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Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen

Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen

Titel: Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen Kostenlos Bücher Online Lesen
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einer Kristallkugel, statt sie nur mit Platitüden zu beschwichtigen. Sie schüttelte ihre Ängste ab, schlang die Arme um seinen Nacken und schaute über seine Schulter hinweg zur Tür. Der Mann mit dem dunklen Bartschatten, den sie schon früher einmal gesehen hatte, der »Ausgestoßene«, stand mit einer Schulter gegen den Türrahmen gelehnt abseits von der Familie.
    Mit zusammengezogenen dunklen Brauen sah Nick sie an.
    Er lächelte nicht, sprach kein aufmunterndes Wort. Seine Lederjacke knarzte leise, als er die Arme vor der Brust verschränkte und die zärtliche Szene zwischen Mann und Frau mit trägem Blick beobachtete. Was sah er darin? Warum biss er so heftig die Zähne zusammen?
    Lag es an dem, was zwischen ihnen gewesen war, oder an ihrem momentanen Aussehen? Plötzlich wollte sie unbedingt wissen, wie sie aussah, wie alle anderen sie sahen. Sie riss den Blick von ihm los und ärgerte sich über ihre eigene Dummheit. »Gibt es hier irgendwo einen Spiegel?«, fragte sie.
    Sie erhielt keine Antwort.
    »Hat eine von euch vielleicht einen?« Marlas Blick wanderte von ihrer Schwiegermutter zu Cissy.
    »Einen Taschenspiegel?« Eugenia schüttelte den Kopf. »Höchstens in meiner Puderdose.«
    »Könnte ich ihn kurz haben?«
    »Ich weiß nicht, ob das so gut ist …« Eugenia war merklich nervös. Marla vermutete, dass sie schlimmer aussah, als sie ahnte.
    »Ist es so furchtbar?«
    »Nein, Liebes, nur …«
    »Gib ihr den Spiegel«, fiel Nick ihr ins Wort.
    Sie blickte zu ihm hinüber und erkannte in seinen graublauen Augen so etwas wie Zorn. »Ja, gib ihn mir. Wenn du es nicht tust, dann klettere ich über dieses verdammte Bettgitter und krieche zum Spiegel über dem Waschbecken. Ich schwör’s dir.« Marla wies mit einer heftigen Handbewegung auf den Spiegelschrank über dem Waschbecken, dann drückte sie auf die Taste, um das Kopfteil des Bettes noch höher einzustellen.
    »Aber der Tropf und, na ja, du bist immer noch …« Alex deutete auf das Bett, und ihr wurde klar, dass er wahrscheinlich von dem Katheter und dem Urinbeutel sprach, die diskret unter der Bettdecke verborgen lagen.
    Es stieg ihr heiß in die Wangen, und sie stöhnte innerlich auf. Doch dann straffte sie die Schultern. »Das ist mir egal.«
    »Gib ihr den Spiegel.« Nicks Lippen bildeten einen schmalen Strich.
    Eugenia schluckte. »Tja, vermutlich ist es sowieso nur eine Frage der Zeit, bis du aufstehen kannst … Aber vergiss nicht, das muss alles erst noch heilen. Bald wirst du schon viel besser aussehen und …« Sie kramte in ihrer Handtasche. »Ah, da ist sie ja.« Sie reichte Marla eine goldene Puderdose.
    Cissy verzog das Gesicht.
    Eugenia straffte die Schultern.
    Alex wandte sich ab.
    Nur in Nicks Haltung veränderte sich nichts. Er fuhr fort, Marla zu beobachten, als sie mit zitternden Fingern die Puderdose aufklappte und in den winzigen Spiegel blickte.
    O Gott, dachte sie und rang durch die mit Drähten fixierten Zähne nach Luft. Es war schlimmer, als sie es sich vorgestellt hatte. Ihr Gesicht war nicht nur gelblich grün und hellviolett verfärbt und verquollen, nein, es war das Gesicht einer Fremden.

4.
    N ick beobachtete Marla und biss die Zähne zusammen. Mit der Hand, die nicht an den Tropf angeschlossen war, berührte sie behutsam ihr Gesicht, strich mit den Fingerspitzen über Blutergüsse und verschorfte Narben, über die Stoppeln an den Stellen, wo ihr Kopf rasiert worden war. Sie verhielt sich bewundernswert tapfer, ließ den Tränen, die sicher in ihren Augen brannten, keinen Lauf. Sie schluckte krampfhaft und betastete vorsichtig die Naht, die durch den nachwachsenden Haarflaum zu sehen war. »O Gott«, flüsterte sie und blinzelte ein paar Mal, bevor sie sich wieder fasste und den Rücken straffte. »Ich … ich glaube, ich hätte nicht einmal als Frankensteins Braut eine Chance … Wie sagt man doch? Immer nur Brautjungfer, niemals …« Sie nuschelte vor sich hin. Das Sprechen bereitete ihr Mühe. Sie versuchte zu lächeln, was ihr misslang, und ihr Kinn zitterte ein wenig.
    Nick fiel es schwer, diese Frau, die zu hassen er sich geschworen hatte, die ihn benutzt und betrogen und schließlich seinen Bruder geheiratet hatte, weiter anzusehen.
    »Das wird schon wieder«, sagte Alex, nahm ihr die Puderdose aus der Hand und klappte sie zu. »Lass dir einfach Zeit.«
    »Genau. In ein paar Monaten bist du wieder ganz die Alte und lachst über … Na ja, dann wirst du diese schlimme Zeit überwunden haben.«

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