Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
„Ich kann mir das jetzt nicht anhören.“
„Aber Eugenie–“
„ Gute Nacht .“ Ich kehrte ihm den Rücken zu– ich wusste, dass er im Dunklen sehen konnte– und rollte mich im Gras zusammen. Es war wirklich kein gemütlicher Schlafplatz, aber verglichen mit den Unannehmlichkeiten der letzten Nacht war es der reinste Himmel.
Kiyo sagte nichts mehr, und schließlich hörte ich, wie er sich hinlegte. Volusian musste Wache halten, was bedeutete, dass weder Kiyo noch ich wach zu bleiben brauchten. In meinem Fall spielte es keine Rolle. Der Schlaf wollte nicht kommen, sosehr ich mich auch abmühte. Ich lag fast die ganze Nacht wach und starrte zum klaren Himmel und seinen funkelnden Sternen hinauf. Die Anderswelt hatte die gleichen Sternbilder wie die Menschenwelt, was bestimmt so etwas wie ein physikalisches Dilemma darstellte, aber mir fehlte jetzt die Zeit, groß darüber nachzudenken.
Dorian wusste es.
Die Krone. Diese beschissene Krone. Am liebsten wäre ich zu meinem Rucksack rübergegangen, hätte sie genommen und hinaus in die Nacht geschleudert, damit sie auf Nimmerwiedersehen verschwand. Was hatte der Alte gesagt? Dass sie zu ihrem Ursprungsort zurückkehrte? Dann wäre nichts Schlimmes passiert. Außer dass ich die Fähigkeit verlor, Katrice ihr Land wegzunehmen– und allen anderen, die sich gegen mich stellten.
War es das, was Dorian wollte? Mich davon überzeugen, dass es die einzige Möglichkeit war, den Krieg zu gewinnen? Und wäre ich ihm auf den Leim gegangen? Konnte sein. Ich war für den Frieden ja schon mit der Suche nach der Krone bereitwillig ein großes Risiko eingegangen. Vielleicht war das nur die ‚Einstiegsdroge‘ gewesen– um mich an seine Eroberungspläne heranzuführen.
Letzten Endes spielte es keine Rolle, wie sein Plan aussah. Es spielte nur eine Rolle, dass er mich betrogen hatte. Ich hatte mich ihm geöffnet, hatte ihn geliebt. Das war jetzt vorbei.
An diesem Gedanken lag es, an diesem Gedanken und dem Zorn, der in mir brannte, dass ich schon bei Anbruch der Dämmerung auf den Beinen war. Kiyo– der anscheinend geschlafen hatte– hob sofort den Kopf, als er mich rumoren hörte.
„Lass mich raten“, sagte er. „Du hast kein Auge zugekriegt.“
„Nein.“
Ich holte etwas Proviant aus meinem Rucksack und verzog das Gesicht, als meine Finger an der Krone entlangstrichen. Kiyo stand auf und streckte sich, dann wanderte er ins Laubwerk davon. Einige Minuten später kehrte er mit ein paar Mangos in der Armbeuge zurück.
„Zur Aufbesserung deines Frühstücks“, sagte er und warf mir eine zu. Er lehnte sich gegen einen Baum und biss in eine von seinen.
Ich nickte zum Dank, aber die Süße des Obstes war an mich verschwendet. Nichts schmeckte nach irgendwas. Ich war mir vage bewusst, dass Kiyo mich ansah, ignorierte es aber.
„Woran denkst du?“, fragte er schließlich.
„Daran, wie sehr ich Dorian hasse.“
„Und was willst du jetzt machen?“
Darüber hatte ich schon eine Weile nachgedacht, darum stand die Antwort schon fest. „Zu ihm gehen. Ihn zur Rede stellen. Ihm den Kopf waschen. Ihm sagen, dass jetzt Schluss ist– mit ihm. Mit uns. Mit unserer Allianz.“
Kiyos Augenbrauen gingen hoch. „Den letzten Punkt überdenkst du vielleicht lieber noch mal.“
„Wie kann ich mit so jemandem noch zusammenarbeiten?“, rief ich.
„Man kann doch mit Leuten zusammenarbeiten, die man nicht mag. Ich würde seine militärische Unterstützung in diesem Schlamassel nicht einfach wegwerfen.“
„Ich brauche seine Hilfe nicht. Erst recht nicht, wenn Katrice wegen der Krone wirklich einen Waffenstillstand verkündet.“
„Und wenn nicht?“
„Keine Ahnung.“ Ich stand auf und wischte mir die klebrigen Hände an der Jeans ab. Dass ausgerechnet Kiyo diese Diskussion mit mir führte, hatte ich nun wirklich nicht erwartet. „Worauf willst du hinaus? Soll ich ihm vergeben? Das Ganze abhaken und wieder zu ihm ins Bett hüpfen?“
„Nein. Absolut nicht.“ Er kam herüber zu mir, und es war fast wieder so wie gestern Nacht, als er kurz davorgestanden hatte, mir etwas Romantisches zu sagen. Nur dass ich inzwischen Zeit gehabt hatte, mit meinem Zorn klarzukommen, und Kiyo jetzt tatsächlich wahrnahm, die Besorgnis in seinen Augen und die Gefühle, die seine körperliche Nähe immer in mir auslöste. „Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Dorian sich aus dem Krieg zurückzieht, ganz egal, was sonst zwischen euch passiert. Und du solltest diese Hilfe
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