Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
ich mein Konklave zusammengerufen habe, können wir ihn im Nu wieder errichten. Es hat sich nichts geändert. Alle diese Gegenstände – und Eure Reiche – stehen noch immer im Bann des Winterzaubers.« Sie machte drohend ein paar Schritte auf uns zu. »Nicht dass Euch das noch lange kümmern wird. Wisset dies, bevor ich das Blut in Eurem Kopf zur Explosion bringe: Eure Lande werden schrecklich büßen für diesen Affront. Es spielt keine Rolle, wer sie nach Eurem Tod erringt. Ich werde diese Lande jedes Lebens berauben, sie werden frieren und leiden wie kein anderes – ah!«
Das Summen und Kreischen in meinen Ohren brach ab, als eines der Geschenke angeflogen kam und Varia am Kopf traf. Und wenn ich sage ›traf‹, dann meine ich damit, dass es sie fällte . Ein Knacksen war zu hören, und sie brach zusammen. Ihre Augen starrten blicklos. Ihre Hunde, die unablässig gekläfft hatten, verstummten vor Verblüffung.
Ich hörte, wie jemand scharf Luft holte. Es war Jasmine, die versuchte, die Folgen der Desorientierung abzuschütteln. Blut lief ihr aus den Ohren, aber ansonsten schien sie keine weiteren Schäden davongetragen zu haben. Ich ergriff ihre Hand und half ihr auf. Sobald wir wieder standen, sah ich nach hinten zu Varias reglosem Körper und bekam einen guten Blick auf das, was sie getroffen hatte. Es war die Marmorbüste von Dorian, das Geschenk des Eichenlands.
Ein Beben durchlief den Raum, und ich sah rasch zur Decke nach oben, weil ich Angst hatte, dass irgendein Erdstoß das ganze Gebäude zum Einsturz brachte. Vier Stockwerke unter der Erde war kein guter Aufenthaltsort während seismischer Ereignisse. Nach wenigen Sekunden war das Beben wieder vorbei.
»Das ist nur das Land, das auf ihren Tod reagiert«, sagte eine angenehme Stimme. »Es ist jetzt herrenlos und sucht nach einem neuen Herrn oder einer neuen Herrin. Du könntest es deinem Imperium einverleiben, wenn du wolltest.«
»Dorian?«, fragte ich ungläubig.
Und da lehnte er tatsächlich im Türrahmen und machte den Eindruck, dass nur der ihn aufrechterhielt. Er sah wirklich nicht viel besser aus als vorhin, nachdem wir ihn den Händen der Folterer entrissen hatten. Mit dem Unterschied natürlich, dass er jetzt atmete und bei Bewusstsein war. Ansonsten sah er immer noch kaputt aus und sterbenskrank.
Er sah auf Varia hinab. »Das war doch recht tölpelhaft von mir, sie so hart zu treffen, will ich meinen. Und überhaupt eine sehr rüde Vorgehensweise. Mir blieb nicht viel Zeit zum Überlegen, ich musste mich schleunigst entscheiden, wie ich sie am besten daran hinderte, meinen beiden liebsten Schwestern etwas anzutun.« Auf einmal machte er ein sehr erfreutes Gesicht. »Das ist mir jedoch gelungen, ohne diesen beiden Hündchen ein Haar zu krümmen. Überaus rücksichtsvoll von mir. Niemand soll sagen, ich wäre kein Tierfreund – von diesem verflixten Kitsune einmal abgesehen.«
»Dorian!« Mehr brachte ich nicht heraus. Da ich wieder sicher stand, lief ich zu ihm und warf meine Arme um ihn. Er erwiderte die Umarmung, so gut er konnte, während er sich gleichzeitig weiterhin an dem Türrahmen abstützte.
»Donnerwetter, Eugenie. Wieder einmal habe ich fast den Eindruck, dass du dich freust, mich zu sehen. Du hast doch gewiss nicht von mir erwartet, dass ich dich wieder einmal die Heldin sein lasse, oder? Du hast mich schon viel zu oft gerettet. Ich musste da dringend etwas aufholen.«
Ich war dermaßen froh, dass er noch lebte und einigermaßen beieinander war, dass ich immer noch Mühe hatte, etwas Zusammenhängendes zu sagen. Vorsichtig entzog ich mich ihm. »Ich habe keine Ahnung, was ich machen soll«, lachte ich. »Ich hab das Gefühl, ich muss entweder weinen oder dir eine knallen.«
Er verzog das Gesicht. »Weder noch, bitte. Wenn du möchtest, schlage ich dir noch einige akzeptablere Alternativen für später vor. Aber zunächst einmal … müssen wir uns um eine Plage kümmern, meine ich.«
Er streckte die Hand aus, und die Marmorbüste kam zu ihm geschwebt, angezogen durch seine Macht über Stein und Erde. Er hielt die Büste in den Händen und betrachtete sein Abbild voller Bewunderung. »Was für eine frappierende Ähnlichkeit, nicht wahr?«
Und damit schleuderte er die Büste zu Boden. Sie zerbarst in hundert Stücke. Am anderen Ende der Anderswelt erwachte das Eichenland.
Kapitel 23
Quasi im Handumdrehen war das Eibenland nicht mehr herrenlos. Ausgerechnet die magisch Begabten, die mitverantwortlich für die Plage
Weitere Kostenlose Bücher