Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
sie … oder die Kinder. Behutsam schob sie die Pistole in ihre Tasche. Da hörte sie Schritte auf der Treppe.
Alex!
Verdammt!
Ihr Magen krampfte sich zusammen. Ihr blieb keine Zeit mehr, durch den Flur in ihr Zimmer zu laufen. Er würde sie durchs Geländer sehen, wenn er die Treppe heraufkam. Sie konnte nur hoffen, dass er durch die Suite seine Zimmer aufsuchte, und während er auf dem Weg war, würde sie zur Tür hinaus auf den Flur huschen und zu James’ Tür schleichen. Vom Kinderzimmer aus konnte sie dann in ihr eigenes Schlafzimmer gelangen.
Mit zitternden Fingern räumte sie die Dokumente weg und schloss die Schubladen und die Tür zum Flur ab. Inzwischen war Alex am oberen Treppenabsatz angelangt. Sie hörte die letzte Stufe knarren. Geräuschlos rollte sie den Bürosessel zurück, stand auf und rückte ihn unter den Schreibtisch.
Sie knipste das Licht aus, huschte in den Fitnessraum und schloss die Tür hinter sich bis auf einen kleinen Spalt. Dann wartete sie schweißgebadet, mit wild pochendem Herzen. Alex’ Schritte klangen schwer durch den Flur. Vor der Tür zur Suite blieb er stehen.
Er darf mich nicht finden!
Er ging weiter, die Schritte näherten sich dem Büro. Sekunden später rasselte sein Schlüssel im Schloss. Marla umrundete den NordicTrack und zog sich in Alex’ Schrank zurück. Sie wagte kaum zu atmen, als sie hörte, wie er das Arbeitszimmer betrat.
»Scheiße«, entfuhr es ihm leise.
Die Härchen auf Marlas Unterarmen richteten sich auf.
»Was zum Teufel …? Wieso ist der Bildschirmschoner eingeschaltet? Wer war hier?«
Aller Mut verließ sie. Natürlich hatte Alex merken müssen, dass der Computer noch eingeschaltet war. Ein Telefon klingelte leise, und Marla zuckte zusammen, bevor sie erkannte, dass es nicht der vertraute Klingelton des Haustelefons war, sondern Alex’ Handy.
»Hallo?«, meldete er sich gereizt, und Marla hörte, wie der Schreibtischsessel zurückrollte. Raus jetzt. Das ist deine Chance. Durch sein Zimmer und die Suite in dein Schlafzimmer. Leise tappte sie durch den begehbaren Schrank, über den Teppich zu seiner Tür und sah mit sinkendem Mut, dass diese Tür nicht nur verschlossen, sondern auch noch verriegelt war. Wenn sie diesen Fluchtweg nahm, konnte sie den Riegel nicht wieder vorlegen.
Verdammt. Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie wischte sich die feuchten Hände am Bademantel ab. Was sollte sie tun? Konnte sie das Risiko eingehen, dass er den zurückgeschobenen Riegel bemerkte? Mit rasendem Puls kehrte sie in den begehbaren Schrank und den Fitnessraum zurück und suchte mit panischem Blick nach irgendeiner Nische, in der sie sich verbergen konnte, bis Alex zu Bett ging und einschlief. Dann konnte sie durch sein Büro verschwinden.
Seine Stimme drang durch die Tür, die sie offen gelassen hatte.
»Ja … Ich weiß … Nein, ich habe nicht angerufen … Ich sagte doch, ich habe nicht … Scheiße! Bist du sicher? Ja, ich weiß, was Rufnummernerkennung ist … Und? In der letzten halben Stunde? Da war ich noch nicht zu Hause … Verdammt, jemand hat’s herausbekommen!«
Marla stand wie erstarrt. Sie reimte sich das Gespräch zusammen. Alex sprach mit Kylie Paris, und sie hatte ihm von Marlas unbedachtem Anruf bei ihr berichtet. O Gott, nein! Irgendwie steckte die Frau mit Alex unter einer Decke, war in seine Machenschaften verwickelt – aber wie? Warum? Marlas Kopf dröhnte, sie musste fort. Schnellstens.
»Zum Kuckuck, ich weiß nicht, wie! Wahrscheinlich Nick. Ich wusste, dass es ein Fehler war, ihn hierherzuholen … Okay, okay, beruhige dich. Wird schon alles gut. Aber du musst fort … ja, jetzt, verdammt noch mal! Sie könnten schon auf dem Weg sein. Geh ins Kutschenhaus, da bist du für ein, zwei Tage in Sicherheit … Versteck dich, ich hole dich dann ab … Was? Natürlich liebe ich dich. Hätte ich sonst all das für dich getan?« Alex’ Stimme klang jetzt beinahe verzweifelt. Er liebte diese Frau, diese Kylie. Er hatte »all das« für sie getan. Was immer das heißen mochte. »Was? Ja. Okay. Schon besser.«
Marla wartete keine Sekunde länger. Er war in eine tödliche Sache verwickelt. Etwas, das womöglich Pam Delacroix und Charles Biggs das Leben gekostet hatte. Und das vielleicht die Ursache dafür war, dass sie neulich nachts beinahe ums Leben gekommen wäre. O Gott, niemand war hier mehr sicher. Sie musste fort, musste ihre Kinder nehmen und fliehen. Wenn sie Cissy und den kleinen James erst in Sicherheit
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