Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
einem der Salons beim Schach vor; sie steckten die Köpfe zusammen und lachten, während Shaya ihren nächsten Zug überlegte. Beide sprangen auf, als sie mich bemerkten.
„Eure Majestät“, sagte Shaya. Die Lässigkeit war wie weggewischt; sie waren sofort wieder ins Förmliche übergewechselt.
„Setzt euch, beide. Ihr solltet es besser wissen.“ Ich ließ mich auf ein daunengepolstertes Zweiersofa sinken, das ich vom Vorbesitzer des Schlosses geerbt hatte.
Shaya und Rurik nahmen wieder Platz und entspannten sich etwas. „So schnell haben wir gar nicht wieder mit Euch gerechnet“, sagte Rurik direkt wie immer.
Shaya wirkte unruhig, als ob sie trotz meiner Aufforderung lieber wieder aufgestanden wäre. „Soll ich in der Küche Bescheid sagen, dass sie mit dem Abendessen beginnen sollen?“
„Nein, nein, spar dir die Mühe.“ Für einen Herrscher der Feinen war es ganz normal, aus jeder Mahlzeit ein Bankett mit allen Schikanen zu machen, zumal aus dem Abendessen, und dabei den ganzen Hof zu bewirten. Bei meinem Programm und angesichts der Tatsache, dass ich nicht einmal einen vollen Hof unterhielt– nur die wichtigsten Posten–, lief das hier anders. Mein Küchenpersonal hatte nicht viel zu tun, und ich wollte es auf keinen Fall wegen einer Mahlzeit in Hektik versetzen, zu deren Zubereitung ihm jetzt der Vorlauf fehlte.
Ich starrte auf den leeren Kamin, der seit meiner Übernahme des Landes nicht mehr benutzt worden war. Hätte sich das Dornenland zum Winter hin verändert, hätten wir ihn vielleicht gebraucht. Die Jahreszeit eines Königreichs beugte sich dem Willen seines Herrschers, und obwohl in Tucson gerade Winter war, fand mein Unterbewusstsein anscheinend, dass hier ewiger Sommer sein sollte.
Shaya und Rurik sahen mich geduldig an und fragten sich wohl, was ich denn dann wollte, wenn nicht zu Abend essen. Ich wusste es selber nicht so genau. Ich suchte nach etwas, das ich sagen konnte. „Irgendwelche Neuigkeiten oder Nachrichten von der Kriegsfront?“
„Nein“, sagte Rurik. Was kaum überraschte. Ranelle war wahrscheinlich gerade erst in ihre Heimat zurückgekehrt. Sie speiste wahrscheinlich gerade mit dem Lindenkönig.
Ich sah zu Shaya. „Bei Dorian müssten sie gerade essen, oder? Oder jeden Moment damit anfangen.“
Sie neigte nachdenklich den Kopf. In der Anderswelt gab es keine Uhren, aber sie verfügte über ein gutes Zeitgefühl. „Ich glaube schon, Eure Majestät.“
„Meinst du, er hat etwas gegen unangemeldeten Besuch?“
„In Eurem Falle?“ Shaya lachte. „Wohl kaum.“
Ich sah zwischen den beiden hin und her und spürte, wie sich ein Lächeln auf meine Lippen schlich. „Was meint ihr? Sollen wir in seine Party reinplatzen?“
„In eine Party reinplatzen“ war unter Feinen vielleicht keine geläufige Redewendung, aber die beiden begriffen schnell, worauf ich hinauswollte. Sie stürzten sofort los. Ich durfte während des Krieges nicht allein reisen, also musste Rurik einen Begleittrupp zusammenstellen. Shaya ging die Zivilisten holen, die mitkommen sollten, und machte sich für einen Besuch bei Hofe zurecht. Beide waren spürbar aufgeregt. Menschen und Feine waren in vielerlei Hinsicht gar nicht so verschieden. Drüben bei Dorian warteten wenige Amtspflichten auf die beiden. Es lief quasi auf die andersweltliche Entsprechung eines Ausgehabends hinaus.
In meinen Gemächern wartete schon nervös meine Zofe Nia auf mich. Die magischen Fähigkeiten der Feinen deckten ein großes Spektrum ab. Ich beherrschte das Wetter. Dorian konnte dafür sorgen, dass sich die Erde auftat. Und Nia? Ihre Gabe bestand darin, andere schön zurechtzumachen, die Frisuren, die Kleider. Ihre Fähigkeiten wurden, wie die meiner Köche, nur unzureichend genutzt.
„Dann wollen wir mal“, sagte ich.
Ihr Gesicht leuchtete auf, und sie rannte förmlich zum Kleiderschrank. „Welches hättet Ihr gern, Eure Majestät?“ Ihre Hand schwebte neben einem schwarzen Cocktailkleid aus der Menschenwelt, bewegte sich dann zu einem hauchzarten blauen Sommerkleid weiter. Dann war sie sich nur noch unsicher und sah mich fragend an. Es hätte total zu mir gepasst, auch einfach in den Jeans, die ich gerade anhatte, bei einem offiziellen Anlass aufzukreuzen.
Nach meiner Einsamkeit vorhin freute ich mich schon richtig darauf, Dorian zu sehen– fast schon verzweifelt. Er schien gerade der Einzige zu sein, mit dem mich etwas verband, und plötzlich gefiel mir die Vorstellung, ihm eine Überraschung zu
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