Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
zugeschlagen hatte, gab der ungeduldige Fahrer bereits Gas und fuhr bei Gelb über eine Ampel. Wasser spritzte von den breiten Reifen. »Überprüfe meine Familie«, wies Nick Walt an. »Alex und Marla, meine Cousine Cherise und meinen Cousin Montgomery. Er lässt sich auch Monty nennen.«
»Und alle heißen mit Nachnamen Cahill?«, fragte Walt.
»Nein, Augenblick.« Er ging zum Nachttisch und hob die Karte hoch, die seine Cousine ihm gegeben hatte. »Cherise heißt mit Nachnamen Favier.« Er buchstabierte den Namen und nannte die Telefonnummer. »Ihr Mann heißt Donald. Er gehört der Dreifaltigkeitskirche in Sausalito an.« Stirnrunzelnd rasselte Nick die Telefonnummer der Kirche herunter.
Walt grunzte zur Bestätigung, dass er alle Informationen aufgenommen hatte. »Und deine Mutter?«, fragte er. »Eugenia? Was ist mit ihr?«
Nick zögerte keine Sekunde. »Überprüf sie auch.«
8.
T ony Paterno starrte auf den Monitor, der Bilder von Pam Delacroix zeigte. Der Detective sah sich Führerschein- und Passfotos und ein paar glamourösere Porträtaufnahmen an, die Pam für ihre Visitenkarte benutzt hatte, als sie für eine Maklerfirma in Sausalito arbeitete. Pam war nicht unbedingt Marla Cahills Ebenbild, aber sie sahen einander eindeutig ähnlich. Paterno hatte die Fotos schon vorher gesehen, doch je länger sich dieser Fall hinzog, desto deutlicher erschien ihm die Ähnlichkeit zwischen den beiden Frauen.
Was hatte das zu bedeuten? Waren die beiden miteinander verwandt? War womöglich die Frau hinterm Steuer gar nicht Marla und die wirkliche MrsCahill längst eingeäschert? Dann musste am Unfallort gewaltig gepfuscht worden sein. Nein, das war unmöglich. Und doch … Paterno trommelte mit den Fingern auf die Sessellehne, während er die übrigen, nicht annähernd so schmeichelhaften, am Unfallort aufgenommenen Bilder von Pam Delacroix ansah. Sie lag auf dem Rücken an der Böschung. Ihr Körper war kaum mehr als ein blutiges Bündel, das Genick gebrochen, die Gesichtshaut fast vollständig abgeschürft, die gebrochenen Arme weit ausgebreitet auf dem Waldboden. Andere Fotos zeigten das Wrack des Mercedes, die zersplitterten Fenster, verbogenes Metall, zerrissene, blutverschmierte Lederpolster. Beim Aufprall waren die Reifen geplatzt, die Fenster geborsten, die Karosserie so stark verzogen, dass das Reserverad aus dem Kofferraum geschleudert worden war. Es kam einem Wunder gleich, dass Marla Cahill überlebt hatte.
Sofern es sich bei der Fahrerin wirklich um Marla handelte.
War die Ähnlichkeit bloßer Zufall? Noch ein Zufall? Konnte es sein, dass sie die Amnesie vortäuschte? Er ließ eine Kaugummiblase platzen und kratzte sich an der Wange. Seine Finger ertasteten vierundzwanzig Stunden alte Bartstoppeln. Charles Biggs war tot – von jemandem ins Jenseits befördert, der sich ins Krankenhaus eingeschlichen, sich verkleidet und den armen Kerl erstickt hatte. Pam Delacroix oder eine andere Frau, die Marla Cahill verdammt ähnlich sah, hatte ebenfalls vor ihren Schöpfer treten müssen. Der »Unfall« roch mehr und mehr nach einem Anschlag. Aber wie? Warum? Wer steckte dahinter? Und gegen wen war der Anschlag eigentlich gerichtet?
Er dachte angestrengt nach. Ein Motiv. Das war es, was er brauchte. Wer wollte einen oder mehrere der an dem Unfall Beteiligten tot sehen?
»Scheiße.« Paterno drückte eine Taste und lehnte sich im Sessel zurück, während der Drucker zum Leben erwachte. Etwas an Marla Cahills Unfall war ihm von Anfang an seltsam erschienen, aber er konnte nicht sagen, was. Er hatte den Fall gewissermaßen geerbt. Da die beiden überlebenden Unfallopfer per Rettungshubschrauber in die Stadt gebracht worden waren, führten die Beamten von San Francisco auf dieser Seite Ermittlungen durch und unterstützten die Autobahnpolizei von Kalifornien, die als Erste am Unfallort eingetroffen war und in deren Zuständigkeitsbereich der Unfall eigentlich fiel.
Es gab keinerlei Beweise für ein Verbrechen. Bei Marla Cahill wurde weder Drogen- noch Alkoholkonsum nachgewiesen. Es bestand auch kein Grund zu der Annahme, dass sie unvorsichtig gefahren war, zumal es keine Zeugen gab.
Aber es hatte noch am Unfallort eine Tote gegeben, und Charles Biggs, der einzige Zeuge, war ermordet worden.
Detective Paterno drehte sich mit seinem Bürosessel herum und nahm sich die Berichte über Marla Amhurst Cahills sämtliche Verwandten vor. Ein mieser Haufen Blaublütiger. Sie stammte aus einer wohlhabenden Familie in
Weitere Kostenlose Bücher