson mir verschrieben, als ich aus dem Krankenhaus kam?«
»Halcion.«
»Was ist das?«
»Triazolam. Ein leichtes Sedativum.«
»Na herrlich.« Hatte sie das gebraucht? »Hören Sie, vergessen Sie das Schmerzmittel. Ich halte mich an Aspirin, wenn ich etwas gegen die Schmerzen brauche, okay? Und wenn ich nicht schlafen kann – Pech. Damit komme ich schon zurecht.«
»Aber …«
»Es ist mein Körper, Tom, und ganz gleich, was andere Ihnen erzählt haben, ich habe alles unter Kontrolle. Sollte Dr.Robertson Schwierigkeiten machen, rede ich mit ihm. Das Gleiche gilt für meinen Mann. Ich kläre das schon.«
»Sie wollen doch nur Ihr Bestes«, argumentierte der Pfleger mit Unschuldsmiene.
»Wenn Sie meinen. Inzwischen gehe ich mit den Schmerzen um, wie ich es für richtig halte.«
»MrsCahill, es ist mein Job, Sie zu betreuen.«
»Und wenn Sie Ihren Job behalten wollen, Tom, dann drängen Sie sich nicht auf. Ich brauche keinen Pfleger, das wissen Sie so gut wie ich. Meinem Mann gibt es wohl ein Gefühl der Sicherheit, aber das ist sein Problem, nicht meines. Also, vielen Dank für Ihre Bemühungen, aber ich nehme keine Tabletten mehr, Punkt.«
Damit ließ sie Tom kurzerhand stehen. Zu viele Leute wollten ihr vorschreiben, was sie zu tun hatte. Sie war nicht gewillt, das länger hinzunehmen.
Sie ging zurück in ihre Suite und schloss die Tür hinter sich. Dabei hörte sie Tom die Treppe hinunterpoltern. Sie versuchte, die Tür zu Alex’ Räumen zu öffnen, doch die war wie immer abgeschlossen. Warum? Marla trommelte mit den Fingern auf dem Türknauf, dann ging sie, einer plötzlichen Eingebung folgend, über den Flur zu seinem Büro. Auch das war abgeschlossen. Aber kürzlich abends, als sie am Boden lag und glaubte, ersticken zu müssen, hatte sie gesehen, wie Eugenia die Tür öffnete.
Jemand hatte Wert darauf gelegt, die Tür wieder abzusperren.
Dann musst du eben Mittel und Wege finden, sie wieder zu öffnen. Egal, wie.
Marla ging am Geländer entlang zu der Stelle, wo sie vor knapp einer Woche gelegen und sich übergeben hatte. Sie kniete sich hin und strich mit den Fingern über den kurzen Flor des Teppichs. Er war trocken, und von dem Fleck war nichts mehr zu sehen.
Hatte jemand – der Einbrecher, falls es sich tatsächlich um einen handelte – sie vergiftet, ihr Erbrechen absichtlich herbeigeführt? Marla hockte sich auf die Fersen. Tom hatte gesagt, er habe ihr Triazolam gegeben, ein Medikament, von dem sie noch nie gehört hatte. Sie stand auf, lehnte sich ans Geländer und starrte böse auf die verschlossene Tür zu Alex’ Büro. Dort drin verbarg sich etwas Wichtiges. Sonst wäre die verdammte Tür ja nicht ständig verschlossen.
Also musste sie irgendwie in das Zimmer gelangen.
Auf leisen Sohlen ging Marla hinunter in den ersten Stock, wo sie das Hausmädchen in der Bibliothek staubsaugen hörte. Vorsichtig schlich sie in die Suite ihrer Schwiegermutter und schloss nervös die Tür hinter sich. Sie brauchte kein Licht zu machen, denn das Sonnenlicht, das durch die Vorhänge drang, genügte. Marla redete sich ein, dass sie im Grunde gar nicht unbefugt eingedrungen sei. Schließlich war sie hier zu Hause. Sie hatte ein Recht darauf zu wissen, was innerhalb dieser hundert Jahre alten Mauern vor sich ging.
Kürzlich abends hatte Eugenia den Schlüssel zu Alex’ Büro aus ihrer Jackentasche gezogen. Die Jacke war marineblau. Vielleicht befand sie sich noch in ihrem Zimmer.
Wohl kaum. Inzwischen sind immerhin fünf Tage vergangen.
Behutsam öffnete Marla die Tür zum begehbaren Kleiderschrank und schlüpfte hinein. Sie schaltete das Licht ein und sah sich hastig in der mit Zedernholz vertäfelten Kammer um. Die Kleidungsstücke ihrer Schwiegermutter hingen ordentlich auf zwei Stangen, nach Farben sortiert, die Jacken oben, die Röcke unten. Darunter standen in Einzelfächern die dazu passenden Schuhe. Marla ging schnell und zielstrebig vor. Mit von Schweiß feuchten Fingern griff sie in die
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