Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
ich gerade war.
Ich stand auf und stellte fest, dass meine Gefährten mich nachsichtig anschauten. Dorians Miene war sogar wehmütig; bestimmt sehnte er sich gerade nach seinem Land. »Es erholt sich«, sagte ich. »Langsam, aber stetig.«
»Was möchtet Ihr tun?«, fragte Rurik. »Querfeldein reiten oder der Straße folgen?«
Ich wusste, warum er fragte. Durch die bizarre Geografie der Anderswelt würden wir länger zu meiner Burg brauchen, wenn wir ins Vogelbeerland abbogen. Die Straße wäre kürzer, würde aber im Zickzack durch andere Königreiche führen. Ich muss zugeben, dass ich mich am liebsten einfach in diesem Land verloren hätte, aber ich entschied mich für die praktischere Variante.
»Wir bleiben auf der Straße. Ich möchte das Dornenland sehen, wenn ich kann.«
Es war früher Abend, und wir würden bald unser Lager aufschlagen müssen, obwohl es uns alle weiterdrängte. Wir ritten weiter, solange das Tageslicht es zuließ, und kampierten schließlich, sehr zu Dorians Freude, gleich hinter der Grenze im Eichenland. Auch für ihn war es keine ideale Stelle, um von dort aus weiter zu seiner Burg zu reiten, darum war er zufrieden, dort mit uns zu übernachten.
Ehrlich gesagt glaube ich, es reichte ihm, einfach wieder in der Heimat zu sein. Ich hatte noch nie erlebt, dass er von irgendetwas so verzückt gewesen war. Normalerweise achtete er immer sehr auf die Leute in seiner Umgebung und bekam alles mit, was sie vielleicht ausheckten. Nun hatte er nur Augen für das Land. Er ging umher, untersuchte die Erde und berührte die Bäume. Wenn er weiterging, sah ich Triebe und Knospen an den Bäumen. Wir hatten uns angewöhnt, vorm Einschlafen in der Nähe des Feuers noch kurz miteinander zu reden, aber an diesem Abend ließ ich ihn allein.
Als ich meine Schlafdecke ausrollte, setzte sich Kiyo neben mich. »Wahrscheinlich gehe ich dann morgen. Das Weidenland kann nicht mehr weit sein.«
»Ich bin ziemlich überrascht, dass du jetzt, wo wir die Plage hinter uns haben, keinen Versuch mehr gemacht hast, mich zu töten«, bemerkte ich leichthin.
Er seufzte. »Das kannst du dir doch selber denken, Eugenie. Du bist nicht mehr das Problem.«
»Meine Kinder aber auch nicht.«
Das Ende der Plage hatte mich hoffen lassen, dass ich Isaac und Ivy vielleicht bald wiedersehen konnte. Es war fast ein Monat vergangen, was bei Kindern in ihrem Alter eine enorme Zeit darstellte. Da konnte sich vieles tun, und ich wollte nicht noch mehr verpassen. Nachdem Kiyo und ich im Eibenland ganz gut zusammengearbeitet hatten, war ich davon ausgegangen, dass sich damit auch unser Verhältnis irgendwie gebessert hatte. Ich hatte ihm zwar nicht verziehen, aber doch den Eindruck gehabt, wir könnten einen einigermaßen zivilen Umgang miteinander erreichen. Anscheinend doch nicht.
»Gibt es denn gar nichts, was dich umstimmen könnte?«, fragte Kiyo. »Was dich von der Gefahr überzeugen könnte, die er darstellt?«
»Gibt es denn irgendwas, das dich davon überzeugen könnte, dass dein Sohn ein Wesen ist, das ein Recht auf Leben hat, und nicht irgendeine Schachfigur des Schicksals?«
Er machte ein finsteres Gesicht und wich meinem Blick aus. »Wir werden nicht aufhören, nach ihnen zu suchen, das weißt du.«
»Da könnt ihr ewig suchen.«
Kiyo sagte nichts mehr und suchte sich einen anderen Platz. Ich musste wieder daran denken, was Jasmine und Keeli mir vorgeschlagen hatten, als Kiyo im Bann der Dryaden gewesen war. Ihn sterben zu lassen, hätte wirklich alles einfacher gemacht. Er war Maiwenns wichtigster Kontakt in die Menschenwelt. Ohne ihn würde sie mit ihrer Suche nicht weit kommen.
Am nächsten Tag trennte er sich von unserer Gruppe und huschte in seiner Fuchsgestalt durch den Schlamm und die Pfützen des Weidenlands davon. Im Moment ähnelten sich die betroffenen Königreiche alle sehr, aber bald würden ihre wahren Naturen wieder zum Vorschein kommen.
Wenig später verabschiedeten Dorian und ich uns im Dornenland voneinander. Obwohl das Lied des Landes in mir brannte, verließ ich ihn nur ungern. Ihm schien es ähnlich zu gehen, auch wenn sich das bei seinem Pokerface und seinen Schmeicheleien schwer sagen ließ.
»Nun denn, da wären wir«, verkündete er. Alistir und Pagiel waren an seiner Seite. »Es ist wohl an der Zeit, dass ich meinen Untertanen aus der Patsche helfe. Ich danke dir wie immer für die wunderbare Zeit. Du richtest doch noch immer die besten Soireen aus.«
Ich schmunzelte. »Ich gebe mir
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