Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
Geld aus, Nick. Sie können es schönreden, wie sie wollen, von wegen ›Familienzusammenhalt‹, ›Gottes Werk‹, ›Teamgeist‹ und so weiter – letztendlich steckt doch nichts weiter dahinter, als dass Cherise an das Vermögen der Familie herankommen will.« Eugenia warf Marla einen flüchtigen Blick zu. »Versteh mich nicht falsch, sie hat sich sicher auch Sorgen um dich gemacht. Cherise ist kein schlechter Mensch. Nur sehr auf sich selbst bezogen. Und ihr Mann … Nun, der kann beten, bis er schwarz wird, Probleme hat er trotzdem. Als Alexander ihn damals in Cahill House eingestellt hat, entstand daraus ein entsetzlicher Skandal.«
Eugenia griff müde nach ihrer Teetasse und legte sich ein Himbeertörtchen auf den Teller. »Er konnte die Finger nicht von einem der Mädchen lassen.« Sie presste die Lippen zusammen und brach ein Stück von ihrem Törtchen ab. »Es hätte mich nicht überrascht, wenn sie von ihm schwanger gewesen war. Sie hat nie verraten, wer der Vater ihres Kindes war, und sie ging regelmäßig zum Gottesdienst in die Dreifaltigkeitskirche. Da braucht man kein Genie zu sein, um zwei und zwei zusammenzuzählen.« Eugenia nahm einen kleinen Bissen von ihrem Törtchen. Coco zu ihren Füßen sah gierig zu. »Alex musste ihn daraufhin selbstverständlich entlassen. Dieser Skandal hat so viel Schaden angerichtet. Es ist schon erstaunlich, dass Donalds Gemeinde ihn in Gnaden aufgenommen hat, aber er hat ja auch Stein und Bein geschworen, das Mädchen habe gelogen und er habe sie nie angerührt. Am Ende zog das Mädchen die Anzeige zurück.«
»Das wird ja immer besser«, bemerkte Nick sarkastisch. »Und das alles ist Teil der Cahillschen Familiengeschichte.«
Das Telefon schrillte. Nick ging in den Flur, hob beim zweiten Klingeln den Hörer ab und meldete sich: »Nick Cahill.« Gleich darauf richtete er den Blick auf Marla und kam, den Hörer am Ohr, zurück ins Wohnzimmer. »Ja, sie ist hier. Einen Augenblick bitte. Für dich«, sagte er und reichte Marla das Telefon. »Detective Paterno.«
»Was will er denn?«, wollte Eugenia wissen.
»Ich habe ihn angerufen«, entgegnete Marla und nahm den Anruf des Polizisten entgegen, während ihre Schwiegermutter sie ansah, als hätte Marla den Verstand verloren. Um ungestört sprechen zu können, zog Marla sich in die Bibliothek zurück. Von dort aus berichtete sie Paterno von der Nacht, in der sie in die Klinik gebracht werden musste, und von ihren Erinnerungen an den Unfall, der Pamela das Leben gekostet hatte. »… Ich erinnere mich nicht an alle Einzelheiten, aber ich weiß, dass jemand mitten auf der Straße gestanden hat und plötzlich in strahlendes Licht gehüllt war, so dass ich geblendet wurde. Ich musste ihm ausweichen, der Laster ebenfalls. Ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen, was aus ihm geworden ist, nur dass er sich mit einem Sprung vor dem Laster in Sicherheit gebracht hat und auf der anderen Straßenseite gelandet ist, von mir aus gesehen«, erklärte sie. Paterno stellte ihr ein paar Fragen und bat sie dann aufs Revier, um ein Protokoll aufzunehmen.
Marla versprach ihm, sofort wieder anzurufen, falls ihr noch etwas einfallen sollte, dann beendete sie das Gespräch und ging zurück ins Wohnzimmer.
Eugenia war erschüttert. »Nick sagt, du erinnerst dich an den Unfall.«
»Ja.« Marla nickte. »Größtenteils.«
»Aber du weißt nicht, warum du nach Santa Cruz wolltest?« Eugenia stellte ihren Teller auf den Boden, und Coco pirschte sich an, schnupperte, verschlang das übrig gebliebene Stück Törtchen und leckte anschließend den Teller ab.
»Nein«, sagte Marla und rieb sich den Nacken. »Auch nicht, warum ich mit Pam zusammen war oder woher ich sie kannte.« Aber ich werde es bald wissen, dachte sie. Irgendwie finde ich es heraus.
Im hinteren Teil des Hauses schlug eine Tür, dann waren vom Flur her eilige Schritte zu hören. Coco bellte, beruhigte sich jedoch wieder, als Fiona ins Wohnzimmer stürzte. Sie war hochrot im Gesicht, so dass ihre Sommersprossen kaum noch zu sehen waren. »Entschuldigen Sie die Verspätung«, sagte sie zerknirscht. »Der kleine James, geht’s ihm gut?«
»Er schläft«, antwortete Marla, und das Mädchen wartete nicht lange auf weitere Anweisungen, sondern eilte mit wehendem Regenmantel die Treppe hinauf.
»Ein kapriziöses Ding«, bemerkte Eugenia, die Fiona mit dem Blick folgte. »Ich weiß wirklich nicht, ob sie die richtige Betreuung für James ist.« Sie suchte ihre Jackentaschen ab,
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